Montag, 30. Januar 2012

Eine simple Frage...

"...und dass mich stört, 
dass Christen die Gute Nachricht weiter sagen, 
was bedeutet das schon?"


Zuerst einmal würde ich sagen, dass, im Sinne einer angemessenen Beantwortung der Frage, sicher mehrere Aspekte zu betrachten sind - und zwar zumindest diese: Freiheit, Form und Inhalt. Erst dann lässt sich die Frage nach dem persönlichen Standpunkt differenziert genug beantworten. 


Freiheit
Immer wieder kommt es vor, dass Christen das Evangelium, in Nutzung ihrer Meinungs- und Pressefreiheit, nicht nur der Welt verkünden, sondern dies auch ohne Rücksicht auf die Freiheit ihrer Hörer tun; will sagen: ohne ihrem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich ihrer Verkündigung zu entziehen. 

Es ist ein Unterschied, ob ich ohne meine persönliche Einwilligung "beschallt werde" oder ob mir die Möglichkeit gegeben wird, etwaig ungewollter Kommunikation gemäß eigenem Entscheid aus dem Weg zu gehen, bzw. den jeweiligen Informationsaustausch zu einem Zeitpunkt eigener Wahl zu beginnen, zu unterbrechen oder fortzusetzen.

Ideal verlaufen kann solche Kommunikation sicher dort, wo ein Mensch eine konkrete Frage hat und auf diese von seinem Gegenüber eine konkrete Antwort wünscht. Doch auch ungefragte Kommunikation, d.i. ein Artikel, eine Sendung, ein Blog-Eintrag, etc., kann als positiv empfunden werden, wenn der Empfänger die Möglichkeit behält, nur diejenigen Informationen abzurufen, die ihn interessieren und für die er offen ist.

Grundlage für eine gesunde Kommunikation sind also immer der Respekt des Gegenübers und die Achtung der ihm als Grundrecht zustehenden Freiheit - also auch der Freiheit, "Nein!" zu sagen zu dem, was Christ zu sagen hat.


Form
Die "äußere Form" ist ein wesentlicher Motivator für gute Kommunikation und Information. Wenn ich die Zeit meines Gegenübers beanspruchen möchte, ihm also etwas "nehme", dann ist es nur zu verständlich, wenn mein Gegenüber dafür im Gegenzug auch erwartet, dass ich ihm etwas "gebe": Respekt, Achtung & Höflichkeit sind dabei nur die äußere Form; das Minimum an formaler Qualität, die man erwarten können sollte.

Doch auch die "innere Form" spielt eine Rolle in der Kommunikation, denn wenig Menschen begeistern sich für Monologe oder stumpfsinnig vorgetragene, naive Plattitüden. Wer sich gut unterhalten oder informieren will, weiß fachlich versierte, geistig tiefsinnige und sprachlich eloquent vorgetragene Informationen mehr zu schätzen, als billige Sprüche, geistlose Worthülsen oder abgedroschene Phrasen. 


Inhalt
Nicht zuletzt ist es jedoch der Inhalt, der den Ausschlag dafür gibt, ob mir eine Unterhaltung, ein Artikel oder eine Fernsehsendung interessant erscheint, oder aber ob ich abwinke, umblättere, oder weiter zappe. Wenn ich also das, was man mir zu sagen hat, als für mich irrelevant betrachte, dann nimmt es auch nicht Wunder, wenn mein Interesse schnell erlahmt und folglich die Konversation, Lektüre oder sonstige "Berieselung" im Keim erstickt.

Andererseits ist festzustellen, dass die von und mit Christen diskutierten Inhalte wohl von Interesse sind, geht es in aktuellen Debatten doch um Themen, wie "Schöpfung vs. Evolution," "Stammzellenforschung vs. Schutz des ungeborenen Lebens", oder das "Sakrament der Ehe vs. Lebensabschnittspartnerschaften", oder andere Themen, die zur Zeit en vogue sind. Alles in allem also Themen, die den Zeitgeist auch inhaltlich abzuholen geeignet sind.


Die eigentliche Frage
Dennoch gehört die christliche Botschaft mit ihren Inhalten nicht zu den Quotenfängern in den Medien, es sei denn, es geht um den (zum Teil leider berechtigten) Verriss allzu naiver Weltmodelle, Ursprungsvorstellungen oder Sozialreformen.

Was aber ist der Grund für die landläufige Aversion gegen das Christentum? Was ist der Grund dafür, dass sich die -allermeist negativen- Vorurteile gegen Klerus und Kirche, gegen Evangelium und Evangelikale und gegen Christus und sein Erlösungswerk am Kreuz, so hartnäckig halten? 

Liegt es wirklich nur an der Form? An der mangelnden Höflichkeit der Christen? Am mangelnden Respekt vor der Freiheit ihrer Nächsten? Oder am mangelnden Interesse an den vorgetragenen Inhalten? Oder ist es nicht vielmehr so, dass selbst dort, wo die Redefreiheit in gegenseitiger Achtung genutzt und wo interessante und tagesaktuelle Inhalte in ansprechender Form vorgetragen werden, ein gewisses Maß an Antipathie, ja Aversion und Ablehnung bestehen bleibt? Und wenn ja: warum?


Die Spitze des Eisbergs
Die Heilige Schrift gibt auf diese Frage eine klare Antwort. Sie spricht davon, dass wir Menschen seit dem Fall nicht nur von unserem Verhalten her Gottes Ziel verfehlen, das ist: in Denken, Wort und Tat Ebenbild Seiner absoluten und liebenden Vollkommenheit zu sein [1], sondern dass uns ein schwer fassbarer Zustand anhaftet: eine Neigung zum Ungehorsam Seinen Geboten [2] gegenüber. Gebote, die wir vom Verstand her  allesamt für gut befinden und die wir doch, aus für uns ungeklärten Gründen, Tag für Tag aufs Neue brechen.

Die christliche Botschaft jedoch wirft Licht auf eben diesen Mangel. Sie ist eben nicht allein Evangelium (gr. euangelion [euangelion] = "Gute Nachricht"), sondern sie ist auch Kritik. Kritik an unserem Fehlverhalten und damit grundlegend an unserem gestörten Verhältnis zu Gott und seinem Gebot. 

Kritik jedoch ist unliebsam. Sie wird zumeist nicht gern gehört. Und doch ist gerade sie es, die uns im Leben weiter bringt, weil sie es uns erlaubt, uns im Licht der Wahrheit selbst zu erkennen und dort, wo wir Mängel sehen, einen neuen, besseren Weg einzuschlagen. Nicht umsonst sagt das Sprichwort:

"Rüge nicht den Spötter, dass er dich nicht hasse; 
rüge den Weisen, der wird dich lieben."

 -- Sprüche Salomos, 9:8 -- [3]

Die Frage ist, ob wir so weise sind, dass wir die ganze Wahrheit hören wollen? Den wahren Grund, dass wir der Botschaft vehement entgegen treten? Selbst dann, wenn diese Botschaft so an uns herangetragen wird, dass sie uns Freiheit lässt zu hören; in höflicher Form - mit wahrem Inhalt?

Die Antwort - Rückseite der Medallie
Die Antwort ist, dass wir oft lange nicht bereit sind die Wahrheit zu hören. Weil sie so klar ist, dass sie in der Lage ist, unser ganzes wohl getünchtes Selbstbild völlig zu zerstören. 

Die Antwort liegt in Gottes Wort über uns als gefallene, unerlöste Menschen: dass wir "Feinde Gottes" sind [4]: Wesen, welche sowohl Gott selbst, als auch Seiner Wahrheit über unseren Zustand und unser Verhalten, feindlich gegenüber stehen. Deren Selbstverständnis, trotz aller offenkundiger Begrenztheit, Bedürftigkeit, ja sogar trotz aller klar erkennbarer Fehlbarkeit & Fehlerhaftigkeit im Anspruch liegt, zu "sein wie Gott" [5]:
Wir wollen selbst die Regeln machen, nach denen wir leben. Wir wollen selbst bestimmen, was wir anbeten, d.i.: wem wir unsere Zeit, Energie und unser Geld opfern. Wir wollen, dass die Welt sich um uns dreht, um unsere Erkenntnis, unsere Sicht der Dinge, unsere Maßstäbe, unser Wohlbefinden, um unseren Traum vom ganz persönlichen Glück. 

Den augenfälligen Widerspruch, der darin begründet liegt, dass mindestens 5,5 Milliarden weitere Menschen denselben Anspruch erheben, die Welt möge sich um sie drehen und nicht um jemand anderen, erkennen wir nur mit Mühe und meist auch nur dann, wenn die Interessen zweier Parteien kollidieren und es zum Konflikt kommt.

Diesen Anspruch auf die Wahrheit, auf uns, unsere Anbetung, unsere Zeit und unser Verhalten erhebt jedoch ein anderer. Und das zum Glück, dieweil zu Recht: Gott selbst. Er ist im Gegensatz zu uns unbegrenzt, ewig und herrlich [6]. Er bedarf nichts, Er ist unwandelbar [7], heilig [8] und moralisch vollkommen gut [9]

Er allein - nicht wir! - verkörpert jene Qualitäten, die wir zutiefst erhoffen sollten, wenn jemand in der Tat den Absolutheitsanspruch an unser Leben, an unser Denken, Reden und Tun erhebt und sich selber so zum Maßstab macht. Wer wirklich einmal nachgedacht hat über seine eigene Begrenztheit, Fehlbarkeit und seine sonstig ethisch- und moralischen Mängel an Charakter und Tugend, der wird verstehen, warum.

Dieser Gott, der alle unsere Sinne und Denkfähigkeiten übersteigt, wurde in Christus Mensch, weil wir Ihm ansonsten in unserer sinnlichen und kognitiven Begrenztheit überhaupt nicht begegnen, geschweige uns ein richtiges Bild von ihm machen könnten (siehe auch folgender Beitrag im Hinblick auf Transparenz & Immanenz).

Und eben dieser Christus spricht:

"... wer mich sieht, der sieht den, der mich gesandt hat." 

und
"Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; 
niemand kommt zum Vater denn durch mich." 

und letztlich

"Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt ...
so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen." 

sowie

"Darum habe ich euch gesagt, dass ihr sterben werdet in euren Sünden; 
denn wenn ihr nicht glaubt, dass ich es bin, werdet ihr sterben in euren Sünden."


Das sind nicht Worte eines Morallehrers. Oder, um es mit C.S. Lewis auszudrücken: "was dieser Mann gesagt hat, war schlechthin das Unerhörteste, was je über menschliche Lippen gekommen ist. ... Das ist nur dann verständlich, wenn er wirklich Gott ist, dessen Gesetze gebrochen und dessen Liebe durch jede Sünde verletzt wird. Im Mund jedes anderen, der nicht Gott ist, würden diese Worte doch wohl ein Maß von Einfältigkeit und Einbildung zum Ausdruck bringen, das in der Geschichte seinesgleichen sucht. Dennoch haben nicht einmal seine Feinde den Eindruck von Einfältigkeit und Einbildung bei ihm, wenn sie die Evangelien lesen, geschweige denn vorurteilslose Leser. Das ist sehr bezeichnend und beachtenswert. ... Damit versuche ich, jedermann vor dem wirklich läppischen Einwand zu bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, aber nicht seinen Anspruch, Gott zu sein. Gerade das können wir nicht sagen.- Ein Mensch, der solche Dinge wie Jesus sagt, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer - oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden: Entweder war dieser Mensch Gottes Sohn, oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Man kann ihn als Geisteskranken einsperren, man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen." (C.S.Lewis, Pardon, ich bin Christ, S. 56-57, Auszug siehe hier)

Eben diese Analyse Christi jedoch: unsere Sündhaftigkeit und unsere Hilfsbedürftigkeit, die Notwendigkeit unserer Umkehr zu Ihm, unserem Schöpfer [10], Sein Alleinigkeitsanspruch als Gott und Erlöser [11], sie sind es, die unsere Feindschaft herausfordern und unsere Aversionen gegen Ihn durch unseren Widerspruch de facto offenkundig machen: Weil sie uns in unserer gewähnten 'Gottgleichheit' entthronen und uns zur Umkehr rufen.

Das ist die wahre Antwort auf die Frage, warum die Botschaft des Evangeliums so unpopulär ist: Weil sie uns genau dort trifft, wo wir uns zu verbergen suchen: In der Unterdrückung der offenkundigen Wahrheit, dass wir 'gefallene Geschöpfe' sind - abgefallen von der moralischen Vollkommenheit dessen, zu dessen Bild wir geschaffen wurden. In der Unterdrückung der offenkundigen Wahrheit, dass wir Ihm, unserem Schöpfer Rechenschaft schuldig sind für unser gottloses Verhalten, das wir zu rechtfertigen versuchen, indem wir die Wahrheit Gottes "durch Ungerechtigkeit niederhalten" [12].

Die Antwort - Die Vorderseite der Medallie
Die wahre Antwort ist, dass es Gott mit Seiner Wahrheit nicht um unsere Zerstörung geht, sondern darum, uns um der Liebe willen die Wahrheit zu sagen, derer wir bedürfen, um unseren heillosen Zustand zu erkennen. So wie ein Arzt einen Patienten erst dann dazu bewegen kann, die Medizin zu schlucken, wenn dieser erkannt hat, dass er tatsächlich krank ist, so wird auch erst derjenige Mensch das Evangelium anzunehmen wissen, der erkannt hat, dass die Worte Christi Wahrheit sind: über ihn, seinen Zustand und die Notwendigkeit zu Gott zurück zu kehren.

Die Antwort ist aber vor allen Dingen, dass Gott uns die bittere Wahrheit nur aus einem Grunde sagt:  

Weil er uns liebt und sich nichts sehnlicher wünscht, als dass wir die  Schuld unserer Gottlosigkeit erkennen und zurückkehren zu Ihm - weil er uns vergeben und neu mit uns anfangen will:


"Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, 
dass er seinen einzig geboreren Sohn gab, 
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, 
sondern das ewige Leben haben."
(Johannes 3:16)

Darum:

"So sprich zu ihnen: 
So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: 
Ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, 
sondern dass der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe. 
So kehrt nun um von euren bösen Wegen. 
Warum wollt ihr sterben ... ?" (Hesekiel 33:11)


__________________________

[1] 1. Mose 1:26
[2] 2. Mose 20:2ff
[3] Sprüche 9:8
[4] Römer 5:10 
[5] 1. Mose 3:5
[6] Matthäus 6:13
[7] Hebräer 13:8
[8] Jesaja 6:3
[9] Markus 10:18
[10] Kolosser 1:16
[11] Johannes 14:6
[12] Römer 1:18

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