Sonntag, 10. Januar 2021

"Wie wir Gott begegnen können - Teil 4: Im Gebet" (Apostelgeschichte 2,42)

[Predigt als MP3


Einleitung


Ich habe mal mein Motorrad geschoben. Eine 250kg Maschine. Das brachte mich ganz schön ins Schwitzen. Warum ich die Maschine geschoben habe? Na, weil ich dachte, sie wäre kaputt. Etwas später stellte sich dann heraus: ich hatte lediglich vergessen, dass der Kill-Schalter auf "aus" war. Fazit: Der Motor war da. Das Benzin war da. Die Batterie war voll. Alles war da - und trotzdem lief die Büchse nicht!

So kann es auch in unserem Glaubensleben laufen: Die Gemeinde ist da. Gottes Wort ist da. Der Heilige Geist ist da. Aber irgendwie (jetzt einmal krass gesprochen) "läuft die Büchse nicht". 

Warum das so ist - warum es wichtig ist, dass es anders läuft - und wie das gehen kann, dass will ich mir heute gemeinsam mit Euch anschauen.


Inhalt

Unser Text: Unser Text heute steht (immer noch!) in Apostelgeschichte 2,42. Den 4. Teil – das Beten – möchte ich heute mit Euch anschauen. Und zu diesem Text möchte ich mir heute gemeinsam mit Euch die Antworten auf 3 Fragen anschauen:
  1. Warum und wozu brauchen wir eigentlich Gebet?
  2. Für was konkret können und sollten wir beten?
  3. Und vor allen Dingen: Wie können wir beten – und zwar so, dass es kein Krampf wird?
Zwei Fragen an Dein Herz: Ganz zum Schluss möchte ich uns allen noch zwei ganz konkrete Fragen ans Herz legen. Fragen, die natürlich etwas mit dem Thema Gebet zu tun haben. Was das für Fragen sind?! ..... Es bleibt spannend! 

Lasst uns zu Anfang noch einmal den Text gemeinsam lesen (Apg 2,42).


Warum und wozu Gebet?

Was auf uns zukommt: Wir befinden uns am Anfang schwieriger Zeiten für die Gesellschaft - aber auch für die Kirche. Wir - und die Menschen um uns herum - sind nicht nur herausgefordert vom  Lock-Down und einer zunehmenden Isolierung. Wir sind auch herausgefordert von einer stillen Spaltung der Gesellschaft, von einer zunehmenden Unfähigkeit einander zuzuhören und konstruktiv und wertschätzend miteinander zu diskutieren.

Was in Amerika sichtbar ist, ist die Spitze eines Eisbergs der Zerrissenheit - unversöhnliche Lager auf beiden Seiten. Eine ähnliche Situation haben wir hier in Deutschland. Auch wenn hier der Eisberg noch zum Großteil unter Wasser ist. Aber mir geht es hier nicht um Politik. Ich will hier nicht darüber reden, was ich für richtig oder für falsch halte. 

Ich will auch nicht davon sprechen, welche Maßnahmen ich für angemessen oder für unangemessen halte.  Mir geht es darum, dass wir als Gottes Gemeinde nicht schlafen! Dass wir wach gerüttelt werden durch die Zustände um uns - und vielleicht auch in uns. Dass wir ganz neu darauf hören, was Jesus uns zu sagen hat (Mt 28:19+20).

Was wir brauchen

Was die Welt braucht: Zuerst ist einmal die Frage, was die Welt braucht. Die Welt braucht Liebe; Zuwendung; Hilfe und Diakonie! Die Welt braucht Gottes Wahrheit und Korrektur. 
Sie braucht das Evangelium! Die Welt braucht uns als Gemeinde! Jeden von uns! Die Welt braucht Dich und mich! Und damit wir unseren Dienst tun können, damit Du Deinen Dienst tun kannst, brauchen wir ein paar sehr, sehr wichtige Dinge: 

Wir brauchen: Vollmacht & Freimut, denn wir wollen doch die Wahrheit sagen - in einer zunehmend widergöttlichen Welt. Wir wollen das Evangelium predigen - damit  Gottes Festmahl voll wird

Wir brauchen Gottes Führung: Was ist Gottes Plan für unsere Gemeinde? Was ist Seine Vision für uns? Wohin führt uns Sein Weg? Was ist gerade dran? Was sollen wir konkret tun? Hier in München? Hier in unserem Stadtteil? In unserem ganz persönlichen Leben? Dazu brauchen wir Einsicht in Gottes Plan und Vision für den Bau unserer - Seiner! - Gemeinde! Was sind die richtigen Strukturen? Wer sind die Mitarbeiter, die Gott für uns noch geplant hat? Dazu brauchen wir Einsicht in Gottes Plan für uns selbst! Wo geht unsere Reise hin?

Wir brauchen sicher auch noch mehr Mitarbeiter: Wir brauchen Mitarbeiter nicht nur für die Lehre: die Predigt, das Bibelstudium oder den Kindergottesdienst. Nicht nur für unsere Gemeinschaft und für unser Miteinander. Sondern auch für die Hilfe, die die Menschen um uns herum brauchen. Wir brauchen Mitarbeiter, die mit anfassen. Wir brauchen Mitarbeiter, die bestimmte Bereiche leiten. Mitarbeiter die von Gott begabt und auch bevollmächtigt sind, das zu tun, was zu tun ist.

Treue & Nachfolge: Und - last, but not least - wenn wir Gottes Reich bauen wollen in einer von Gott abgewandten Welt, dann brauchen wir auch Standhaftigkeit in der Nachfolge - notfalls auch im Leid! Wir brauchen Seine Kraft, Seine Liebe, Seine Barmherzigkeit – und Seine Geduld, Seine Standfestigkeit, Seine Ausdauer.

Alles in Gottes Reich braucht Gebet. Aber wo sollen wir alle diese Dinge her bekommen? Das ist doch eine einfach übermenschliche Aufgabe! So viel Liebe und Weisheit und Zeit und Geduld und Kraft hat doch kein Mensch?! Das ist genau, was Jesus gemeint hat. (Joh 15,5-8)
„Ohne Jesus können wir NICHTS tun!“ – darum sollen wir BITTEN. Gebet ist also der „Schalter“, der dafür sorgt, „dass die Büchse läuft.“ (Jak 4,2!)


Wofür können wir beten?

Wenn das die Aufgabe ist – dass wir Gottes Reich bauen sollen - und wenn es so um uns bestellt ist – dass wir ohne Jesus absolut gar nichts zuwege bringen - und wenn es so um die Arbeit in Gottes Reich bestellt ist – dass das Gebet der alleinige Schalter ist, der dafür sorgt, „dass die Büchse läuft“: für was können und sollen wir dann beten? Nur für unsere persönlichen Anliegen? Allein für unser eigenes Wohlbefinden?

Hier einmal ein paar von Gottes Vorschlägen für mögliche Gebetsanliegen

Evangelisation & Mitarbeiter: Wir können dafür beten, dass das Evangelium unters Volk kommt (2Thess 3,1) – sogar Paulus hatte es nötig, diesbezüglich für sich beten zu lassen (Eph 6:19)
Und weil es so viel zu tun gibt in Gottes Reich – und weil die Arbeit viel leichter fällt, wenn sie sich auf viele verteilt, möchte Gott, dass wir ihn auch hier um Hilfe bitten (Mt 9:38).

Leiter & Obrigkeit: Es gibt auch viel zu planen, zu organisieren, zu strukturieren, zu priorisieren und was weiß ich nicht alles. Dazu brauchen unsere Ältesten und auch die Leiter der Kleingruppen eine Menge Weisheit. Wo soll die herkommen, wenn nicht von Gott? Dafür können wir beten! Und wenn wir uns die Umbrüche in der Gesellschaft um uns herum anschauen – ja in den Gesellschaften auf unserem Planten – dann können wir für die Regierungen beten (1Tim 2:2).

Unsere Gottesdienste: Wie ist es mit unseren Gottesdiensten? Wünschen wir uns nicht alle, dass Gott uns im Gottesdienst so nahe kommt, dass wir Seine Gegenwart beinahe mit Händen greifen können? Dass wir im Lobpreis und in der Anbetung zu Ihm hingezogen und auferbaut werden? Dass wir durch Sein Wort "geistlich etwas zu essen bekommen" und (sozusagen) "gut gesättigt" in die Woche gehen können? Wo soll das alles herkommen, wenn nicht von Gott? Dafür können wir beten! 

Gebet für Erweckungen + Bekehrungen: Und noch mal ganz persönlich: wie ist es mit dem Thema Erweckung und Bekehrungen? Wie schaut es da in Deinem Lebensumfeld aus? Erlebst Du das? Siehst Du, wie Gott hier Frucht schenkt? Ihr Lieben! Das ist für mich ein sehr, sehr schmerzhaftes Thema - und sehr brisant - aber ich wage zu fragen: "Haben wir dafür gebetet?"

Bitte versteht mich richtig: es soll und kann und darf nicht darum gehen, dass wir aus dem Beten einen Leistungs-Sport machen. Aber es kann auch nicht sein, dass wir (nur, weil wir nicht oder zu wenig beten) an dem Segen vorbeigehen, den Gott für uns bereit hält. Ist es nicht auch in jeder Ehe so? Dass die Ehe dort gelingt, wo die Eheleute miteinander reden? Dass es eben genau diese Zeit ist, die wir im Gespräch und in der Gemeinschaft miteinander verbringen, die uns hilft, gemeinsam voran zu gehen? 


Wie können wir beten?


Wie wir beten können: Um Euch etwas dazu sagen zu können, wie wir beten können, habe ich mich an einen viel erfahreneren, besseren und hingebungsvolleren Beter gewandt, um Rat zu suchen: Ole Hallesby. Er hat das ganz wunderbare Buch geschrieben: "Vom Beten".

Und wenn Du noch nie im Leben ein Buch gelesen hast (außer natürlich der Bibel), dann ist dies ein Buch, dass Du wirklich (mindestens) einmal im Leben gelesen haben solltest! Hallesby schreibt darin auf wunderbar liebevolle, gnädige aber auch wahrhaftige Weise, was das Gebet ist (und was es nicht ist) und wie wir beten können.

Ich möchte Euch den ersten Teil des Buches einmal in 7 Punkten zusammen fassen:

  1. Beten ist kein Kraftakt – es bedeutet einfach nur, Jesus in unsere Hilflosigkeit einzuladen (Offb 3,20)

  2. Beten erfordert Glauben = zu Jesus zu kommen, statt sich auf eigene Kraft zu verlassen (Mt 11,28)

  3. Gebet bedeutet nicht, Gott zu kommandieren - ER ist HERR! Luther legt, um das zu verdeutlichen, Gott die Worte in den Mund: "[...] ich habe den Brauch nie gehabt, daß mich Petrus oder Doktor Martinus oder wer es auch sein möchte, unterrichten, regieren oder führen müsse. Ich bin nicht ein solcher Gott, der sich will lehren oder regieren lassen, sondern der da pflegt andere zu führen, zu regieren und zu lehren.“

  4. Gebet bedeutet nicht, Gott zu motivieren - Er will längst geben (Jak 1,5, Mt 7,11)

  5. Um so beten zu können, dass Gott unsere Gebete erhören kann, müssen wir nicht erst würdig zu sein – in Christus sind wir gerecht gemacht! Es erfordert vielmehr, nicht in unserem Namen und Auftrag, sondern in Jesu Namen und Auftrag zu beten (Joh 14,14)

  6. Gebet ist Kampf gegen Satan und Adam und erfordert daher auch Buße! Eines der größten Hindernisse für erhörte Gebete sind unsere Sünde, unser Starrsinn und unsere Rebellion. Gott will über Deinem ganzen Leben HERR Sein!

  7. Gebet erfordert Stille – auf Gott zu hören! – und nicht immer gleich los zu beten – oder gar zu „plappern, wie die Heiden" - und sicher, wie alle Kunst: eine Menge Übung!

Gebet erfordert also auf der einen Seite Deine Hingabe und Dein Dich Öffnen für Seine Gegenwart und Hilfe - und auf der anderen Seite Gottes Kraftanstrengung für die Erhörung. 
Alles andere: Gottes Willigkeit, Deine Würdigkeit vor Gott zu treten – all das ist Dir geschenkt!


Eine Frage an Dein Herz


Wie wir oben gesehen haben, geht es beim Gebet nicht darum, sich zu verkrampfen. Nicht darum, Gott zu motivieren. Nicht darum, vor Gott würdig zu werden. Nicht darum, Gott etwas vorzuschreiben. 

Sondern ganz einfach darum, Jesus in unsere Not hinein zu lassen - uns an Ihn zu wenden - und ihm in Seinem Wort und in der Stille des Gebetes - ihm Hören, wie im Hinlegen unserer Not - zu begegnen. Ihm zu sagen, was uns fehlt. Ihm zu sagen, was wir brauchen. 

Aber auch stille vor Ihm zu werden und zu Staunen - über Seine Güte, seine Großzügigkeit, ja, Sein herrliches Wesen. Noch einmal: Beten ist kein Kraftakt - sondern es bedeutet, Jesus in unsere Not einzuladen (Offb 3,20).

Eine Frage an Dein Herz: Wenn das also so ist, dass die Welt das Evangelium und die tätige Liebe Gottes so bitter nötig hat - und wenn es wahr ist, dass wir berufen sind, eben diese Botschaft und diese Liebe in die Welt zu tragen - und wenn es wahr ist, dass wir ohne Jesus gar nichts tun können - und wenn es wahr ist, dass Jesus uns viel Frucht schenken möchte, wenn wir ihn nur darum bitten - und wenn es wahr ist, dass Gebet gar kein Krampf ist, sondern ein „sich öffnen und sich selbst und seine Not vor Gott hinhalten“ - wenn es also wahr ist, dass Dir alles andere: Gottes Wollen, Gottes Können, Dein Angenommensein vor Seinem Heiligen Thron – einfach alles – einfach geschenkt wird - wenn das also Beten ist: dann frage ich Dich: 

Willst Du Dich für Jesus öffnen und Ihn wirken lassen – Dich von Ihm im Gebet gebrauchen lassen? Wie und wo und wann kann das geschehen?