Sonntag, 20. Dezember 2015

Die Herrlichkeit der Reichen ist Trug und Schein (Ps 49:1-21)

Text

1 "Ein Psalm der Söhne Korach, vorzusingen, nach der Weise »Jugend«." 2 Höret zu, alle Völker; merket auf, alle, die in dieser Zeit leben, 3 einfache Leute und Herren, Reich und Arm, miteinander! 4 Mein Mund soll Weisheit reden, und was mein Herz sagt, soll verständig sein. 5 Ich will einem Spruch mein Ohr neigen und mein Rätselwort kundtun beim Klang der Harfe. 6 Warum sollte ich mich fürchten in bösen Tagen, wenn mich die Missetat meiner Widersacher umgibt, 7 die sich verlassen auf Hab und Gut und pochen auf ihren großen Reichtum? 8 Kann doch keiner einen andern auslösen oder für ihn an Gott ein Sühnegeld geben 9 - denn es kostet zu viel, ihr Leben auszulösen; er muss davon abstehen ewiglich -, 10 damit er immer weiterlebe und die Grube nicht sehe. 11 Nein, er wird sehen: Auch die Weisen sterben, / so wie die Toren und Narren umkommen; sie müssen ihr Gut andern lassen. 12 Gräber sind ihr Haus immerdar, ihre Wohnung für und für, und doch hatten sie große Ehre auf Erden. 13 "Ein Mensch in seiner Herrlichkeit kann nicht bleiben," "sondern" "muss davon wie das Vieh." 14 Dies ist der Weg derer, die so voll Torheit sind, und das Ende aller, denen ihr Gerede so wohl gefällt. "SELA". 15 Sie liegen bei den Toten wie Schafe, der Tod weidet sie; aber die Frommen werden gar bald über sie herrschen, und ihr Trotz muss vergehen; bei den Toten müssen sie bleiben. 16 Aber Gott wird mich erlösen aus des Todes Gewalt; denn er nimmt mich auf. "SELA". 17 Lass es dich nicht anfechten, wenn einer reich wird, wenn die Herrlichkeit seines Hauses groß wird. 18 Denn er wird nichts bei seinem Sterben mitnehmen, und seine Herrlichkeit wird ihm nicht nachfahren. 19 Er freut sich wohl dieses guten Lebens, und man preist dich, wenn es dir gut geht. 20 Aber doch fahren sie ihren Vätern nach und sehen das Licht nimmermehr. 21 "Ein Mensch in seiner Herrlichkeit kann nicht bleiben," "sondern muss davon wie das Vieh."


Kommentar

Zusammenfassung

Dieser letzte im zweiten Buch der Psalmen aufgeführte Psalm der Korahleviten verkündet der ganzen Welt, ungeachtet deren Stand und Vermögen, Weisheit: es ist die Antwort auf die rätselhafte Frage nach dem Umgang des Gottesfürchtigen mit der Bosheit der Gewaltigen. Die Antwort lautet: Der Böse wird vergehen, Du aber bleibst - dank der erlösenden Gnade - in alle Ewigkeit bei Gott. Darum lass Dich nicht erbittern und fürchte Dich nicht.


Struktur

1 Auch dieses, als letztes im zweiten Psalmenbuch verzeichnete, Vortragslied der Korahleviten ist dem Chorleiter gewidmet.

2-5 Der Psalmist ruft, ungeachtet des Standes, der ganzen Welt zu, seine Botschaft zu hören: der weisen Antwort auf eine rätselhafte Frage, über die er lange nachgedacht hat.

6-7 Die Frage ist: Warum sollten wir uns vor der Bosheit der Gewaltigen fürchten?

8-13 Die Antwort: Wir sollten uns nicht fürchten. Denn selbst der Mächtigste kann sich nicht selbst vom Urteil Gottes über seine Sünde erlösen. Vielmehr wird er sterben, wie das Vieh.

14-16 Doch so sicher der Gottlose sterben muss und bessere nach ihm kommen, so sicher wird der Gottesfürchtige von Gott erlöst werden; von des Todes Gewalt zum ewigen Leben.

17-21 Das Fazit: Das Drohen der Mächtigen soll uns, im Angesicht der Ewigkeit, nicht anfechten. Denn sie werden mitsamt ihrem Reichtum, ihrer Macht und ihrem Ansehen vergehen.


Inhalt

1 Auch Psalm 49 (Buber: "ein Harfenlied"), das letzte dem zweiten Psalmbuch zugeordnete Vortragslied der Korahleviten, ist dem Chorleiter gewidmet. Schon in den Psalmen 44-47 und so auch hier müsste es also zu Beginn heißen: "Dem Chorleiter." und hier weiter: "Von den Söhnen Korach. Ein Psalm."

In der Übersetzung Luthers jedoch fehlt diese Widmung. Zudem geht der angefügte Hinweis "nach der Weise »Jugend«" nicht auf Luther, der sich auf den hebräischen Urtext stützte, zurück - sie ist in den Ausgaben von 1545 und auch in der Revision von 1912 nicht zu finden - sondern wurde erst mit der Revision von 1984 eingefügt.

2-5 Wie ein Herold die Bürger einer Stadt auf den Marktplatz ruft, um seines Königs Willen zu verkünden, so ruft der Psalmist allen Völkern seiner Zeit zu, ihm ihr Gehör und ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Ganz egal, ob es einfache Bürger sind oder die oberen Zehntausend, egal ob sie arm sind oder reich, so bedeutungsvoll ist die Botschaft, dass alle miteinander hören sollen, was der Psalmdichter zu sagen hat:

Die Weisheit, die er in einem Sprichwort, dem er aufmerksam lauschte, vernommen und in seinem Herzen bewegt hat, will er in verständlicher Weise darlegen. Es ist die Antwort auf eine rätselgleiche Frage, die ihm dabei in den Sinn gekommen ist. Und diese Frage ist es, die er zur Musik der Harfe beantworten will.

6-7 Die Frage lautet: "Warum sollte ich mich in schlechten Zeiten fürchten? Warum sollte ich mich fürchten, wenn ich von der Bosheit meiner Feinde umgeben bin? Von prahlerischen Menschen, die sich auf ihr Vermögen verlassen und viel Wind um ihre Besitztümer machen?"

8-13 Die Antwort des Psalmisten liegt in der Zeit, in der Hilflosigkeit des sündigen Menschen gegenüber Gottes gerechtem Urteil über die Sünde und in der noch unsichtbaren Ewigkeit:

Wieviel Geld sie auch haben mögen, als Lösegeld für's ewige Leben wird es nicht reichen. Kein sündiger Mensch kann eines anderen Sünden sühnen oder ihn - schon gar nicht mit Geld - vor Gott freikaufen von seiner gerechten Strafe, das ist: vom Grab und vom ewigen Tod.

Von diesem Gedanken kann er sich für ewig verabschieden, ist doch offensichtlich, dass alle Menschen sterben müssen. Alle trifft das gleiche Los. Egal ob sie Narren oder Weise waren, ihr Vermögen, mit dem sie sich so brüsteten, können sie nicht mitnehmen, sondern müssen es anderen überlassen.

Vielmehr ist es so, dass, egal wie berühmt sie zu Lebzeiten gewesen sein mochten (selbst wenn ganze Länder nach ihnen benannt worden sein sollten, vgl. NeÜ), sie zu Grabe fahren und sie für immer im Totenreich ihre Heimat haben werden. Der Kehrvers fasst die Antwort des Psalmisten auf die Frage nach dem Sinn der Furcht vor der Bosheit der Mächtigen so brillant zusammen: "Ein Mensch in seiner Herrlichkeit kann nicht bleiben, sondern muss davon wie das Vieh."

14-16 Noch einmal bestätigt der Psalmist das soeben Gesagte, so wichtig ist ihm seine Botschaft: Genau so wird es allen Narren gehen, genau so werden alle Prahlhanse enden: sie werden sterben und ihr Leib wird zerfallen (Luther: "ihr Trotz muss vergehen"). Die Herde ihrer Gräber hütet der Tod, dort müssen sie bleiben. Und schon morgen werden Aufrichtige an ihrer Stelle herrschen.

Doch für die Gottesfürchtigen besteht Hoffnung über den Tod hinaus: Gott selbst wird es sein, der Allmächtige persönlich, der uns aus den Krallen des Todes reißt und unser Leben vom Verderben erlöst. Und, Gott sei Dank!, das ist nun geschehen! Im Markusevangelium lesen wir von Jesus Christus, dem Mensch gewordenen Gott: "Denn ... der Menschensohn ist ... gekommen, ... dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele." (Mk 10:45)

In Seiner Erlösungstat allein liegt unsere Hoffnung auf ewiges Leben, ein Leben, welches uns, befreit von aller Schuld und damit von der Macht des Todes (Röm 8:2, 2Tim 1:10, Hebr 2:14, Offb 20:6) und welches gekrönt wird mit der herzlichen Güte Gottes, der uns bei sich aufnimmt, damit wir, mit herrlichen Wohnungen beschenkt, da sind, wo Er ist, der uns geliebt hat his in den Tod (vgl. Joh 14:2, Joh 17:24).

17-21 In den letzten Versen fasst der Psalmdichter das Gesagte noch einmal zusammen: Es soll uns nicht ärgern, wenn ein Mensch zu großem Wohlstand kommt und sein öffentliches Ansehen wächst. Angesichts der Ausgangsfrage: "Wozu sollte ich mich in schlechten Zeiten fürchten - in Zeiten, wenn ich von der Bosheit prahlerischer Menschen umgeben bin, die auf ihr Vermögen pochen?" ist nun klar: der Mächtige und Reiche, der Prahlhans und Narr wird nichts mitnehmen, wenn er stirbt und auch sein weltlicher Ruhm und sein Reichtum werden ihm nicht ins Grab folgen.

Wohl mag er sich dieses Lebens gefreut und nach dem Motto gelebt haben: "Lass es Dir gut gehen, dann schmeichelt man Dir!" und doch muss er, wie seine Vorfahren, sterben und sind in ihrer Gottlosigkeit für immer und ewig abgeschnitten von Christus, dem Licht der Welt und des Lebens (Joh 8:12).

Noch einmal bringt es der Kehrvers auf den Punkt: Solche Menschen sind am Ende ihres Lebens nicht besser daran, als das Vieh. Und dann gilt endlich, was schon Salomo sagte: "dem Menschen, der ihm gefällt, gibt [Gott] Weisheit, Verstand und Freude; aber dem Sünder gibt er ..., dass er sammle und häufe und es doch dem gegeben werde, der Gott gefällt. Auch das ist eitel und Haschen nach Wind." (Pred 2:26)


Fragen und Anregungen zur praktischen Anwendung
  • Gibt es gottlose Menschen in Deinem Leben, die Dich bedrängen und ängstigen?
  • Vertraue auf Gott, der Dich erlöst hat und aus Liebe zu Dir am Kreuz Sein Leben ließ.
  • Und sieh auf das Ende der Geschichte in der Herrlichkeit: Sieh auf zu Christus, "den Anfänger und Vollender des Glaubens, der um der vor ihm liegenden Freude willen die Schande nicht achtete und das Kreuz erduldete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes." (Heb 12:2, ELB)