Sonntag, 1. Dezember 2019

„Gottes Wahl steht felsenfest “ (2. Timotheus 2,17-19)

[Predigt als MP3]


Inhalt

  • Worum es heute gehen wird:
    • Unser Text
    • 2 böse Buben
    • Unbiblische Lehre heute 
    • Gottes unverbrüchliche Verheißung 
    • Schluss: Eine Zusage für Dein Herz

Lasst uns zu Anfang mal den Text gemeinsam lesen.


Unser Text

Unser Text steht in 2. Timotheus 2, Verse 17-19. Ich lese aus der Übertragung „Die Gute Nachricht“:

„Ich denke zum Beispiel an Hymenäus und Philetus, 

die von der Wahrheit der Guten Nachricht abgeirrt sind, 

wenn sie behaupten, unsere Auferstehung sei bereits geschehen. 

Damit bringen sie manche vom wahren Glauben ab. 

Aber das sichere Fundament, das Gott gelegt hat, ist unverrückbar. 

Es trägt den Abdruck von Gottes Siegel, auf dem zu lesen ist: 

»Der Herr kennt die, die zu ihm gehören.«“ 

Ich denke, dieser Text berührt zwei Aspekte unserer Gemeindevision, nämlich: „Gott begegnen“ und „bewegt werden“.

Doch der Reihe nach.


2 böse Buben

Text redet von 2 Personen: Hymenäus und Philetus. Über Philetus wissen wir (meines Wissens nach) gar nichts. Hymenäus wurde (zusammen mit Alexander) aus der Gemeinde geschmissen (1Tim 1,20). Aber Warum? 3x dürft ihr raten... Wegen Irrlehre. Scheinbar wurden sie wieder  in die Gemeinde aufgenommen. Doch kaum war das geschehen, ging das Theater von Neuem los. 

Was war das Problem? KONKRET war es, dass: "sie behaupteten, unsere Auferstehung sei bereits geschehen“. Das war die so genannte "gnostische Auffassung". Geist und Intellekt wurden in der Gnosis als höherwertig, Körper oder Seele dagegen als minderwertig eingestuft. Der Geist ist im Kerker des Körpers eingesperrt. Durch einen Erkenntnisakt aber wird der im Körper gefangene "göttlicher Funke" befreit. In diese Interpretation hat die Gnosis dann die Verheißung der körperlichen Auferstehung "umgemünzt" - sozusagen in eine rein "spirituelle Auferstehung".

Für sowas braucht man natürlich Spezial-Wissen! Das haben natürlich nur die Irrlehrer! Was macht so eine Irrlehre mit dem Menschen? Stellt Euch mal vor, ihr könntet nicht mehr an eine leibliche Auferstehung glauben! Oder ihr müsstet glauben, die Auferstehung sei schon rum! Was würde das mit Euch machen? Mit Eurer Hoffnung? 

Entweder würdet ihr etwas glauben, was nicht stimmt: dass ihr körperlos durchs All gast. Oder ihr würdet im schlimmsten Fall glauben, ihr wäret nicht mit dabei. SOWAS MACHT DEN GLAUBEN KAPUTT!

Was also war das Problem? Ganz ALLGEMEIN: Hymenäus und Philetus lehrten etwas, das mit Gottes Wort im Widerspruch stand. Dort aber steht: "Es wird gesät ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.“ (1Kor 15,44)

Falsche Lehrer sind oft Lehrer einer "höheren Erkenntnis" (z.B. die der Gnosis). Nur sie kennen natürlich die Geheimnisse. In Wirklichkeit aber haben sie keine Ahnung und wollen vielmehr „modern daherkommen", „angeben“ und „etwas gelten“.

Das erinnert mich auch an die "Entmythologisierung der Bibel" nach Rudolf Bultmann...


Unbiblische Lehre heute

Es gibt heute 1.000 Irrlehren – Zeugen Jehovas - Mormonen – Engelslehren – etc. pp. Ich kann hier nicht auf alle eingehen. Das betrifft uns auch hoffentlich auch nicht. 

Es gibt allerdings eine unbiblische Lehre, die uns vielleicht doch betrifft. Was ist das für eine Lehre? Ich nenne sie die „Wir-haben-Christus-erwählt-Lehre“. Wir hören heutzutage: „Ich habe mich für Jesus entschieden...“ „Ich bin zum Glauben gekommen...“ „Ich habe mich bekehrt...“ Auf Evangelisationen wird dazu aufgerufen, „sich für Christus zu entscheiden“. All das ist nicht wirklich falsch. Sich nur auf den menschlichen Aspekt der Erlösung zu konzentrieren resultiert am Ende jedoch in einer sehr menschenzentrierten Sicht.

Wo kommt diese Sicht her?  Seit der Zeit der Aufklärung gab es eine immer fortschreitende Individualisierung und damit eine immer weiter fortschreitende "ich-Zentrierung". In 2Tim 3,2 lesen wir: „Die Menschen werden selbstsüchtig, geldgierig, prahlerisch und eingebildet sein.“ Ist Euch diese Selbstzentrierung in unserer Zeit schon einmal aufgefallen? Zum Beispiel in der Werbung? Dort heißt es iPod, iPad, iPhone, Mercedes me, mySpace, etc.

Und was macht diese Sicht mit uns? Sie macht uns letzten Endes Angst! Das mag nun nach einer sehr steilen Behauptung ausschauen. Von daher: wie komme ich dazu? Nun, wir sind als Menschen unbeständig, unzuverlässig und fehlerhaft. Was macht das mit uns? Wenn unsere Erlösung auf unserem Willen basiert: ist sie dann tragfähig für die Ewigkeit? Kannst Du die Hand für Dich ins Feuer legen?

Wie aber sollen wir mit dieser Angst umgehen?


Gottes unverbrüchliche Verheißung

Wir sollten mit unserer Angst zu Gott gehen – zu dem, was uns Sein Wort verspricht: „»Der Herr kennt die, die zu ihm gehören.«“ Doch inwiefern ist das für uns ein Trost? Das Gott uns kennt ist uns nur dann ein Trost, wenn man sich die ganze Wahrheit anschaut. Das möchte ich im folgenden mit Euch tun - und zwar anhand von 8 Versen aus der Heiligen Schrift:

  • Römer 8,7 steht „unser selbstsüchtiger Wille lehnt sich gegen Gott auf. Er gehorcht seinen Geboten nicht; er kann es gar nicht.“ 

  • Römer 5,10 „Als wir Gott noch als Feinde gegenüberstanden, hat er uns durch den Tod seines Sohnes mit sich versöhnt.“ 
Zum Gehorsam unfähige Feinde sollen also freiwillig zu Gott kommen? Wirklich?!
  • Johannes 6,44 „Zu mir kommen können nur, die der Vater, der mich gesandt hat, zu mir führt.“

  • Johannes 3, 5+7 „Jesus sagte: »Amen, ich versichere Dir: Nur wer von Wasser und Geist geboren wird, kann in Gottes neue Welt hineinkommen. [...] Wundere dich also nicht, dass ich zu dir sagte: ›Ihr müsst alle von oben her geboren werden.“
Führen wir uns wirklich selbst Du Christus? Lassen wir uns selbst von Neuem geboren sein WIR SEHEN – SO KANN ES NICHT SEIN:  ES IST GOTT DER UNS ERWÄHLT HAT – DARUM IST DAS FUNDAMENT UNSERES GLAUBENS SICHER – WEIL GOTTES WILLE UNVERRÜCKBAR IST:
  • Johannes 15,16 „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“

  • Epheser 1,4 „Schon bevor er die Welt erschuf, hat er uns [...] dazu erwählt, dass wir heilig und fehlerlos vor ihm stehen.“ 
GOTT HAT UNS ERWÄHLT! NICHT WIR UNS SELBST!
  • Römer 8,38-39 „Denn ich bin gewiss, dass [nichts] uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.“

  • Johannes 10,28+29 „Ich gebe ihnen das ewige Leben und sie werden niemals umkommen. Niemand kann sie mir aus den Händen reißen, weil niemand sie aus den Händen meines Vaters reißen kann. Er schützt die, die er mir gegeben hat; denn er ist mächtiger als alle.“

GOTTES WILLEN KANN NIEMAND UMSTOSSEN - NIEMAND UND NICHTS KANN UNS VON GOTTES LIEBE SCHEIDEN – NIEMAND KANN UNS AUS SEINER HAND REISSEN!


Eine Zusage für Dein Herz

Diese Zusage Gottes möchte ich Dir heute mitgeben:

Weil Gott Dich erwählt hat, bist Du auf ewig in sicheren Händen!

„Und wenn Gott sie dazu bestimmt hat,
dann hat er sie auch berufen,

und wenn er sie berufen hat,
dann hat er sie auch für gerecht erklärt,

und wenn er sie für gerecht erklärt hat,
dann steht auch fest, dass sie an seiner Herrlichkeit teilhaben. “

(Römer 8,30)


„Ich bin ganz sicher:
Gott wird das gute Werk, das er bei euch angefangen hat,
auch vollenden bis zu dem Tag, an dem Jesus Christus kommt."

(Phil 1,6)

AMEN

Sonntag, 3. November 2019

„Reinheit und Gott schauen“ (Matthäus 5,8)

[Predigt als MP3]

Einleitung

Seit geraumer Zeit kämpfe ich mit Gott an einer bestimmten Stelle in meinem Leben. Ich sehne mich nach Seiner spürbaren Nähe, danach, Ihm zu begegnen. Ich bete, lese Bücher, ich ringe mit ihm, wie Jakob am Jabbok: "Ich lasse Dich nicht, Du segnest mich denn!" (1Mo 32,27). Und nichts passiert. Gestern morgen habe ich mich dann hingesetzt und mir die vielen guten Gedanken, die mir in den letzten Wochen und Monaten dazu gekommen sind mal nieder geschrieben, in der Hoffnung, dass sich die Puzzleteile zu einem Ganzen zu einer Lösung zusammensetzen. Hier ist, was dabei herausgekommen ist:

1. Mein Zustand: Ich bin freudlos: unglücklich, leer und lustlos im Glauben und bedrückt, zerquält und innerlich zerrissen im Hinblick auf das intensive Gebet zu Gott und die Begegnung mit ihm: auf der einen Seite lese ich Bücher über Bücher über das Innere Gebet - und auf der anderen Seite „fliehe ich vor Seinem Angesicht“. Drücke mich vor dem Gebet und sehne mich doch gleichzeitig nach Seiner herrlichen Gegenwart, die ich schon so oft als über alle Maßen heilbringend und glückseligmachend erfahren habe. Und so suche ich schon lange nach einer Lösung für dieses Dilemma und habe erkannt:

2. Mögliche Ursachen: Als mögliche Ursachen sind mir bisher Stolz und Angst in den Sinn gekommen: ich kann es zwar noch nicht greifen, aber die Ursache hat scheinbar irgend etwas mit Stolz (der Kardinal-Sünde) zu tun: dass ich mit Gott diskutiere, Ihm vorschreiben will, was Er zu tun und zu lassen hat; Ihn nicht als Gott verehre und anbete sondern statt dessen rebelliere. Und die Ursache hat scheinbar auch etwas mit Angst und Sorge zu tun (mit einer tiefen Lebenswunde): mit meinem schiefen Gottesbild; von einem Gott der mich unterbuttern will, mich zwingen will zu tun, was Er mir  vorschreibt - der mich gar nicht wirklich liebt, sondern dem mein Leiden schnurzpiepegal ist (wieso ändert Er sonst nichts an diesem unerträglichen Zustand?).

3. Die Lösung: Die Lösung, soweit meine Gedanken bisher, hat irgendwas mit Gnade zu tun: sie liegt nicht darin, dass ich mich mühe und abstrample. Auch die Nähe zu Gott ist Gnade, Er lässt sich nicht herbeizwingen; Er, der Souverän des Alls, offenbart sich wann und wem will. Mit meiner Anstrengung kann ich Ihn, den verborgenen Gott, den ganz und gar Unendlichen, ohnehin nicht erreichen. Auch die von Ihm geforderte, absolute! Heiligkeit, werde ich nie aus eigener Kraft zustande bringen.

4. Fazit: Als Fazit habe ich dann die folgenden Worte aufgeschrieben: "Erlösung und Ergebung": Er muss es tun. Er allein. Ohne meine Hilfe; ohne meinen Krampf und mein Abstrampeln. Trotz meiner Rebellion. Trotz meiner Flucht. Trotz meines schiefen Bildes von Ihm. Trotz meiner schiefen und Seine Majestät beleidigenden Gedanken über Ihn. Ich muss mich Ihm ergeben: Ihn Gott sein lassen. Ihm, wie Hiob (nach langem Kampf und Leiden), das Recht einräumen, Gott zu sein: das Recht zu haben, auch über meine Freude und mein Leiden wirklich HERR zu sein.

Als das dann so dastand, kam mir der Gedanke: Aber genau das hat Er doch schon getan! Genau das: mich erlöst! Mich freigesprochen von meiner Schuld. Trotz meiner Rebellion. Trotz meines Rumstrampelns: Römer 5:8+9 steht „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, daß Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren. Um wieviel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind!“ oder wie Jesus es gesagt hat: „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.“ (Joh 15:3-5)

Das durchzubuchstabieren und zu erkennen wird wohl in den kommenden Wochen, Monaten und vielleicht auch Jahren meine Aufgabe sein - denn ich lerne in der Tiefe leider sehr langsam.  Und als ich mir das alles dann gestern morgen noch mal durchgelesen hatte, kam mir die Erkenntnis: "Das hat wohl eine ganze Menge mit dem Vers zu tun, um den es in dieser Predigt geht." Und habe mich entschlossen, es – auch, wenn es einen recht tiefen Einblick gibt – als Einleitung zu nehmen.  Ich hoffe ja immer noch, es bleibt unter uns?


Inhalt

Unseren Text heute – Matthäus 5,8 – also aus den Seligpreisungen – habe ich unter die Überschrift gestellt: „Reinheit und Gott schauen“. Eigentlich war ich das gar nicht, sondern Wolfgang, aber das weiß er wahrscheinlich selber noch gar nicht. Aber ich finde es gut so! 

Also – worum wird es heute gehen? 

  • Zum Ersten möchte ich mit uns den Text lesen und dann mit uns betrachten:
  • Was ist eigentlich die zentrale Sehnsucht unseres Textes (die Gottesschau) – und wo liegt das größte Hindernis? 
  • Was ist – wenn man das Hindernis etwas genauer unter die Lupe nimmt – eigentlich die Wurzel des Übels?
  • Und letztlich: wie werden wir dieses Übel los – GRUNDLEGEND und IMMER WIEDER?

Und ganz zum Schluss möchte ich uns 4 Fragen mit auf den Weg geben von denen ich hoffe, dass sie uns darin helfen, wirklich wichtige Entscheidungen zu treffen.

Nun also zuerst zu unserem Text:


Unser Text

„Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen.“ (Matthäus 5,8)

In der 6. Seligpreisung – am Beginn der Bergpredigt – lesen wir: 

"Selig sind, 

die reinen Herzens sind; 

denn sie werden 

Gott schauen." 

Wie wir sehen werden, berührt dieser Text gleich zwei Aspekte unserer Gemeindevision, nämlich: „Gott begegnen“ und „Leben teilen“.

Doch der Reihe nach:


Sehnsucht & Hindernis

Es geht in unserem heutigen Vers also zentral um dieses eine Thema: die Reinheit des Herzens. Und um die Verheißung, die darauf liegt: "Gott zu schauen". Wie ich Euch ja gerade eben schon gebeichtet habe, hat diese Verheißung einen zentralen Platz in meinem Glaubensleben: Nicht nur ist sie mir am Anfang meines Glaubenslebens gleich 3x hintereinander und völlig unabhängig von einander von 3 verschiedenen Personen (ich meine: prophetisch) zugesagt worden "Du wirst die Herrlichkeit Gottes sehen!" - sie ist auch das zentralste Element in meinem inneren Erleben: nichts auf der ganzen Welt ersehne ich mir mehr, als Gott nahe zu sein, in Seiner Liebe und Gnade geborgen zu sein - und die Fähigkeit zu erlangen, Ihn in gebührender Weise zurück zu lieben: zu sehen, zu greifen, zu begreifen, was das bedeutet: dass Er gut ist – und dass Er mich wirklich liebt.

Wahrscheinlich geht es mit dem „am liebsten schon im Himmel sein wollen“ allen gesunden Christen so. Auch Paulus hat das ja mal sehr schön auf den Punkt gebracht, als er schrieb: "[...] wir [...] wissen: Solange wir im Leibe wohnen, weilen wir fern von dem Herrn; denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen. Wir sind aber getrost und begehren sehr, den Leib zu verlassen und daheim zu sein bei dem Herrn." (2Kor 5,6-8) und an anderer Stelle noch deutlicher "Denn es setzt mir beides hart zu: Ich habe Lust, aus der Welt zu scheiden und bei Christus zu sein, was auch viel besser wäre; aber es ist nötiger, im Fleisch zu bleiben um euretwillen. " (Phil 1:23-24)  Ich für meinen Teil kann Paulus nur allzu gut verstehen. Und bitte, ohne dass ihr mich hier falsch versteht: ich weiß nicht, warum so viele Leute unbedingt steinalt werden wollen. Ja ich kenne Geschwister, die sich nichts sehnlicher wünschen, als endlich gehen zu dürfen - weil sie wissen, was sie erwartet: die Schau Gottes in Herrlichkeit.

Aber was ist denn dann das Problem? Wir können Gott doch schon hier begegnen - um nur einmal die 3 prominentesten Wege zu nennen:

1. in Seinem Wort (Joh 5:39) – Jesus sagt: „Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen; [...]“

2. in Seiner Natur (Rö 1:19+20) – wie Paulus sagt: „Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar; denn Gott hat es ihnen offenbart. Denn sein unsichtbares Wesen – das ist seine ewige Kraft und Gottheit – wird seit der Schöpfung der Welt, wenn man es wahrnimmt, ersehen an seinen Werken [...]“

3. in Christus, Seinem Sohn (2Kor 4:4, Joh 14:9) – Paulus schreibt hier von der „Herrlichkeit Christi, welcher ist das Ebenbild Gottes“ und Johannes zitiert Jesus als er sagt: „Wer mich sieht, der sieht den Vater.“ 

Natürlich: "Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunklen Bild; [...] Jetzt erkenne ich stückweise" (1Kor 13,12) - aber dann kommt der Himmel. Und auf den muss ich noch warten. Also habe ich Sehnsucht danach. Und Sehnsucht zu haben, ist ja doch nichts Schlimmes? 

Das ist wohl war. Das Schlimme ist auch vielmehr, dass dieser Vers auch in seinem ersten Teil das sagt, was er sagt - nämlich: "Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen." Aber wer von uns ist das denn bitteschön? Irgend welche Meldungen? Irgend jemand hier mit einem absolut reinen Herzen? Aber es kommt noch schlimmer: es gibt auch einen Kehrvers zu Matthäus 5 Vers 8 - und zwar im Hebräerbrief. Dort steht: "Jagt dem Frieden nach mit jedermann und der Heiligung, ohne die niemand den Herrn sehen wird [...]" (Hebr 12,14) Ohne Heiligung - ohne ein reines Herz werde ich also Gott niemals sehen.

Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, stelle ich bei all meinem Bemühen um ein reines Herz dann auch noch fest: ich kann mir nicht selber helfen. Mir geht es, wie Paulus in Römer 7,14-24: "ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich. [...] Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. [...] Mir, der ich das Gute tun will, hängt das Böse an. Denn ich habe Freude an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Verstand und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes? "

Die von Gott geforderte Reinheit des Herzens kann ich also gar nicht selber „machen“. Das ist das Problem. Und ohne diese Reinheit werde ich niemals an den Ort kommen, den ich mir ersehne: die Herrlichkeit Gottes, Seine liebende und mich bergende Gegenwart. --- Alles klar?!


Die Wurzel des Übels

Bevor wir uns mit der Lösung dieses Problems befassen, lasst uns noch einmal etwas genauer hinschauen, was genau das Problem eigentlich ist. Was genau ist Reinheit?! Was ist das für eine Reinheit, von der Jesus in unserem Vers redet? Ganz sicher ist es keine äußere Reinheit: sonst würde er die Pharisäer nicht so schimpfen: „Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr die Becher und Schüsseln außen reinigt, innen aber sind sie voller Raub und Gier! Du blinder Pharisäer, reinige zuerst das Innere des Bechers, damit auch das Äußere rein werde! Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch scheinen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: Von außen scheint ihr vor den Menschen gerecht, aber innen seid ihr voller Heuchelei und missachtet das Gesetz.“ (Mt 23:25-28) Darum sagt Jesus auch in Mt 15,19 „Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung.“ Wovon Jesus also redet, ist die Reinheit des Herzens. Eine Reinheit des Charakters, der Motive, der Gedanken. Eine Reinheit, die, wie ein guter Baum, gar nicht anders kann, als gute Früchte zu bringen.

Wenn Reinheit des Herzens also Tugend bedeutet, was ist dann ihr Gegenteil? Ich denke, die Unreinheit des Herzens manifestiert sich in eigentlich einer Grundsünde, die viele Facetten hat: dem Hochmut. Der Hochmut. Er ist am einfachsten erkennbar an den Lebenshaltungen, die er hervorruft: Rebellion, Ungehorsam, Unglaube & Sorgen oder Werkgerechtigkeit.

  • Rebellion: Ich alleine weiß was Recht ist. Besser noch, als Gott. Niemand hat das besser auf den Punkt gebracht, als Hiob: "Ach dass ich wüsste, wie ich ihn finden und zu seiner Stätte kommen könnte! So würde ich ihm das Recht darlegen und meinen Mund mit Beweisen füllen und erfahren die Reden, die er mir antworten, und vernehmen, was er mir sagen würde. Würde er mit großer Macht mit mir rechten? Nein, er selbst würde achthaben auf mich. Dort würde ein Redlicher mit ihm rechten, und für immer würde ich entrinnen meinem Richter!" (Hiob 23,3-7) HÖRT IHR DEN HOCHMUT? "Und Hiob fuhr fort mit seinem Spruch und sprach: So wahr Gott lebt, der mir mein Recht verweigert, und der Allmächtige, der meine Seele betrübt – solange noch mein Odem in mir ist und der Hauch von Gott in meiner Nase –: [...] An meiner Gerechtigkeit halte ich fest und lasse sie nicht [...]" (Hiob 27,1-6) Hiobs Position ist: Ich alleine bin im Recht, wenn ich mit Gott zürne. Und Er ist im Unrecht. Er soll schweigen und ich will reden. Dann werden wir schon sehen, wer Recht hat. Das ist der Hochmut in Reinkultur.

  • Ungehorsam: Ich weiß, was gut, ja besser ist - besser als Gott. "Ja, sollte Gott gesagt haben [...]?" (1Mo 3,1). Mir ist es egal was Gott sagt. Ob es das große Doppelgebot der Liebe ist - oder ob es die 10 Gebote sind (die Eltern ehren, nicht lügen, nicht stehlen, nicht Ehebrechen, nicht begehren, nicht gierig sein): ich weiß es besser und gehe meiner eigenen Wege. Aus dieser Haltung folgen alle Tatsünden. Und ihr Ursprung liegt im Hochmut. In der Rebellion.

  • Werkgerechtigkeit: Ich brauche Gottes Gnade nicht. Ich kann Erlösung besser als Er. Ich mühe mich und quäle mich Tag für Tag vergeblich. Weil ich Ihm etwas von Wert bringen will. Nicht meine Sünden. Etwas, wofür ich mich rühmen kann vor Ihm. Mein Werk. Meine Leistung. Ich mache mich gerecht: ich biete Gott meine eigene Heiligkeit an. 

  • Unglaube & Sorgen: Ich weiß besser als Gott, wie diese Welt funktioniert. Ich weiß es besser, als Sein Wort; als Seine Verheißung. Ich sehe doch, wie die Welt ist. Ich glaube nicht, dass Gott mir helfen wird. Ich kann mir selber besser helfen, als Er. Lieber Sorge ich mich, zermartere mir das Hirn, wie ich die Klippen meines Lebens alleine umschiffe. Ich schlage Seine nach mir ausgestreckte Hand aus. Ich schlage Sein Angebot, dass Er für mich sorgen wird, in den Wind.

Natürlich haben wir nicht nur eigene Sünde. Auch andere sind an uns schuldig geworden. Viele der Dinge, die in unseren Herzen schief laufen, haben ihren Grund in teilweise jahrzehntealten Wunden, die andere uns geschlagen haben. Unsere schiefen Bilder von Gott, der Welt und unserem Nächsten haben nur allzu oft ihre Wurzeln in unserer Kindheit oder Jugend. Irgend jemand hat das Porzellan zerschlagen und wir müssen nun mit den Scherben leben. Nicht alle unsere Ängste und Sorgen, Bedrückungen oder Schmerzen sind also auf die Sünde oder den Hochmut zurückzuführen - manche sind einfach nur der Ausdruck einer verletzten Seele. Hier braucht es dann natürlich nicht Umkehr, sondern Heilung. --- Doch auch diese Heilung hat, genau wie die Umkehr von den schiefen Dingen in unseren Herzen, etwas damit zu tun, sich zu ÖFFNEN. Dass wir uns einander anvertrauen, einander unser Herz ausschütten, wie wir später sehen werden.


Zwei Arten von Gnade

Wie also kann dieses Problem gelöst werden? Wie wir gesehen haben, gehören zur Lösung das Ausräumen von Schuld und Sünde, vom Hochmut als der Wurzel alles Übels: von Rebellion, Ungehorsam und Tatsünden, von Selbst- und Werkgerechtigkeit und von Unglauben und Sorgen. Und es gehört dazu das Heilen von Lebenswunden. Vor allem aber haben wir gesehen: die Lösung kommt nicht von uns. Sie kann nicht von uns kommen. Weil wir nicht fähig sind, uns selbst zu retten. Weil wir nicht fähig sind, uns selbst zu heilen.

Was uns rettet ist allein die Gnade Gottes. Was uns rettet, ist Gottes Eingreifen in diese Welt - in unser Leben - und zwar auf zweierlei Weise: Zum Einen: GRUNDLEGEND. Und zum zweiten: ERNEUERND. Was meine ich damit?

Mit GRUNDLEGEND meine ich, das Jesus mit Seinem Tod am Kreuz ein Fundament geschaffen hat, dass niemand mehr umstoßen kann. Er hat mit Seinem Blut für unsere Schuld bezahlt. Ein für alle Mal. Und Gott hat das Opfer Seiner Liebe angenommen: Christus ist von den Toten auferstanden! Und mit Seiner Auferstehung hat Er uns etwas geschenkt, das umso unfasslicher wird, je mehr wir unsere eigenen Herzen erkennen: ER HAT UNS REIN GEMACHT. 

Jesus spricht:

  • „Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.“ (John 15:3)

  • „Christus [hat] die Gemeinde geliebt […] und hat sich selbst für sie dahingegeben, um sie zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort“ (Eph 5:25+26)

  • „um wie viel mehr wird dann das Blut Christi, der sich selbst als Opfer ohne Fehl durch den ewigen Geist Gott dargebracht hat, unser Gewissen reinigen von den toten Werken, zu dienen dem lebendigen Gott!“ (Heb 9:14)

Rein werden wir also nicht durch eigene Anstrengung (das sind tote Werke), sondern durch das Hören der Guten Nachricht, des Evangeliums, (das ist das Wort Gottes) und durch unsere Umkehr zu Gott im Glauben und durch die Taufe. Die Reinheit des Herzens, nach der wir streben IST UNS GESCHENKT! Wir müssen dazu nichts TUN. Es geht um ein neues SEIN, dass Gott uns schenkt! Es geht nicht um unsere Werke, denn diese Reinheit kann man nicht machen. Man kann sie nur empfangen. 

Diese Reinheit ist nichts anderes, als einfach nur das: das größte Geschenk der Liebe Gottes an uns! "IHR SEID SCHON REIN!" Bitte, ihr Lieben: lasst Euch das bitte mal auf der Zunge zergehen: "DU BIST SCHON REIN!" Das ist Gottes Urteil über Dich, wenn Du an Jesus glaubst - egal, wie unvollkommen Du bist - DAS ist das Evangelium!  Niemals mehr wird der Vater Sein Angesicht vor Dir und Deiner Schuld verbergen müssen. Niemals mehr musst Du den Zorn Gottes über Deiner Schuld fürchten, denn es heißt: "Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn gerettet werden vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind." (Röm 5,9) „DU  BIST SCHON REIN!“

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Und doch wissen wir: diese uns von Gott geschenkte Reinheit die verdrecken wir nur allzuschnell erneut... Leiden wir nicht genau daran? Dass wir es trotz aller guten Vorsätze keine 5 Minuten schaffen, so rein zu BLEIBEN? Gott weiß das auch. ER wusste es schon vorher. Und darum gibt er uns noch ein Geschenk: Neben dem, dass Er in Christus GRUNDLEGEND in unser Leben eingegriffen hat, schenkt Er uns durch den Heiligen Geist auch eine stets ERNEUERNDE Gnade. Bevor ich Euch von der Art dieser ERNEUERNDEN Gnade erzähle, möchte ich Euch ein Bild mitgeben oder besser gleich zwei: 

Stellt Euch mal vor, ihr seid auf der Autobahn mit 200 Sachen unterwegs. Und jetzt schüttet Euch jemand von einer Brücke einen Eimer Schlamm auf die Scheibe. Was glaubt ihr, wie lange ihr da noch ohne Probleme weiter fahrt? Würdet ihr da nicht auch sofort eine Vollbremsung machen und hoffen, dass ihr die Standspur trefft und erst einmal die Scheiben wieder sauber machen? Schon oder? Mit klaren Scheiben sieht man einfach besser.

Das zweite Bild ist ähnlich aber etwas älter. Zu diesem Thema hat nämlich auch schon einer der Kirchenväter, Origenes (* 185 in Alexandria; † um 254) etwas gesagt. Christiana Reemts, das ist die Äbtissin eines Benediktinerinnen-Klosters in der Nähe von Duisburg hat das in ihrem Buch sehr schön zusammen gefasst (das Buch heißt übrigens ganz treffend: "Gott begegnen: Sieben Wegweiser"). Dort schreibt sie: 

"Origenes lehrt, dass der Mensch neben den leiblichen Sinnen auch geistige Sinne hat, neben den leiblichen Augen, die auf das Sehen körperlicher Dinge eingerichtet sind, auch geistige Augen, die Wahrheit und Liebe sehen. Können wir mit diesen geistigen Augen auch Gott wahrnehmen, kann das jeder Mensch? Ja, aber nur wenn wir, wie Jesus in der Bergpredigt sagt, ein reines Herz haben [...]. Zur Gotteserkenntnis gehört Reinheit des Herzens oder um es mit einem noch altmodischeren Wort zu sagen: Tugend. Nur der tugendhafte Mensch, der Mensch, der frei geworden ist vom ewigen Kreisen um sich selbst, kann Gott begegnen, d.h. er kann wahrnehmen, wenn Gott sich zeigt.

Wie reinigt man sein Herz, wie bekommt man ein reines Herz? Origenes vergleicht die Reinigung des Herzens mit der Reinigung eines Brunnens. Wie ein Brunnen, der mit Erde zugeworfen ist, so ist unser Herz durch irdisches Denken, durch Egoismus und Sünde verstopft und nicht mehr offen für Gott. Erst wenn wir unser Herz reinigen bzw. richtiger: wenn Christus unser Herz reinigt, können wir Gott erkennen. Diese Reinigung geschieht ganz konkret durch das Lesen der Heiligen Schrift. In der Schrift begegnen wir Christus und hören ihn zu uns sprechen. Origenes sagt: „Wenn ihr also das, was ihr heute hört, im Glauben aufnehmt, wirkt er auch in euch und reinigt euer Herz von irdischem Denken. ln der Erkenntnis, dass so große Mysterien in der Heiligen Schrift verborgen sind, wachst ihr in der Einsicht und wachst in geistlichem Verständnis. So werdet ihr auch selbst zu Lehrern, und aus euch werden Ströme lebendigen Wassers hervorquellen (vgl. Joh 4,14). Denn das Wort Gottes ist da und es wirkt jetzt, um aus der Seele eines jeden von euch die Erde wegzuschaffen und deine eigene Quelle aufzugraben.“

So ist es also auch mit unserem Herzen, wie mit dem Brunnen: nur mit einem klaren und reinen Herzen können wir Gott sehen, auf den hin wir leben. Und wenn es verdreckt ist, müssen wir es reinigen. Und zwar so schnell, wie möglich. Von allem Hochmut und aller Sorge. Von aller Rebellion und allem Ungehorsam. Von allem Zweifel und aller Angst. Von allem eigenen Krampf und jedem verzweifelten Versuch, uns selbst zu retten.

Doch, wie soll das gehen? Zum einen, wie Origenes sagt: durch das Lesen der Schrift. In der Eile des Alltags können wir uns allerdings oft nur damit behelfen, ein schnelles Gebet zu Gott zu sprechen und zu sagen, "Es tut mir leid." Und das ist auch gut. Aber es ist bei weitem nicht alles, was wir tun können - und es ist in vielen Fällen auch bei weitem nicht genug. 

Vielleicht mag es reichen, alle 100km mal die Scheibe zu putzen oder alle 500km frisch zu tanken. Aber jedes Auto muss irgendwann auch mal in die Inspektion. Sonst geht es auf Dauer kaputt. 

Und jeder Christ braucht sicher 10 mal am Tag ein kurzes Gebet um Vergebung. Und sicher mindestens 1 mal am Tag einen großen Schluck aus Gottes Wort. Aber wir alle brauchen auch hin und wieder mal mehr: die Möglichkeit, uns einander anzuvertrauen, einander unser Herz ausschütten, einander unsere Schuld zu bekennen oder unsere Nöte.

Früher nannte man dieses Mittel der ERNEUERNDEN Gnade die BEICHTE. Markus hatte in seiner letzten Predigt bereits darauf hingewiesen. Das Problem ist nur: dieses Wort hat leider, wodurch auch immer, einen sehr schalen Beigeschmack erhalten: etwas von Unfreiwilligkeit und Entblößung, etwas, das wir vielleicht im Stillen verbinden mit Erniedrigung und Scham. Eine echte Beichte ist aber genau das Gegenteil: sie ist ein Ort des Vertrauens, der Liebe und der Gnade. Der Offenheit und der Hilfe. Wer das selber schon einmal hat erleben dürfen, wie sehr Gott segnen kann, wenn man sich einem Bruder oder einer Schwester öffnet - und wirklich einmal reinen Tisch macht - Sünden klar beim Namen nennt - und um Vergebung bittet - und dann vom Gegenüber zugesprochen bekommt: "Deine Sünden sind Dir vergeben! Gehe hin in Frieden!" nur der weiß, welche Zentnerlast einem vom Herzen fallen kann. Auch wird nur, wer schon einmal einem Bruder oder einer Schwester sein Leid geklagt hat zu schätzen wissen, was gute Seelsorge eigentlich ist: sein ganzes Herz auszuschütten und dann erleben dürfen, wie Liebe da ist und Weisheit und Sanftmut und Fürsorge und guter Rat. Dass das wohltuender ist, als 100 Kuren an der See oder in den Bergen.

Und weil das so ist - weil das wirklich so ist - darum schreibt der Apostel Jakobus: "Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander, dass ihr gesund werdet. Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist." (Jak 5,16) (2x!) --- IHR LIEBEN! --- Manche Schuld wird erst von uns weichen, wenn wir bereit sind, unserem Stolz Lebewohl zu sagen und uns einem Bruder oder einer Schwester anvertrauen, wie es der Apostel Jakobus uns rät. Und manche Last wird uns erst von den Schultern genommen werden können, wenn wir den Mut aufbringen, uns einander zu öffnen und miteinander zu beten - für das was uns WIRKLICH bewegt. --- Wenn wir das jedoch tun, dann wird Gott die Erde aus unserem Brunnen entfernen und wir kommen ans klare Wasser. Und damit zu einer neuen und tieferen Gottes-Erkenntnis.

So wird aus der GRUNDLEGENDEN Gnade der ERLÖSUNG und der daraus wachsenden Erkenntnis Gottes und aus der ERNEUERNDEN Gnade der BEICHTE ein Kreislauf der Gottes- und Selbsterkenntnis: Je reiner mein Herz wird, um so besser erkenne ich Gott. Und um so besser erkenne ich mich - IN SEINEM LICHT - wiederum selber. Erst erkenne ich Gott vielleicht "wie in einem dunklen Bild" - dann immer mehr und mehr - und einmal dann in der Herrlichkeit, wenn wir Ihn sehen werden "wie Er ist" (1Jo 3,2; Offb 22,4). 

Das wünsche ich uns allen: Das wir Gottes Angebot annehmen. Dass wir seine GRUNDLEGENDE GNADE ergreifen, die Er uns mit unserer Umkehr zu Ihm anbietet: "DU BIST SCHON REIN!" Und dass wir uns die Worte des Apostels wirklich zu Herzen nehmen, um Anteil zu bekommen an der ERNEUERNDEN Gnade - in dem wir den Mut fassen, uns einem lieben Bruder - einer lieben Schwester ANZUVERTRAUEN. Gott hat es versprochen: "die reinen Herzens sind [...] werden Gott schauen."


Fragen an Dein Herz

Ihr Lieben! Lasst mich das bisher Gesagte in 4 einfache Fragen an Euer Herz formulieren – und bitte: denkt aufrichtig darüber nach: 

  1. Willst Du Gottes Angebot annehmen und rein werden?

  2. Welche Last drückt Dich so schwer, dass Du sie schon so lange nicht alleine los geworden bist?

  3. Zu wem willst Du Dir ein Herz fassen und im Vertrauen aussprechen, was Dich bedrückt?

  4. Wem möchtest Du ein Beistand sein in der Not?


"Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde,
so betrügen wir uns selbst,
und die Wahrheit ist nicht in uns.

Wenn wir aber unsre Sünden bekennen,
so ist er treu und gerecht,
dass er uns die Sünden vergibt
und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit."

(1Jo 1,8-9)

Sonntag, 8. September 2019

„Was muss ich tun, um heilig zu werden?“ (Johannes 19,30)

[Predigt als MP3]

Einleitung

MOTIVATION: Zu dieser Andacht hat mich ein Vers aus den Evangelien inspiriert - das Wort Jesu am Kreuz aus Johannes 19,30 "Es ist vollbracht“. In Verbindung mit anderen Stellen aus der Bibel hat mir diese Stelle einmal mehr die Augen dafür geöffnet, was dieses "es ist vollbracht" für mich ganz persönlich bedeutet – was es für uns bedeutet - und was es insbesondere für unsere Heiligung bedeutet - und für unsere oftmals völlig falschen Vorstellungen davon. Doch bevor ich davon anfange, wie das mit der Heiligung denn nun wirklich funktioniert und was des Rätsels Lösung ist, möchte ich Euch erst mal mit hinein nehmen, wie ich meine Heiligung oft erlebt habe: Frustrierend! Ich habe ganz oft das Gefühl: „Ich werde ja nie „fertig“ werden!“

MEINE GRÖßTEN HINDERNISSE IN DER HEILIGUNG: Furcht vor neuen Herausforderungen; Zukunftsängste; Überlebensängste; Gefühl un-geborgen und verlassen zu sein. Lust der Augen: in Zeiten von starker Frustration und Anfechtung: Flucht die Scheinwelt von Nähe und Geborgenheit. Zorn: bei Unrecht und Gefährdung im Straßenverkehr; bei Respektlosigkeit im täglichen Leben.

DAS EIGENTLICHE PROBLEM: Nicht das wir sündigen ist das eigentliche Problem, sondern dass wir nicht damit aufhören können. Aus Römer 7 wissen wir: Alle eigene Anstrengung führt ja zu nichts – außer zu noch mehr Sündenerkenntnis: In Römer 7,15 lesen wir: „Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich tue nicht, was ich will; sondern was ich hasse, das tue ich.“ Und aus Römer 7,19: "Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich." Und schließlich aus Römer 7,24: „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“. Es scheint einfach hoffnungslos! Daher dann auch die Frage: „Wie funktioniert das mit Römer 8 – das mit dem "Leben im Geist"?“ Schließlich lesen wir in Römer 8,13: „[…] wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Fleisches tötet, so werdet ihr leben.“» Aber wie soll das gehen? Kennt ihr dieses Ringen? Diese Verzweiflung, von der Paulus hier schreibt?

DIE FRAGE IST ALSO SCHEINBAR: „Was muss ich tun, um heilig zu werden?“  Und, damit es konkret wird, möchte ich Euch da mal ganz persönlich in die Pflicht nehmen und Euch bitten, Euch mal ganz im Stillen eine Frage zu beantworten, was Eure ganz persönliche Heiligung angeht: 

WAS IST DEIN GRÖßTES HINDERNIS IN DER HEILIGUNG? 

  • Arroganz, Hochmut, Eingebildetsein und Stolz?
  • Geldliebe? Geiz? Habgier?
  • Süchte? Pornografie? Drogen? Spielsucht?
  • Maßlosigkeit? Völlerei? Kaufräusche?
  • Neid? Eifersucht? Missgunst? Bitterkeit?
  • Faulheit? Lauheit? Feigheit? Trägheit?

Du musst es niemandem sagen. Aber wenn Gottes Geist Dir beim Anhören dieser Liste auf die Schulter getippt hat, dann halte diesen Gedanken bitte fest. Denn an genau an diesem Punkt geht es um Deine ganz persönliche Heiligung. <PAUSE> Und genau diesem Punkt ist die heutige Andacht gewidmet. Denn das ZIEL DER HEUTIGEN ANDACHT ist es: die Frage zu beantworten: "Heiligung? Ja! - Aber wie?"


Inhalt

Diese Frage nach der Heiligung, danach, wie das gelingen kann mit der Heiligung – darum soll es heute gehen. Die Frage lautet also: „Was muss ich tun, um heilig zu werden?“ Diese Frage möchte ich beantworten. Dazu werde ich ein Wort Christi am Kreuz aus Johannes 19,30 in den Mittelpunkt stellen. Und ich werde einige andere Bibelworte dazu in Bezug setzen. Dazu möchte ich
  1. Gottes Sicht auf das Thema aus Seinem Wort beleuchten
  2. Die Kernaussage von Johannes 19,30 (und der dazu in Bezug gesetzten Verse) klar herausstellen. 
  3. Und letztlich die Frage stellen, was das für uns für eine praktische Bedeutung hat.
Zum Schluss möchte ich Dir 2 Fragen stellen - Fragen an Dein Herz

1. Unser Text

„Jesus [...] sprach [...] Es ist vollbracht!“ (Johannes 19,30)

Ich hatte Euch ja eingangs gesagt, dass dieses Wort Christi am Kreuz mir einmal mehr die Augen dafür geöffnet hat, was dieses „Es ist vollbracht“ für meine ganz persönliche Heiligung bedeutet. Und das hat etwas mit einigen Bibelstellen zu tun. Die möchte ich Euch jetzt einmal vorstellen und Euch dann mal 2 Fragen dazu stellen:

Jes 43,1 „Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, [...] und dich gemacht hat, [...] Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ WER hat uns geschaffen? Gott. Wieviel Leistung mussten wir dafür erbringen? Keine. ---- Mussten wir dafür etwas bezahlen? --- Unsere Schöpfung war also ein Geschenk!!

Römer 8,29-30  „Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, daß sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern.  Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht.“ WER hat uns ausersehen, vorherbestimmt, berufen und gerecht gemacht? Das war auch Gott, richtig? Mussten wir da irgendwas großartig leisten, damit Gott das macht? Nein? Dass hat auch Gott ganz alleine gemacht! Dazu ist Jesus aus Liebe am Kreuz gestorben: um die Strafe für unsere Schuld zu bezahlen. Und dazu ist er auferstanden: Um uns Seine Gerechtigkeit zu schenken. Unsere Erwählung und unsere Rechtfertigung sind also auch ein Geschenk. WER wird uns eines Tages verherrlichen? Wer wird machen, dass wir mit einem unsterblichen Leib für alle Ewigkeit in Gesundheit und Freude leben können? In vollkommener Liebesgemeinschaft mit Gott? Das wird auch Gott machen. Unsere Verherrlichung ist also auch ein Geschenk.

Aber jetzt kommen wir, oder? Jetzt müssen wir uns kräftig anstrengen, damit das auch was wird mit der Heiligung. Oder? Wir müssen feste glauben und uns noch mehr anstrengen, damit wir auch ganz bestimmt heilig werden, oder? Schauen wir mal:

Joh 6,29 „Das ist Gottes Werk, daß ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“ WER macht, dass wir Glauben? Wessen Werk ist das? <PAUSE> Also der Glaube ist auch ein Geschenk!

Phil 1,6 „ich bin darin guter Zuversicht, daß der in euch angefangen hat das gute Werk, der wird's auch vollenden bis an den Tag Christi Jesu.“ Und was ist das für ein Werk? 2Kor 3,18 „Wir alle sehen in Christus mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit Gottes wie in einem Spiegel. Dabei werden wir selbst in das Spiegelbild verwandelt und bekommen mehr und mehr Anteil an der göttlichen Herrlichkeit. Das bewirkt der Herr durch seinen Geist.“ (GNB). WER verwandelt uns in Christi Spiegelbild? WER wirkt unsere Heiligung? Gott wirkt sie! Durch den Heiligen Geist! <PAUSE> Ihr Lieben! Auch unsere Heiligung ist ein Geschenk!

Ich finde, das ist so unfassbar. Das ist so zum Gott loben! Das ist doch der Kracher, oder?! Ich finde, das ist überhaupt nicht zu fassen! Gott schenkt uns einfach alles!! ALLES!!

2. Die Kernaussage


Also noch mal langsam zum Mitschreiben: Gott tut in unserer Errettung und Erlösung einfach alles: Vom Vorherwissen und -bestimmen (Rö 8,29) über das erschaffen (Jes 43,1), hin zum Berufen (Rö 8,30), Erlösen (Lk 1,68), Glauben (Joh 6,29) und Rechtfertigen (Rö 8,30), das Verwandeln und Gleichgestalten (2Kor 3,18), bis hin zum Vollenden (Phil 1,6) und Verherrlichen (Rö 8,30). 

Unsere Aufgabe ist daher keine krampfhafte Aktivität. Es ist ja GOTTES WERK. Nicht unseres. Wir müssen uns nicht abkrampfen. Wir müssen nicht angsvoll zittern, ob wir es schaffen werden. Gott selbst hat uns versprochen, dass Er das das gute Werk, das Er in uns angefangen hat auch vollenden wird bis an den Tag Christi Jesu. (Phil 1,6). Und warum: Weil Jesus am Kreuz dafür bezahlt hat. Weil Jesus am Kreuz dafür den Grundstein gelegt hat. Den Preis bezahlt hat. Darum heißt es „Es ist vollbracht“. Aus Gottes Sicht ist unsere Erlösung und Heiligung und Verherrlichung eine längst ausgemachte Sache. Nur für uns vollzieht sie sich in der zeit. Aus Gottes Perspektive ist Sein Werk längst fertig. Und es gibt für Gott keinen Zweifel: „Es ist vollbracht!“

Aber was bleibt uns dann zu tun? Die Bibel ist doch voller Anweisungen und Gebote und Mahnungen?

3. Praktische Anwendung


Das was uns bleibt ist – wenn alles tatsächlich Gottes Werk ist – eine „aktive Passivität“: eine ganz bewusste Entscheidung, Ihn in unserem Leben wirken zu lassen: in dem wir auf Sein leises Reden hören und dann im Vertrauen auf Seine Kraft das zu tun, was Er uns sagt – indem wir also Jesus im Glauben auf Seinem Weg ans Kreuz nachfolgen – und mit Christus beten: „[…] nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Indem wir loslassen. Unsere Vorstellungen: wie die Dinge zu sein haben. Unseren Willen: wie wir es gerne hätten. Unsere Emotionen und unsere Ungeduld: wann wir es gerne hätten. Sondern stattdessen loszu lassen – und einfach darauf zu vertrauen, dass ER hält, was ER uns verspricht.

Wir müssen nichts beisteuern; nichts leisten; nichts machen. Es geht vielmehr darum, IHN machen zu lassen; IHM zu erlauben uns so zu gestalten und zu gebrauchen, wie ER es für richtig hält – und wann ER es für richtig hält. Das ist genau das, was Jesus getan hat – was ER für uns getan hat: Er hat sich selber, Seine Wünsche, Seinen Willen, Seine Ehre, Seine Macht, Sein Wohlbefinden, Er hat einfach alles losgelassen - aus Liebe zu Dir und zu mir! Und Er hat uns fest versprochen: Diese Liebe wird uns nicht aufgeben / wird nicht aufhören, uns zu heiligen / wird sich nicht von unseren Sünden erbittern lassen / wird uns das Böse nicht zurechnen (1Kor 13:5) - bis sie am Ziel ist.

Es ist alles Gottes Wirken! / Nicht unsere Leistung! ---- Es ist alles Geschenk! / Wir müssen nichts bezahlen!

Was für uns bleibt, ist Gott nicht im Wege zu stehen. IHN machen zu lassen. Es IHM zu erlauben. Indem wir uns loslassen – uns IHM überlassen. Und annehmen und darauf vertrauen, dass Er das schon hinkriegt, was uns so unmöglich scheint. Jetzt können wir hingehen und sagen: "Jesus hat alles getan und darum kann ich in seiner Kraft das tun, was Er von mir verlangt." Oder noch besser: "Jesus hat alles getan und darum kann ER in mir in seiner Kraft das tun, was Er von mir verlangt."  Alles was Gott von Dir erwartet ist, dass Du Dich ihm hingibst! Ihn machen lässt. 

Ich nenne das „aktive Passivität“: die völlige Hingabe meines Willens an Ihn im völligen Vertrauen auf Sein Wirken. Gnade statt Werke. Geist statt Fleisch (Sach 4,6 und Joh 6,63). Es geht nicht um das krampfhafte Kämpfen um Heiligung aus eigener Kraft - sondern darum, eine der wichtigsten Lektionen im Leben zu lernen: das Loslassen von dem "was ich will" und "wie ich es will" und "wann ich es will" - und stattdessen dieses andere zu lernen "sondern, wie Du willst", "zu Deiner Zeit" und "in Deiner Kraft". Es geht um das Loslassen des eigenen (Vorstellungen, Willen, Anstrengungen), und das Annehmen des Göttlichen (Wortes, Willens) und das Vertrauen auf Seine Kraft (Wort, Verheißung, Glaube, Erhörung).

Jesus hat sich für Dich verschenkt – Er hat Dich so sehr geliebt, dass Er bereit war, für Dich Sein Leben zu geben – ER will Dich beschenken – Und was ER sich dazu von Dir wünscht, das möchte ich Dich nun fragen:


Fragen an Dein Herz


  1. Wo kämpfst Du noch in eigener Kraft, heilig zu werden, anstatt Dich Jesus anzuvertrauen; Ihn wirken zu lassen? Willst Du Sein Geschenk annehmen?

  2. Spürst Du das Ziehen des Heiligen Geistes? Inneren Widerstand? Was willst Du loslassen?  Dich ganz Gott überlassen?

„[...] nicht wie ich will, sondern wie du willst!“
(Matthäus 26,36)




Sonntag, 11. August 2019

Geistliches Leben – vom Krampf zur Freude (Matthäus 11,28-30)

[Predigt als MP3]

Einleitung

Ich hatte Euch ja mindestens schon einmal davon erzählt, dass mir „die Sonne der Gnade Gottes in Zeitlupe aufgeht“. 

Was ich damit meine ist, dass ich viele, viele Jahre darunter gelitten habe, dass ich dachte, Gott sei ein hartherziger, allmächtiger Tyrann, der nichts anderes im Sinn habe, als mich zu versklaven, mir mit Gewalt Seinen Willen aufzuzwingen und mir dann – weil ich als gefallener Mensch ja gar nicht anders kann, als zu versagen – jeden kleinsten Fehler unter die Nase zu reiben und darauf herumzuhacken, mir Höllenängste zu bereiten und mich mit all diesen schrecklichen Ängsten alleine zu lassen.

Und was habe ich mich in diesen Jahren und Jahrzehnten bemüht, es Gott recht zu machen. Gott alleine weiß es. Und doch hatte ich immer das Gefühl, als sei es in der meisten Zeit meines Lebens nur finsterste Nacht. Ich fühlte mich, wie ein Atom-U-Boot, dass nur alle heiligen Zeiten einmal auftaucht, um frische Luft zu tanken. Die meiste Zeit aber war ich „unter Wasser“. Nur allzu gut konnte ich nachvollziehen (und bitte glaubt mir, dass ich mich nicht mit diesen Heiligen nicht vergleichen will!) , wie sich z.B. ein Jeremia gefühlt haben muss, als er schrieb:

„Ich bin der Mann, der Elend sehen muss durch die Rute seines Grimmes. Er hat mich geführt und gehen lassen in die Finsternis und nicht ins Licht. Er hat seine Hand gewendet gegen mich und erhebt sie gegen mich Tag für Tag. [...] Er hat mich ringsum eingeschlossen und mich mit Bitternis und Mühsal umgeben. Er hat mich in Finsternis versetzt wie die, die längst tot sind. Er hat mich ummauert, dass ich nicht herauskann, und mich in harte Fesseln gelegt. Und wenn ich auch schreie und rufe, so stopft er sich die Ohren zu vor meinem Gebet. Er hat meinen Weg vermauert mit Quadern und meinen Pfad zum Irrweg gemacht. [...] Meine Seele ist aus dem Frieden vertrieben; ich habe das Gute vergessen. Ich sprach: Mein Ruhm und meine Hoffnung auf den HERRN sind dahin.“ (Kla 3:1-18)

Oder was ein Hiob empfunden haben musste, um zu schreiben: „Aber gehe ich nach Osten, so ist er nicht da; gehe ich nach Westen, so spüre ich ihn nicht. Wirkt er im Norden, so schaue ich ihn nicht; verbirgt er sich im Süden, so sehe ich ihn nicht. Er aber kennt meinen Weg gut. [...] ich hielt meinen Fuß auf seiner Bahn und bewahrte seinen Weg und wich nicht ab und übertrat nicht das Gebot seiner Lippen und bewahrte die Reden seines Mundes bei mir. Doch er hat's beschlossen, wer will ihm wehren? Und er macht's, wie er will. Ja, er wird vollenden, was mir bestimmt ist, und hat noch mehr derart im Sinn. Darum erschrecke ich vor seinem Angesicht, und wenn ich darüber nachdenke, so fürchte ich mich vor ihm. Gott ist's, der mein Herz mutlos gemacht, und der Allmächtige, der mich erschreckt hat; denn nicht der Finsternis wegen muss ich schweigen, und nicht, weil Dunkel mein Angesicht deckt. “ (Hiob 23,8-17)

Und all die Jahre habe ich nicht verstanden, dass ich es selber war, der mir im Wege stand.

Wenn es also unter uns auch nur einen Einzigen / oder eine Einzige geben mag, die diese Art von Leiden kennen - die auch das Gefühl haben, dass ihr ganzes Leben ein einziger Krampf ist, dann hoffe und bete ich zu Gott, dass heute der Tag sein möge, an dem auch Dir dieser „Sonnenaufgang“ geschenkt wird – nämlich die Erkenntnis, wie Du „vom Krampf zur Freude“ kommen kannst.

Lasst uns dazu als erstes unseren Text lesen - dort heißt es:


Unser Text (Matthäus 11,28-30)


„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ (Matthäus 11,28-30)


Inhaltsübersicht


Die Einladung, die Jesus uns in diesem Text ausspricht, die Zusagen, die Er dabei macht und die Voraussetzungen, von denen Er spricht, möchte ich in 7 Teile unterteilen:
  1. Wer ist gemeint?
  2. Die Verheißung
  3. Die 1. Voraussetzung
  4. Die 2. Voraussetzung
  5. Jesu Wesen
  6. Jesu Verheißung (Teil 2)
  7. Leben in Freude
Und zum Schluss möchte ich uns fragen: 
  • Was heißt das für mich? (Fragen an Dein Herz)

1. Wer ist gemeint?


Vers 28a „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; [...]“

Jesus macht klar, an welche Adressaten Er sich richtet: es sind die, die sich durch ihr Leben quälen. Die es als mühevoll und als Last empfinden. κοπιῶντες (kopiontes: müde; erschöpft); πεφορτισμένοι (pefortismenoi: belastet; beladen). Es sind Menschen, sich mit großer Mühe und ohne jede Freude und ohne jede Hoffnung abplagen. Die sich wie ein schwer beladener Esel im Leben abplagen; die vollkommen müde und erschöpft.

Ich möchte diese Menschen in 3 Gruppen unterteilen:

A. In der ersten Gruppe sind die Ungläubigen, die noch die Welt lieben. Paulus beschreibt diese Menschen in 1. Tim 6,9-10 als solche, die : „die reich werden wollen“ und sagt: sie „fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis. Denn Geldgier ist eine Wurzel alles Übels; danach hat einige gelüstet und sie sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen.“ Es sind Menschen, die ihr Heil in der Welt suchen: im Lustgewinn, im Spaß, im Geld, in der Macht, in Drogen und allem anderen, was uns außerhalb der Liebe Gottes fälschlicherweise Freude verspricht.

B. In der zweiten Gruppe sind die Menschen, denen Gott bereits das Gewissen aufgeweckt hat. Es sind Menschen, die ihre Sünde und Schuld vor Gott erkannt haben und nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Johannes Calvin sagt in seinem Kommentar zu Matthäus 11,28: Jesus „spricht von ihnen als arbeitend oder stöhnend unter einer Last [dabei] meint [er] im Allgemeinen nicht diejenigen, die mit Trauer und Ärger unterdrückt werden, sondern diejenigen, die von ihren Sünden überwältigt sind, die mit Besorgnis über den Zorn Gottes erfüllt sind und kurz davor stehen, unter dieser achso schweren Last zu versinken. [...] als mühselige und beladene Menschen bezeichnet Christus sie - deren Gewissen durch ihr Ausgeliefertsein an den ewigen Tod erschüttert ist und die innerlich durch ihr Elend so niedergedrückt werden, dass sie ohnmächtig werden“ und er fügt hinzu: „gerade diese Ohnmacht bereitet sie auf den Empfang seiner Gnade vor.“ (J. Calvin) 

C. In der dritten Gruppen befinden sich die Menschen, die durch gute Werke versuchen, es Gott recht zu machen. Es sind die, die sich mit großer Mühe und ohne jede Freude und ohne jede Hoffnung abplagen, um Gott zu gefallen. Matthew Henry beschreibt sie als „Diejenigen, die sich bemühen, ihre eigene Gerechtigkeit herzustellen“ und sagt von ihnen: sie „[arbeiten [...] vergeblich. Der überzeugte Sünder ist schwer belastet mit Schuld und Schrecken; und der verführte und betrübte Gläubige hat Mühen und Lasten.“ Wieviel Mühe wenden Sie auf, um Gott gnädig zu stimmen! Doch wie unnütz und wie unfruchtbar ist dieses Unterfangen! Nie kommen Sie ans Ziel. Nie sind ihre guten Werke gut genug, um Gott gnädig zu stimmen. Alles scheint ihnen sinnlos; all ihr Bemühen zwecklos. Und doch spricht Henry auch Ihnen Gottes Gnade zu und sagt: „Christus lädt alle ein, zu ihm zu kommen, um ihre Seelen zur Ruhe zu bringen.“ (M. Henry)


2. Die Verheißung


28b „[...] ich will euch erquicken.“

Dieser dumpfen Bedrückung, dieser überschweren Last und dieser unfruchtbaren Plackerei stellt Jesus Seine Verheißung gegenüber – eine herzliche Erfrischung. 

Das griechiche ἀναπαύσω (anapauó) bedeutet so viel, wie „Ruhe, Pause, Erfrischung“. Es ist das Bild davon, „jemanden freizustellen; ihm zu erlauben, dass er von jeder Bewegung oder Arbeit absieht, um sich zu erholen und seine Kräfte zu sammeln.“ 

Jesus offenbart all diesen verzweifelten Menschen hier Sein Motiv und Sein Ziel: Er hat absolut nur eines im Sinn: er will uns erfrischen, uns aus der Dürre heraus führen und unseren fürchterlichen Durst löschen. Er will uns unsere so überschwere Last abnehmen und uns aufatmen lassen. Nur das und nichts anderes hat Er im Sinn. 

Adolf Schlatter formuliert das so: „Er beendigt unsere unnützen Anstrengungen und unsere vergeblichen Anläufe, unsere törichten Versuche, mit denen wir uns helfen möchten, und bringt uns and Ziel.“ (A. Schlatter) Und Calvin ergänzt: „Die Erleichterung, die er verspricht, besteht in der freien Vergebung der Sünden, die allein uns den Frieden gibt.“ (J. Calvin)

Wer hätte das nicht gerne? Ruhe. Erfrischung. Echten Frieden! Doch wie kommt man da hin?!


3. Die Erste Voraussetzung


29a „Nehmt auf euch mein Joch [...]“

Jesus sagt uns, dass die Lösung im liebenden Glaubensgehorsam liegt. Darin, unserem selbstsüchtigen Eigensinn „Lebewohl!“ zu sagen. Das Geheimnis liegt darin, sich von unseren eigenwilligen Wünschen der Lebensgestaltung frei zu machen: nicht unabhängig von Gott zu sein und unser eigenes, selbstgewähltes Joch zu tragen, unsere eigenen Pläne zu verwirklichen, sondern uns Ihm, ganz und gar und ohne jeden Vorbehalt, hinzugeben. Uns von Ihm für Seine Sache einspannen zu lassen und mit Ihm zusammen den Acker des Reiches Gottes zu pflügen. Nicht rebellisch und widerspenstig. Sondern von Herzen und mit Ihm im Einklang. 

Schlatter sagt: „Christi Joch trägt, wer ihm gehorcht und von Ihm lernt. [...] Dasselbe [Joch] ist kein Marterinstrument, ermöglicht und erleichtert vielmehr dem Tiere seinen nützlichen Dienst, aber es lässt keinen Eigensinn zu. Wir müssen uns entschließen, seinen Willen zu tun; dann kommt Ruhe in unseren ganzen Lebenslauf.“ (A. Schlatter) 

So leben wir in echter Nachfolge: in sanftmütiger Hingabe und in frohem, demütigen Gehorsam gegenüber dem heiligen, vollkommenen, liebenden und heilbringenden Willen Gottes. Oder mit den Worten von Matthew Henry: „Der Weg der Pflicht ist der Weg der Ruhe.“ (M. Henry) 

Wer Jesu Joch auf sich nimmt, wer Seinen Egoismus gekreuzigt hat und nicht mehr auf seinem Recht besteht und nicht mehr auf seinen Forderungen besteht – wer, wie Jesus, sanftmütig und demütig geworden ist – der 'reibt' sich nicht mehr an den Widerhaken des Lebens, sondern gleitet darunter hinweg. Vor allem aber zerbricht er nicht mehr in stolzer Rebellion an der Souveränität Gottes. Dieser Souveränität, die uns nicht einmal, wenn wir leiden, Rechenschaft schuldig ist. Wer das begriffen hat – dass alles Gnade ist und nichts gefordert werden kann – der hat gelernt in Demut zu akzeptieren: Gott ist der HERR! Wer das gelernt hat, der kann wirklich von Herzen mit Christus beten: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“ (Mt 6:10) Ja sogar: „Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir; doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ (Lk 22:42)


4. Die Zweite Voraussetzung


29a „[...] und lernt von mir [...]“

Doch wo finden wir diese Demut? Wie lernen wir das?

Jesus sagt: „Um dahin kommen zu können, ist es nötig, dass Du bei mir in die Schule gehst; dass Du bereit wirst, von mir zu lernen.“

Doch was lernen wir in dieser Lebensschule Jesu? 

Zum einen lernen wir sicherlich zu erkennen, was der Wille Gottes ist. Und dass der Wille Gottes immer gut ist. Er ist immer die Wahrheit und immer die Liebe - und immer beides zusammen, niemals eine der beiden gegen die andere ausgespielt. 

Zum anderen lernen wir zu erkennen, wie dieser Wille getan werden kann: nicht aus eigener Kraft. Nicht mit eigener Anstrengung und Qual. Sondern allein(!) im Vertrauen auf Gottes Wort – allein im Glauben an Seine Verheißungen – allein im Vertrauen auf das Wirken Seines Heiligen Geistes in uns – und an uns – und durch uns. Nur der Heiligen Geist ist in der Lage – an uns – in uns – und durch uns – Gottes Werke zu tun.

Oder glauben wir wirklich wir könnten das, was nicht einmal Jesus konnte? Denn: Was sagte Er von sich selbst und von den Wundern die Er tat? Er sagte: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts(!) von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht; denn was dieser tut, das tut in gleicher Weise auch der Sohn.“ (Joh 5,19) Und an einer anderen Stelle: „Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht aus mir selbst. Der Vater aber, der in mir bleibt, der(!) tut seine Werke.“ (Joh 14,10)

Diese Werke aber tut Gott in denen, die Ihm vertrauen. Die Seinen Verheißungen Glauben schenken. Die nicht auf ihre Gefühle vertrauen. Die „ nicht sehen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare.“ (2Kor 4,18). Die – manchmal entgegen allem äußeren Schein – im Glauben festhalten an Gott und an Seinem Wort – an Seinen Verheißungen – und an Seiner Treue mit der Er Sein Wort immer hält. 

Weil also alles geistliche Leben von Gottes Wirken abhängig ist – und weil Sein Wirken von unserem Glauben an Seine Verheißungen abhängig ist – und weil Seine Verheißungen allesamt in Seinem Wort stehen – darum ist es so wichtig, dass wir bei Jesus in die Schule gehen. Darum ist es so wichtig, dass wir Sein Wort kennen und es fleißig studieren.


5. Jesu Wesen


29a „[...] denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig [...]“

Nun sind wir leider durch den Sündenfall so sehr von Gott entfremdet, dass uns Seine Gebote hart erscheinen und wir uns im schlimmsten Fall vor Gott selbst fürchten – so wie Adam, der sich vor Ihm versteckte. Unsere Furcht vor Überforderung und unsere Furcht vor Gott beweisen aber nur eines: wie wenig wir noch wissen von Gottes Wesen. Davon, wie unendlich gnädig und geduldig Er ist. Wie barmherzig und liebevoll. Johannes drückt das einmal so aus: „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus. Denn die Furcht rechnet mit Strafe; wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe.“ (1Joh 4,18)

Jesus ist kein hartherziger Tyrann, der seine Untertanen mit einer stählernen Keule durchs Leben peitscht; kein liebloser Despot, der mit Gewalt seinen Willen durchzusetzen sucht. Er ist der liebende Gute Hirte: Er geht sanft und umsichtig mit Seinen Schafen um. Er zwingt nicht, sondern lockt und ruft uns leise in unseren Herzen. Er pocht nicht auf Seine Stellung und über alle Maßen hohe Majestät. Denn Er ist von Herzen demütig und uns in Liebe zugewandt. 

Schlatter sagt von Ihm: „Er ermuntert uns, dass wir uns vor ihm nicht fürchten. Er will nicht mit den harten und hoffärtigen Herren verglichen sein, die damals die Gemeinde regierten, sondern begründet seine Aufforderung durch seine Sanftmut und Demut. [...] [uns zu leiten und zu unterweisen] tut er ohne Härte und ohne Hoffart mit der freundlichen Geduld, die auch das Kleine und Schwache schätzt und verzeihen kann. Er will nicht durch uns glänzen, nicht durch uns erhöht sein und ruft uns nicht seinetwegen, sondern unsertwegen zu sich.“ (A. Schlatter)


6. Jesu Verheißung – Teil 2


29c „[...] so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.“

Wenn wir das wirklich im Herzen erkennen – wenn wir es wirklich beherzigen - und wenn wir beginnen, danach zu leben, werden wir alle ungute Mühe und alle selbstgemachte Lasten im geistlichen Leben los: indem wir uns diesem liebenden, sanften und demütigen Hirten vollkommen anvertrauen. Uns abhängig machen von Seinem Wort, Seiner Führung, Seinem Wirken. 

Weil wir uns nicht mehr mit eigener Kraft und Anstrengung mühen und abplagen, sondern Ihm im schlichten Vertrauen nachfolgen: im Vertrauen auf Sein Wort - im Folgsamkeit gegenüber Seinen Gebote und im festen Vertrauen auf Seine Verheißungen, die Er in Seiner Allmacht und Treue immer erfüllt. „Denn so spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Vertrauen würdet ihr stark sein.“ (Jes 30:15)

So wird aus ängstlicher Plackerei auf einmal ein seliger Frieden. 


7. Leben in Freude


30 „Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“

Schlatter sagt: „Unter der Bürde, die er uns zu tragen gibt, werden wir nicht wund; denn sie ist leicht. Und doch reißt Jesu Gebot die Seinen von allem los, was unser natürliches Begehren sucht, und macht sie zu solchen, die ihr Kreuz aufheben. Dennoch heißt er seinen Dienst Ruhe, sein Joch förderlich, seine Last ohne Druck. Das zeigt, wie mächtig in Jesu Augen der Friede Gottes ist, in den er uns stellt. Sein Trost trägt durch alles durch, weil er uns die Gemeinschaft mit den Vater gibt.“ (A. Schlatter) 

Wenn wir Jesus wirklich vertrauen und ihm nachfolgen, werden wir feststellen, dass echte Nachfolge gar keine mühsame Plackerei ist und keine schwere Last, sondern dass Jesus uns mit Sanftmut leitet und unser Dienst uns mit Leichtigkeit von der Hand geht: weil wir mehr und mehr erkennen, dass Gottes Wort und Gebote das Herz froh machen, denn „Die Befehle des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz. Die Gebote des HERRN sind lauter und erleuchten die Augen “ (Ps 19:9). 

Unser Glaubensleben ist dann keine mühsame Plackerei und keine schwere Last mehr. Weil unsere Nachfolge dann aus einem liebenden und freien Entschluss entspringt – und nicht aus der Furcht vor Strafe oder dem unseligen Zwang, zu meinen Gott aus eigener Kraft gefallen zu müssen. Weil die guten Werke, die wir tun, nicht mehr unsere eigenen sind, sondern solche, „die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln“ (Eph 2,10). Weil das, was wir tun nicht mehr auf unserer Kraft und Stärke beruht, sondern allein von der allmächtigen Kraft Seines Heiligen Geistes gewirkt wird; wie geschrieben steht: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth.“ (Sach 4,6)

Weil dann nicht mehr alles selbst im Griff haben wollen und in eigensinniger Manier den Weg selbst bestimmen wollen. Weil wir Ihn dann endlich in unserer Seele und in unserem Leben nach Seinem Willen gewähren und handeln lassen. Und dann auf einmal merken wir: „das [es] die Liebe zu Gott ist, dass wir seine Gebote halten – und seine Gebote sind nicht schwer.“ (1Jo 5:3). Weil wir Ihm endlich zur Verfügung stehen und begreifen: Es sind nicht wir! Es ist „Gott [...], der da ist über allen und durch alle und in allen. “ (Eph 4,6) Es „ist [...] Gott, der da wirkt alles in allen.“ (1Kor 12,6). ES IST ER SELBST: „Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit“ (Kol 1:27). 

ER IST ES DER UNSEREN GLAUBEN LEBENDIG MACHT. ER IST ES DER ALLES IN ALLEM WIRKT. NICHT WIR. 
Wenn wir das begreifen – dass uns mit Christus längst alles geschenkt ist: Gottes Wohlgefallen – Seine Gnade – unsere Gerechtigkeit in Seinen Augen – ja sogar die guten Werke, die ER durch uns wirken will – dann wird aus der erschöpfenden Schinderei unseres geistlichen Lebens auf einmal ein angenehmer Dienst und wir erkennen: SEIN JOCH IST SANFT UND SEINE LAST IST LEICHT.

Amen.

Samstag, 22. Juni 2019

„Hüte Deine Zunge!“ - 2. Timotheus 2,14-17a

[Predigt als MP3]

Inhalt

Beim Durcharbeiten des Textes hat sich die folgende Struktur der Predigt ergeben:

  • Einleitung
  • Text
  • Das Problem
    • Was war passiert? Was war das Problem?
    • Die Motivation hinter dem Problem
    • Die Folgen des Problems
    • Die Lösung: 
      • Was sollte passieren? Was ist das Ziel?
      • Wie geht man mit so einem Problem um? Was ist der Weg?
      • Was ist die Motivation für diesen Weg? 
  • Und zu guter Letzt: Was heißt das für mich? 2 Fragen an Dein Herz


Einleitung

Kennt ihr den Unterschied zwischen einem Messer und einem Messer? Überlegt mal: Wenn ich mit einem Messer herumfuhrwerke, um zu töten, wird wahrscheinlich etwas anderes dabei herauskommen, als wenn ich versuche, damit in Ruhe Kartoffeln zu schälen. Das Messer selber ist dabei nur ein Werkzeug. Ebenso verhält es sich mit Worten: ich kann mit ihnen herumhantieren, um vor einem Publikum Eindruck zu schinden oder ich kann sie verwenden, um Menschen aus Liebe im Glauben aufzurichten, um sie zu ermuntern, Gutes zu tun. Meine Worte sind dabei nur ein Werkzeug. Die Motivation und das Ziel dahinter aber bestimmen über das Ergebnis; nicht das Instrument, mit dem ich hantiere. Von daher müsste unsere heutige Predigt eigentlich heißen: „Hüte Dein Herz!“ Aber als mir das aufgefallen ist, war es schon zu spät... ;)

Das, was in unserem Herzen ist, bestimmt also darüber, wie wir mit unseren Worten umgehen – und damit darüber, was unsere Worte anrichten – oder was sie Gutes tun. Oder, um es mit den Worten von Jesus zu sagen: „Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen, und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken [...]“ (Mt 15,18f)

Ich möchte in dieser Predigt daher nicht allein auf den Inhalt der in Ephesus grassierenden Irrlehren eingehen, oder auf die griechische Vorliebe für Diskussionen und Philosophie (also auf die konkreten Worte oder Instrumente), sondern ich möchte vor allem den Streitern und falschen Lehrern ins Herz schauen, von denen Paulus hier spricht. Ich möchte mit Euch hineinschauen in das Herz von Paulus und das Ziel seiner Aufforderungen an Timotheus.  Wir werden also nicht nur sehen, was in Ephesus alles schief gelaufen ist, sondern uns auch das Ziel und die Motivation dahinter anschauen.

Dabei denke ich, dass es im heutigen Text – sozusagen „hinter den Kulissen“ – um 2 verschiedene Motivationen oder Ziele geht: um die Prahlerei und um die Liebe. Im 1. Korintherbrief lesen wir dazu im 8. Kapitel: „Die Erkenntnis bläht auf; aber die Liebe baut auf.“ (1Kor 8,1) – und im 13. Kapitel: „die Liebe eifert nicht, die Liebe treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf, sie verhält sich nicht ungehörig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern [...] sie freut sich aber an der Wahrheit;“ (1Kor 13,4-6).

Die Frage ist also nicht nur: "Was genau ist eigentlich in Ephesus passiert?" Sondern auch: "Was war das Motiv der Irrlehrer?" Und: "Was sollte Timotheus‘ Motiv und Ziel sein?" Oder mit anderen Worten: Was ist eigentlich das Problem? Und wie kann man es lösen? Diese Fragen werden uns am Ende zu der Frage führen: "Was hat das alles mit mir zu tun?" 

Aber der Reihe nach.  Lesen wir erst einmal den Text...

Unser Text (2Tim 2,14-17a)

dort heißt es: „Daran erinnere sie und ermahne sie inständig vor Gott, daß sie nicht um Worte streiten, was zu nichts nütze ist, als die zu verwirren, die zuhören. Bemühe dich darum, dich vor Gott zu erweisen als einen rechtschaffenen und untadeligen Arbeiter, der das Wort der Wahrheit recht austeilt. Halte dich fern von ungeistlichem losem Geschwätz; denn es führt mehr und mehr zu ungöttlichem Wesen, und ihr Wort frißt um sich wie der Krebs.“  (2Tim 1,14-17a)

Das Problem – Was war passiert?

Ungeistliches loses Geschwätz: Bei der Formulierung „ungeistliches, loses Geschwätz“ musste ich erst an Gerüchte, anzügliche Witze oder sexistische Bemerkungen denken. Einige Bibelkommentare später ist mir dann aufgefallen, dass der Kontext das gar nicht hergibt. Denn hier geht es ja ganz konkret um Häresien und Sonderlehren.

Und die entstehen ganz offenbar nicht im „luftleeren Raum“, sondern hinter ihnen steht eine treibende Kraft: die Zurschaustellung der eigenen „Kompetenz“. Und so eine schiefe Motivation macht auch die beste Theologie kaputt. Wo ich mich nicht mehr bemühe, Gottes Wort zu verstehen und mir von ihm etwas sagen zu lassen, sondern vielmehr versuche, vor anderen etwas darzustellen – am besten indem ich etwas modernes oder neues von mir gebe, weil das einfach besser wirkt, als dieses altmodische „Wort Gottes“, da geht alles den Bach runter, was dieses Wort Gottes eigentlich bezwecken will – oder wie der Schweizer Reformator es ausdrückte: «[...] wo sich ein ehrgeiziger Wunsch nach Wohlgefallen durchsetzt, gibt es keinen starken Wunsch nach Erbauung mehr.» (Calvin) 

Das falsche Motiv zerstört also das gewünschte Ergebnis: Am Ende steht dann der Beifall der Menge – statt dem Glauben und dem Trost für den Anderen oder die Gemeinde. 

Um Worte streiten: Um zu verstehen, was in Ephesus geschehen war, hilft ein Blick in den 1. Brief des Paulus an den Timotheus – dort steht: „Du weißt, wie ich dich ermahnt habe, in Ephesus zu bleiben, als ich nach Mazedonien zog, und einigen zu gebieten, daß sie nicht anders lehren, auch nicht achthaben auf die Fabeln und Geschlechtsregister, die kein Ende haben und eher Fragen aufbringen, als daß sie dem Ratschluß Gottes im Glauben dienen.“ (1Tim 1,3-4)

Zum einen ging es also in Ephesus um völlig irrelevante theologische Randgebiete und außerhalb des Glaubens befindliche Sonderlehren. Dem stellt Paulus das eigentliche Ziel des Glaubens gegenüber: „Liebe aus reinem Herzen und aus gutem Gewissen und aus ungefärbtem Glauben.“ (1Tim 1,5)

Weiter ist im 1Timotheusbrief zu lesen, „daß das Gesetz gut ist, wenn es jemand recht gebraucht, weil er weiß, daß dem Gerechten kein Gesetz gegeben ist, sondern den Ungerechten und Ungehorsamen, den Gottlosen und Sündern, den Unheiligen und Ungeistlichen  [...]“ (1Tim 1,9)

Es ging in Ephesus also auch darum, dass das Gesetz missbraucht wurde. Gesetzesgerechtigkeit kann dabei viele Blüten treiben. So zum Beispiel die, dass Gläubige das ganze Gesetz zu halten hätten. Gerecht vor Gott werden wir aber nicht, weil wir seine Gebote perfekt halten, sondern einzig und allein dadurch, dass Jesus - stellvertretend für uns - am Kreuz den Preis für unsere Schuld bezahlt hat und dass Er – der Auferstandene – uns mit dem Glauben an Ihn Seine vollkommene Gerechtigkeit schenkt. Umsonst! Ohne Leistung!

Zu guter Letzt lesen wir dann in 1Tim 6,3-5: „Wenn jemand anders lehrt und bleibt nicht bei den heilsamen Worten unseres Herrn Jesus Christus und bei der Lehre, die dem Glauben gemäß ist, der ist aufgeblasen und weiß nichts, sondern hat die Seuche der Fragen und Wortgefechte. Daraus entspringen Neid, Hader, Lästerung, böser Argwohn, Schulgezänk solcher Menschen, die zerrüttete Sinne haben und der Wahrheit beraubt sind, die meinen, Frömmigkeit sei ein Gewerbe.“ (1Tim 6,3-5)

Es ging in Ephesus also auch darum, dass falsche Lehrer aufgetreten waren, die – wie heutzutage einige Fernsehprediger – der Ansicht waren, das Evangelium zu predigen sei vor allem profitabel. Es ging also in Ephesus – statt um die gute Nachricht, dass Gott uns liebt und uns unsere Schuld vergibt – um Sonderlehren und Irrlehren (z.B., dass die Auferstehung schon geschehen sei; siehe 2Tim 2,18) – um Werkgerechtigkeit und um prahlerische Zurschaustellung und um Profit.

All das führte zu endlosen Wortgefechten und zu Zank und Streit in der Gemeinde.

Das Problem – Die Motivation dahinter

Die Frage ist jetzt natürlich: warum streiten sich Menschen um Worte? Das Wort, was Paulus hier gebraucht, könnte man auch übersetzen mit „Krieg der Worte“ oder „Wortgefecht“. Es ging also bei den Streitereien gar nicht um die Wahrheit – um das „Vorbild der heilsamen Worte“ – also um das Evangelium. 

Es geht bei solchen Wortgefechten meist um kleinkarierte Wortklaubereien und spitzfindige Auslegungen, die nur die Selbstprofilierung und Angeberei der Streitenden zum Ziel haben – nicht aber die Erbauung des Nächsten oder der Gemeinde – und schon gar nicht geschieht ein solches Wortgefecht aus Liebe – oder in Liebe.

Das eigentliche Motiv hinter einem „Wortgefecht“ ist meistens Frage, wer dieses Gefecht gewinnt, also die Frage: „Wer hat Recht?“ – und vor allem: „Wer behält Recht?“ – „Wer steht am Ende besser da?“ – „Wer sieht nachher klüger aus?“ – „Wer gewinnt?“ Das eigentliche Motiv hinter der ganzen Streiterei sind Hochmut und Besserwisserei. – Und die führen nicht nur zu Streit, sondern – weil das Motiv schief ist – am Ende auch zu einer „schiefen Theologie“. Das richtige Ergebnis wird durch den Missbrauch der Mittel verfehlt. So, wie beim Küchenmesser... Streiten macht also schlechte Theologen!

Die Lösung – Das Ziel

Die beste Chance auf Heilung bei Krebs ist bekanntlich immer noch, ihn so früh, wie möglich zu erkennen und zu behandeln. Und dafür hat Paulus drei ganz konkrete Methoden parat:
  • Die Aufforderung, die Gemeinde an das Evangelium zu erinnern und es zu predigen
  • Die inständige Ermahnung, sich nicht zu streiten
  • Die Aufforderung, den Besserwissern aus dem Weg zu gehen

Daran erinnere sie: Wenn Paulus sagt: „Daran erinnere sie“, dann meint er damit das Evanglium (Vers 8). Das Evangelium von Gottes Wesen und Werk – unserer Sünde und unserer Begnadigung – von Gottes unfassbarer Liebe am Kreuz – und von der absoluten Glückseligkeit und ewigen Herrlichkeit, die auf uns warten. 

Und es ist wichtig, dass wir an das Evangelium erinnert werden. Wir sind nämlich sehr vergesslich. Kaum haben wir am Sonntag die Predigt gehört, haben wir sie auch schon wieder vergessen. Darum haben wir es nötig, dass die wichtigsten Dinge – immer und immer wieder – wiederholt werden. So prägen sie sich über die Zeit dann doch ein – trotz unserer Vergesslichkeit. 

Das Wort der Wahrheit recht austeilen: Und wenn es um das Evangelium geht, dann ist es Paulus wichtig, dass es so gepredigt wird, wie es ist. Ohne Gesetzlichkeit und ohne Gesetzlosigkeit. Ohne Angst vor dem Gericht und ohne Lauheit in der Heiligung. Was Paulus sich wünscht ist, dass Timotheus das Evangelium „gerade schneidet“. So, dass es am Ende nicht krumm und schief wird. 

Damit es von Gottes Wahrheit im Evangelium am Ende nicht heißen muss «Einige verstümmeln sie, andere zerreißen sie, andere foltern sie, andere zerbrechen sie in Stücke, andere halten sie an der Außenseite, (wie wir gesagt haben) kommen nie zum Kern der Lehre.» (Calvin)  Der Kern der Lehre aber ist die Liebe!

und ermahne sie inständig vor Gott: Paulus will aber nicht nur, dass Timotheus die Gemeinde an das Evangelium erinnert – und dass er das Evangelium dabei nicht verzerrt –, er will auch, dass er die Gemeinde ermahnt – sie inständig ermahnt! 

Die Geschwister sollen sich nicht über Nichtigkeiten oder gar Irrlehren streiten. Das ist ihm so superwichtig, weil er weiß, dass nicht nur das komplette Gemeindeklima und das harmonische Zusammenleben darunter leiden, sondern das bei Irr- und Sonderlehren vor allem der Frieden im Gewissen und der Trost des Glaubens in Gefahr sind.  

Die Lösung – Das Ziel

Halte Dich fern: Zu guter Letzt aber hilft nicht nur das erinnern und ermahnen der Guten, es ist auch wichtig, mit den Bösen richtig umzugehen. Jetzt könnte man mit Adolf Schlatter fragen: «Könnte man ihren Verfechtern nicht helfen, wenn man ihre Meinungen eingehend mit ihnen verhandelte? Paulus verneint das. Ihre Wurzel ist krank, und aus dieser wird nichts Gesundes erwachsen.“ Daher „braucht [Timotheus] solche Theorien nicht zu ewägen oder zu widerlegen. Je weniger Aufmerksamkeit ihnen gewährt wird, um so besser.» (Adolf Schlatter)

Die goldene Regel im Umgang mit christlichen Posern ist also: „Nimm nicht an ihren Wortgefechten teil; gehe ihnen einfach dem aus dem Weg!“ {Beispiel: Peter, mein alter Exec VP: Er sagte einmal auf meine Frage, warum er auf eine gewisse Unverschämtheit nicht reagiert habe: „Darauf antworte ich gar nicht. So viel Aufmerksamkeit hat der gar nicht verdient.“ Und siehe da, das Thema beruhigte sich.}

Selbstverständlich muss man, was den Umgang mit geistlichen Fragen angeht, die Motive gut unterscheiden, denn – ich zitiere noch mal Schlatter –: «ob die Anstöße und Bedenken aus treuem Herzen kommen und ein aufrichtiger Sinn zweifelt oder ob ein gottloser Wille theologisiert, dazu braucht es den bewährten Arbeiter und jene geschickte Hand, die „gerade schneidet“.» (Adolf Schlatter)

Die Lösung – Die Motivation

Bemühe dich: Erinnern, ermahnen und aus dem Weg gehen. Das sind die Anweisungen von Paulus in einer solchen Situation. Doch was soll die Motivation hinter diesen Anweisungen sein? 

Es ist – wer hätte das gedacht – das Gegenteil von Menschenfurcht und Prahlerei: es sind die Ehrfurcht vor Gott und der Wunsch, ihm zu gefallen. «Kurz gesagt, [Paulus] bittet Timotheus fleißig zu arbeiten, damit er sich vor Gott nicht schämen muss; während ehrgeizige Menschen nur diese Art von Scham fürchten, um nichts von ihrem Ruf für Scharfsinn oder tiefes Wissen zu verlieren.» (Calvin) 

Rechtschaffen und untadelig: Mit „rechtschaffen“ und „untadelig“ meint Paulus dabei, sich so zu verhalten, dass man vor Gott ein gutes Gewissen haben kann. So zu leben, dass man sich vor Gott nicht schämen muss; – nicht rot zu werden braucht. Wir müssen uns nicht, wie die ungeistlichen Streiter davor fürchten, in einem Streit den Kürzeren zu ziehen – oder etwas nicht zu wissen. Es kann uns Wurscht sein, was die Menschen über uns denken. Wichtig und entscheidend ist nur, das wir aus Lieben handeln – und was Gott dann über uns denkt! 

Das also ist die alles entscheidende Frage: Was ist Dein Motiv? 

Willst Du vor Gott gut dastehen oder vor den Menschen? Willst Du Recht behalten oder willst Du in der Liebe bleiben? (2x)

Die Entscheidung liegt allein bei Dir!

2 Fragen an Dein Herz

  • Ist mein Motiv die Liebe? 
    • Strebe ich nach Wahrheit, Heilung und Hilfe? 
    • Oder will ich nur Recht behalten und gut dastehen?
  • Wo bin ich beteiligt an unnützem Streit? 
    • Was  will ich konkret tun, damit dieser Krebs nicht
      weiter wächst und Charakter und Glauben zerfrisst?

„Die Liebe ist langmütig und freundlich [...] 
Sie eifert nicht [...] 
sie bläht sich nicht auf [...] 
Sie sucht nicht das Ihre“  
(1Kor 13,4-5)


„Für‘s Evangelium leiden?!“ - 2. Tim 2,9-13

Struktur

[Predigt als MP3]
  • Einleitung
  • Predigt
  •  - Unser Text
  •  - Geduld
  •  - Der Zweck
  •  - Das Ziel
  •  - Der Weg
  •  - Die Kraft
  • Zwei Fragen an Dein Herz


Einleitung: „Brand im Notre Dame & Münchner Waisenhaus“

Am 1. Mai 2019 hat es im Münchner Waisenhaus gebrannt. – Aber keine Angst: Alle Kinder wurden gerettet. Aber stellt Euch einfach nur mal vor, es wäre so gelaufen: die Leute vom Waisenhaus rufen bei der Feuerwehr an, jemand nimmt den Hörer ab – und gibt so eine Antwort: 

"Wie? Es brennt?! So ein Quatsch! Sowas wie Feuer und Brände gibt’s doch gar nicht! Legen Sie sich mal ruhig wieder schlafen!" Oder so: "Also hören Sie mal! Wieso rufen Sie hier an?! Wissen Sie, wie spät es ist?" Oder so: "Wie? Es brennt?! Ja, was geht mich das an?! Hab ich das gelegt?! Löschen Sie‘s doch selber ihr olles Feuer!!" Oder so: "Wie? Feuer?! Wissen Sie, wie gefährlich das ist?! Nee, lassen Sie mal, das ist mir echt zu heiß!" Oder sogar so: "Wie? Es brennt?! Jetzt machen Sie mal keine Panik! Das wird schon..."

Erwarten wir nicht, wie selbstverständlich folgendes: Dass die Feuerwehr allzeit bereit ist? Bereit auch Leid zu ertragen? Weil die Feuerwehrleute wissen, dass löschen eine gute Sache ist? Weil sie wissen, wie schön das Leben ist - und es denen wünschen, die im Feuer gefangen sind? Weil sie wissen, dass ihr Dienst Leben rettet? Weil sie wissen, dass genau das am Ende ihre Ehre ist: dass sie ihr Leben für die Freude anderer gewagt haben? Weil sie wissen, dass es für ihren Dienst einfach keine Alternative gibt? (wohl wissend: letztlich ist alles in Gottes Hand)?


Unser Text - 2. Timotheus 2, 9-13

[...] nach meinem Evangelium, 9 für welches ich leide bis dahin, dass ich gebunden bin wie ein Übeltäter; aber Gottes Wort ist nicht gebunden. 10 Darum dulde ich alles um der Auserwählten willen, damit auch sie die Seligkeit erlangen in Christus Jesus mit ewiger Herrlichkeit.

11 Das ist gewisslich wahr: 
Sterben wir mit, so werden wir mit leben; 
12 dulden wir, so werden wir mit herrschen; 
verleugnen wir, so wird er uns auch verleugnen; 
13 sind wir untreu, so bleibt er doch treu; 
denn er kann sich selbst nicht verleugnen.


Aktive Geduld – Drunter bleiben – Vers 9+10 „Darum dulde ich alles...“

Der Kontext: Paulus liegt – weil er das Evangelium weiter gegeben hat – im Gefängnis in Rom – angekettet, wie ein Verbrecher – und wartet wohl auf seinen Tod. 

Bei der Vorbereitung der Predigt habe ich mich gefragt: „Wie würde ich wohl reagieren, wenn mir das passieren würde?!“ Dabei ist mir eine Phrase – und in dieser Phrase ein kleines Wort – besonders ins Gesicht gesprungen: „Darum dulde ich alles...“ Das Wort, was hier für „dulden“ steht, heißt: „ὑπομένω“ – es setzt sich zusammen aus den Wörtern „ὑπο“ (unter) und „μένω“ (bleiben) – heißt also: „ darunter bleiben, ertragen, erdulden“.

Als ich das Wort las und – in dieser Zusammensetzung – seine Bedeutung verstand, musste ich an eine Begegnung von vor vielen Jahren denken (es muss auf einer Freizeit in Wiedenest gewesen sein oder auf Besuch bei Freunden in der Nähe von Rotenburg, ich weiß es nicht mehr genau),  da sprach ich mit einem (damals für mich) „älteren“ Bruder über das Thema „Geduld“. Er gab mir dann Zeugnis von seinem eigenwilligen und rebellischen Wesen und wie Gott den Zusammenbruch seiner Firma benutzt hatte, um ihn Demut zu lehren – und zu lehren, dass es Gott ist, der in allem den ersten Platz einnehmen sollte, der voran geht, den Weg vorgibt und dem wir im Vertrauen und im Gehorsam nachfolgen sollen. Und in eben diesem Zusammenhang benutzte er diese Formulierung: „drunter bleiben“.

Heute sehe ich, wo er diese Phrase her hatte – und warum sie so wichtig für uns ist: im Angesicht von Anfechtung und Leid ist es unsere alte Natur, die aufbegehren und rebellieren will: – sie will nicht leiden – sie will nicht „drunter bleiben“ – sie will ihren Willen – und zwar „jetzt gleich!“ – Nicht so Paulus: er bleibt aktiv/freiwillig(!) „drunter“.


Die Freude der anderen – Um der Auserwählten willen... – Vers 10 „...um der Auserwählten willen, damit auch sie die Seligkeit erlangen in Christus Jesus mit ewiger Herrlichkeit.“

Aber wie bringt Paulus das fertig? Wieso randaliert er nicht gegen Gott? Wieso zetert und lamentiert er nicht in seiner Zelle und fragt: „Mein Gott, warum?!“ Wie kann er so was sagen: „Darum dulde ich das alles...“? Wie bringt er das fertig?

Ich denke, dass uns Paulus in diesem Text mindestens 3 Gründe darauf angibt, was ihn zu dieser Haltung befähigt – und hinter diesen 3 Hinweisen steht – so glaube ich – wohl noch etwas 4. – was all diesen Hinweisen gemeinsam ist.

Den ersten dieser Gründe habe ich „Den Zweck“ genannt. Er beantwortet die Frage „wozu“ Paulus dieses Leiden auf sich nimmt. Was ist der „Mehrwert“? Was „bringt“ es, dass Paulus so leidet? Die Antwort von Paulus ist ziemlich klar: „damit auch die Auserwählten die Seligkeit erlangen – in Christus – mit ewiger Herrlichkeit“. Paulus ist offensichtlich klar, dass Erlösung kein „Selbstläufer“ ist – er weiß: „So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi.“ (Römer 10,17). Im Bilde von der Feuerwehr: ihm ist klar, dass er die Ungläubigen nicht sich selbst überlassen kann und sagen „Wie? Es brennt?! Jetzt machen Sie mal keine Panik! Das wird schon... (von ganz alleine)“. 

Und ganz offensichtlich ist ihm auch noch etwas anderes klar: nämlich, was passieren würde, wenn er sagen würde: „Wie? Es brennt?! So ein Quatsch! Sowas gibt’s doch gar nicht! Legen Sie sich mal ruhig wieder schlafen.“ Denn: „...ohne Glauben ist's unmöglich, Gott zu gefallen“ (Hebr 11,6). Jesus hat das ganz klar gepredigt: „fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, doch die Seele nicht töten können; fürchtet viel mehr den, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle.“ (Mt 10,28). Die Frage ist nur: glauben wir das? Also letztlich: dass der Glaube aus der Predigt kommt - und ohne Glauben niemand den Himmel erreicht?


Das eigene Lohn – Um seiner selbst willen... – Verse 11f „Sterben wir mit, werden wir mitleben; dulden wir, werden wir mitherrschen“

Paulus hat noch einen 2. Grund, der ihn motiviert, das Evangelium weiter zu sagen. Einen 2. Grund, der ihn motiviert, auch dann nicht damit aufzuhören, wenn das Leiden bedeutet: Er hat begriffen, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen unserem Handeln und dem, was uns im Himmel erwartet. Er hat begriffen, dass das, was uns im Himmel erwartet, kein Automatismus ist – sondern absolut damit zu tun hat, was wir auf Erden getan haben.

In 1Kor 3,8b-15 beschreibt er das so: „Jeder aber wird seinen Lohn empfangen nach seiner Arbeit. Denn wir sind Gottes Mitarbeiter; ihr seid Gottes Ackerfeld und Gottes Bau. Nach Gottes Gnade, die mir gegeben ist, habe ich den Grund gelegt als ein weiser Baumeister; ein anderer baut darauf. Ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut. Einen andern Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus. Wenn aber jemand auf den Grund baut Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, so wird das Werk eines jeden offenbar werden. Der Tag des Gerichts wird es ans Licht bringen; denn mit Feuer wird er sich offenbaren. Und von welcher Art eines jeden Werk ist, wird das Feuer erweisen. Wird jemandes Werk bleiben, das er darauf gebaut hat, so wird er Lohn empfangen. Wird aber jemandes Werk verbrennen, so wird er Schaden leiden; er selbst aber wird gerettet werden, doch so wie durchs Feuer hindurch.“.

Paulus war also klar: „Von nichts kommt nichts!“. – Ihm war aber auch klar, wie unfassbar überschwänglich unser Lohn sein wird: Römer 8:18 schreibt er: „...ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll.“ – Ich denke, es ist nicht zu viel, zu sagen, dass Paulus davon überzeugt war, dass „das bisschen, was es hier zu leiden gibt“ in überhaupt gar keinem Verhältnis steht zu dem, was an Lohn in der Herrlichkeit dafür auf uns wartet.  „Denn unsre Trübsal, die zeitlich und leicht ist, schafft eine ewige und über alle Maßen gewichtige Herrlichkeit...“ (2Kor 4,16)


Der schmale Weg – Weil es nicht anders sein kann... – Vers 12+13 „verleugnen wir, wird er uns auch verleugnen; sind wir untreu, bleibt er doch treu; “

Der 3. Grund, den Paulus nennt, warum er das Evangelium weiter gibt – auch, wenn das für ihn Leiden bedeuten sollte – finden wir in den Versen 12 und 13: Paulus macht hier 2 Dinge ganz unmissverständlich klar: den Ernst und die Güte Gottes – von denen er in Römer 11,22 schreibt: „Darum sieh die Güte und den Ernst Gottes: den Ernst gegenüber denen, die gefallen sind, die Güte Gottes aber dir gegenüber, sofern du bei seiner Güte bleibst; sonst wirst du auch abgehauen werden. “

Paulus sagt damit ganz klar, dass 1. „vom Glauben abfallen“ keine Option ist, denn es hätte – wenn es denn überhaupt möglich wäre – zur Folge, „abgehauen“ zu werden. Das ist ja auch logisch: Wenn es tatsächlich „ohne Glauben unmöglich ist, Gott zu gefallen“ (Hebr 11,6) und wenn tatsächlich ohne Glauben „Leib und Seele in der Hölle verderben“ (Mt 10,28), dann ist auch klar, warum es keine Option ist, den Glauben angesichts von Leiden aufzugeben. Oder wie Jesus es sagt: „Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt, dessen wird sich der Menschensohn auch schämen, wenn er kommen wird in seiner Herrlichkeit und der des Vaters und der heiligen Engel.“ (Lukas  9,26)

Zum 2. macht Paulus aber auch klar, dass unsere Erlösung letzten Endes nicht auf unseren Schultern ruht –hier öffnet sich im Text für uns ein Blick direkt in das Herz Gottes hinein! – ein Blick auf Seine Treue und Barmherzigkeit – auf Seine Geduld mit uns und Seine Gnade: 
Sind wir einmal „untreu, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“
Da, wo wir – entgegen dem Wollen unseres neuen Menschen – versagen, da trägt uns Seine Gnade. Jesus weiß: „Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.“ (Mt 26,41) Darum hat er uns versprochen: „Wenn wir [...] unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ (1Jo 1,9). Nur darum kann Paulus seine eigene Frage „Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“ beantworten mit: „Dank sei Gott durch Jesus Christus, unsern Herrn!“ (Rö 7,24-25)


Die Kraft Gottes – Der Blick nach oben... – Verse 10-13 „Seligkeit [...] ewige Herrlichkeit. [...] mitleben [...] mitherrschen [...] bleibt treu.

Paulus ist willig, für die Predigt des Evangeliums zu leiden, weil er 3 gute Gründe hat: 

Zum 1. möchte er, dass die von Gott Auserwählten das Evangelium hören und zum Glauben finden und so für alle Ewigkeit gerettet werden vor dem gerechten Zorn Gottes über ihre Sünden – ja, dass sie – vielmehr noch! – für alle Ewigkeit glücklich und selig werden – ja, dass sie eine ewige Herrlichkeit erlangen.

Zum 2. ist ihm wichtig, dass auch er selbst dahin kommt, mit Christus zu leben und zu herrschen – weil ihm klar ist, dass das, was im Himmel auf ihn wartet, nicht allein ein Geschenk ist (das wäre schon ein Leben in Ewigkeit ohne Schmerz und Sünde), sondern dass es etwas zu tun hat mit dem Lohn für seine Werke hier auf Erden (wohl wissend, dass es „Gott ist, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.“ (Phil 2,13)

Zum 3. haben wir gesehen, dass Paulus klar war, dass es auch gar nicht anders sein kann, als dass er das Evangelium predigt. Zum einen, weil die Verleugnung Christi keine Option ist – und zum anderen, weil Er sich von Gottes Gnade getragen weiß.

Hinter all diesen Gründen zeichnet sich für mich ein 4. Grund ab – der alle anderen Gründe in sich schließt. Der Grund, der Paulus die Kraft gibt, das alles auszuhalten – es ist der „Blick nach oben“ – auf Christus, auf die Herrlichkeit, in die Ewigkeit, auf den so übergroßen Lohn und auf die ewige und unbeschreibliche Freude, die uns erwartet. Darum sagt Hebräer 12,1-2 : „Deshalb lasst nun auch uns, da wir eine so große Wolke von Zeugen um uns haben, jede Bürde und die uns so leicht umstrickende Sünde ablegen und mit Ausdauer laufen den vor uns liegenden Wettlauf, indem wir hinschauen auf Jesus, den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.“


Zwei Fragen an Dein Herz

Was möchtest Du ändern, um Gottes Herrlichkeit (noch) tiefer zu begegnen?
Wo (noch) kannst Du Gottes Evangelium mit anderen teilen?


„So spiegeln wir alle
mit aufgedecktem Angesicht
die Herrlichkeit des Herrn wieder. 
Und wir werden seinem Bild 
immer ähnlicher, 
denn seine Herrlichkeit 
verwandelt uns.“ 

(2. Korinther 3,18)