Sonntag, 23. April 2023

Ohne Gebet ist alles Nichts - 4. Wir beten, dass Gott unser Inneres heilt

 





Einleitung

Heute geht es weiter mit der Predigtserie über das Gebet. Und wir hatten ja uns in 2022 die Fragen nach dem "Warum überhaupt beten?" Und nach dem "Wie?" angeschaut und haben dann in diesem Jahr begonnen mit dem "Was?" Und beim letzten Mal war es das Gebetskärtchen "Wir beten zu Gott, dass er uns in seiner wunderbaren Liebe, Gnade und Herrlichkeit begegnet." Und da hatten wir - das ist mir im Nachgang übrigens erst aufgefallen - als Text dazu das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Das wird uns heute wieder begegnen. Ich finde es so schön, das kann man auch zweimal machen. Aber diesmal wird es um die Notwendigkeit gehen, "dass Gott unser Inneres heilt und uns fähig macht zu Vergebung und Versöhnung."

Was ist mir zu dem Thema wichtig?

Warum ist das Thema so wichtig? Ich habe das ja schon mal gesagt und ich sage das gerne auch noch mal: mir liegt unsere Gemeindevision wirklich am Herzen. Gott begegnen, bewegt werden, leben teilen. Und was ich vor Augen habe, ist, dass unsere Gemeinde wie ein helles Licht wird auf einem Berg, was weithin strahlt und dass wir wirklich einen Unterschied machen in unseren Beziehungen, in unserem Leben hier in diesem Stadtteil.

Und so ein vollmächtiges Leben, das setzt voraus, dass wir mit Gott und mit unseren Mitmenschen im Reinen sind. Sonst geht das nicht. Wenn der Kanal verstopft ist, dann geht nichts durch. Und wenn unsere Beziehungen nicht in Ordnung sind, sei es zu Gott, sei es zu unserem Nächsten, dann wird das nichts mit dem Strahlen.

Und die Schwierigkeit ist ja, es gibt Sünde in dieser Welt. Es gibt Sünde in uns, die uns von Gott trennt, von unserem Nächsten. Es gibt Sünde in der Welt, die uns verletzt, die vielleicht dafür sorgt, dass wir uns verschließen. Es gibt vielleicht auch Sünde, die andere verletzt. Ich denke, das kennen wir alle und deswegen denke ich, dass es zwei Dinge braucht: Einmal Heilwerden von Verletzungen. Und das zweite, das wir mit Gott und unserem Nächsten wieder ins Reine kommen. Und das ist für mich wie zwei Seiten einer Münze: Heilung und Heiligung. Es gehört beides immer zusammen und so beten wir das ja auch im Vaterunser "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern." Diese beiden Dinge hängen zusammen.

Das heißt, wir leben auf der einen Seite von Gottes Gnade, die uns die Schuld vergibt, die uns heilt. Und wir leben auf der anderen Seite in Gottes Gnade, die unser Herz weich macht, dass wir vergeben.

Übersicht

Für heute in dieser Predigt habe ich mir drei Punkte vorgenommen.

1. Den ersten habe ich überschrieben mit "Wir sind alle betroffen." Wir sind entweder Täter oder Opfer, aber mit Sünde kommen wir unweigerlich in dieser Welt in Kontakt. Wir sind alle betroffen und ich denke, das es an dieser Stelle um das Reden des Heiligen Geistes gehen wird.

2. Der zweite Punkt. Den habe ich überschrieben mit "Die Liebe des Vaters." Aber eigentlich sind es drei Unterpunkte. Das sind nämlich einmal die zwei Arten, wie man vom Pferd fallen kann. Denn ich kann auf der einen Seite gesetzlos leben, aktiv sündigen, böse Dinge tun oder gute unterlassen. Aber es gibt noch eine zweite Art zu sündigen, nämlich Gesetzlichkeit. Zu versuchen, mir die Liebe Gottes zu verdienen. Und drittens, wie gesagt, die Liebe des Vaters. Das ist genau dieser Punkt: Wie geht Gott mit uns um? Egal, ob wir zur ersten oder zur zweiten Kategorie gehören? Das heißt: (1. + 2.) zwei Wege vom Pferd zu fallen und (3.) die Liebe des Vaters.

3. Und im dritten und letzten Punkt wird es darum gehen "Was können wir jetzt tun?" Was können wir ganz konkret tun im Umgang mit Schuld, im Umgang mit Schmerz? Ja, und da möchte ich uns mit reinnehmen.

Wie betrifft uns das Thema?

Ich hab' es in den letzten Wochen und Monaten immer wieder live erlebt, auch hier bei uns in der Gemeinde, wie Glaubensgeschwister in Konflikte geraten sind. Und jetzt geht es mir hier gar nicht darum zu sagen "Da war der Schuld und da war der Schuld." Mein Vater hat uns ja mit Sprüchen großgezogen. Wir haben das früher gehasst wie die Pest! Also zu jeder Situation. Nicht nur "Morgenstund hat Gold im Mund". Er hatte - für jede nur denkbare Situation hatte Er einen Spruch. Er hatte auch zum Thema 'Streiten' einen Spruch. Und dieser Spruch hieß "Wenn zwei sich streiten, liegen Recht und Unrecht meist auf beiden Seiten."

Und das kann 50:50 sein. Es kann 80:20 sein, in seltenen Fällen kann es auch mal 0:100 sein. Ein Beispiel: Im Kraftwerk Abend - ja, ich denke das kann man laut sagen - da ist der der Frank draußen irgendwo gewesen (und wer den Frank kennt, der weiß, das ist ein ganz lieber Mann!) - und dann ist irgendein seltsamer Mensch gekommen, der ihn mit Gewalt an die Wand geballert hat und ihn verhauen wollte. Und da konnte der Frank jetzt mal überhaupt nichts dafür. Das gibt es auch. 0:100. Aber wie gesagt, in der Regel ist es so "Wenn zwei sich streiten, liegen Recht und Unrecht meist auf beiden Seiten."

Und ich habe das live erlebt, wie zerstörerisch Sünde und Egoismus und Trotz und Schmerz und dieses Sich-Verschließen, sich auf Beziehungen auswirken können. Es kann sein, dass es die Beziehung nur trübt. Es kann aber auch dazu führen, dass Beziehungen komplett abgebrochen werden oder dass wenigstens sich jemand das vornimmt zu sagen "Diese Beziehung breche ich ab." Manchmal geschieht es aus Schutz vor Schmerz. Das kann man sogar nachvollziehen. Manchmal geschieht es aus Trotz oder um den anderen eins auszuwischen. Aber es ist egal. Sünde, egal welche, trübt meine Gemeinschaft mit Gott und es trübt und zerstört meine Beziehung zu meinem Nächsten. Sünde ist ein Beziehungskiller. Ich sage es noch mal. Sünde ist ein Beziehungskiller.

Und ich habe euch aus meinem Leben schon mal ein Beispiel genannt. Den Namen nenne ich jetzt nicht. Ich möchte es heute noch mal sagen, weil es für mich immer noch das beste Beispiel ist, weil es für mich die schlimmste Art war, wie ich jemals in meinem Leben verletzt worden bin - und ich bin betrogen worden in meiner ersten Ehe - und und und... Aber das, das saß noch tiefer.

Das war in der Zeit, wo ich in der Klinik war. Wegen einer schwersten Depression. Das kann man keinem erklären, der da selber nicht drin gesteckt hat - es war ja nicht einfach nur eine Depression: das war wirklich eine Depression mit Angstzuständen, wo ich so am Boden war, wenn mich da jemand nach der uhrzeit gefragt hätte, wäre ich so überfordert gewesen, weil ich hätte den Arm drehen müssen, das ablesen und es in Wörter umwandeln. Und das hätte ich nicht gekonnt.

Und in dieser Situation ist dann damals ein Bruder aus der alten Gemeinde auf mich eingedrungen, in eine Art und Weise... Ein hochintelligenter Mann, der mir intellektuell und verbal überlegen war und der hat mich sozusagen mit Worten in der Luft zerrissen; zerschnitten. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll: ich lag eh schon am Boden und ich habe ihn immer gebeten, damit aufzuhören, was dazu geführt hat, dass er das noch mehr gemacht hat. Und das hat bei mir dazu geführt, dass ich mich irgendwann nicht mal mehr in seine Nähe gewagt habe, aus Angst, wieder verletzt zu werden. Und da könnt ihr euch vorstellen, dass da mit Vergebung auf meiner Seite erst mal gar nicht viel zu holen war... Wie sich das Ganze aufgelöst hat, da möchte ich nachher noch was zu sagen. Aber merkt euch dieses Beispiel einfach mal..

Wie gesagt, ich habe gesagt, ich glaube, das Thema betrifft uns alle. Und es gibt ja nicht ohne Grund auch eine schöne Stelle: 1. Johannes 1, Vers acht. Schauen wir mal, wie schnell wir das finden. [...] 

"Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, betrügen wir uns selbst. Und die Wahrheit ist nicht in uns.""Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, betrügen wir uns selbst. Und die Wahrheit ist nicht in uns."

Ihr Lieben, ich habe bei der Predigtvorbereitung gebetet, dass an dieser Stelle der Heilige Geist einem jeden von uns glasklar macht, worum es heute geht. Und zwar egal, ob du verletzt worden bist, das heißt, als ob du auf der Opferseite stehst oder ob du aktiv selber gesündigt hast. Ich bete und ich bitte euch, dass ihr jetzt einfach mal in euch geht und auf Gottes Stimme hört; auf die Stimme des Heiligen Geistes in eurem Gewissen. Und was es auch sein mag, was Gott euch aufs Herz legt, was dieses Thema angeht: Sünde, Verletzung, vielleicht auch der Wunsch nach Heilung: Halte es bitte in Gedanken fest und höre, was Gott dir im Folgenden zu dieser Sache zu sagen hat. Sei es, um Vergebung zu erfahren. Sei es, um Vergebung zu erbitten. Oder sei es einfach nur dein Herzensschrei nach Heilung.

Was ist Gottes Sicht zu diesem Thema?

Ich habe vor der Ausarbeitung der Predigt mit dem Joey telefoniert und habe gesagt "Ich weiß nicht, was hältst du davon? Stichwort: Lukas, Kapitel 15, Das Gleichnis vom verlorenen Sohn?" Und dann hat Joey mir nicht nur zugestimmt, dass das eine ein gutes Gleichnis wäre, sondern mir dankenswerterweise auch noch gleich ein paar Aspekte mitgegeben [...]. Und ich möchte uns zu Beginn dieses Gleichnis einfach mal vorlesen.

Das Gleichnis vom verlorenen Sohn. 

Lukas Kapitel 15 ab Vers 11:
"Und er sprach. Ein Mensch hatte zwei Söhne, und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. Und nicht lange danach sammelt der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen. Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land, und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes. Der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen, und niemand gab sie ihm. Da ging er in sich und sprach. Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger. Ich will mich aufmachen, zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen 'Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Mach mich zu einem deiner Tagelöhner.' Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, seien sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küßte ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm Vater 'Ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin Ihnen nicht mehr wert, dass ich deinen Sohn heiße.' Aber der Vater sprach zu seinen Knechten 'Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seiner Hand und Schuhe an die Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet es und lasst uns essen und fröhlich sein. Denn dieser mein Sohn war tot und er ist wieder lebendig geworden. Er war verloren und ist gefunden worden.' Und sie fingen an, fröhlich zu sein. Aber der ältere Sohn war auf dem Feld, und als er nahe zum Hause kam, hörte er singen und tanzen, und er rief zu sich einen der Knechte und fragte, was das wäre. Der aber sagte ihm Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wieder hat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater hinaus und bat ihn. Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater 'Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe noch nie dein Gebot übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet.' Er aber sprach zu ihm 'Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein, denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden. Und er war verloren und ist wiedergefunden.' "

Kontext

Bevor wir in diese Geschichte eintauchen, ist es mir wichtig, dass wir uns auch noch mal angucken in welchem Kontext diese Geschichte steht. Warum gibt es dieses Gleichnis überhaupt? Wollte Jesus uns da einfach eine Geschichte erzählen von jemandem, der weiß ich nicht in der Gosse gelandet ist? War das sein Anliegen? Oder wollte er uns ein Gleichnis geben über einen Verstockten? Der sich nicht mitfreuen kann über Gottes Gnade?

Ich möchte uns aus Lukas Kapitel 15, also das gleiche Kapitel, den Abschnitt davor vorlesen. Das sind ein bisschen mehr Verse; aber nur einen Teil. Das sind das Gleichnis vom verlorenen Schaf und das Gleichnis vom verlorenen Groschen. Und am Anfang - dieses Gleichnis vom verlorenen Schaf, das direkt davorkommt - da heißt es:. 
"Es nahten sich zu ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören."
Und jetzt passt auf.
"Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Er aber sagte zu ihnen dies Gleichnis und sprach 'Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat, und wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem Verlorenen nach, bis er es findet. Und wenn er es gefunden hat, legt er es sich auf die Schultern, voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen 'Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.' Ich sage euch, so wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen."
Merkt ihr was? Da kommen die Pharisäer. Und sie meckern. Sie murren. Darüber, dass Gott gnädig ist. Und der Vorwurf, den sie ihm machen, ist 'Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen'. Wo ich mir dann gedacht habe: 'Ja, da haben Sie recht! Genau so ist unser Gott! Genau das tut er! "Er nimmt die Sünder an und isst mit ihnen."

Und ich denke, das ist der Grund, warum Jesus dieses Gleichnis vom verlorenen Sohn erzählt hat. Weil er ihnen das erklären möchte. Das es zwei Sorten von Sündern gibt: Diejenigen, mit denen er isst; die Sünder, die aktiv Gottes Gebot übertreten haben - aber eben auch sie selber [die Pharisäer], die bitter geworden sind in ihrem Herzen. Und letztens, wie Gott mit beiden umgeht. Dazu gleich mehr.

Ich möchte wie gesagt, genau diese drei Aspekte an diesem Gleichnis vom verlorenen Sohn herausarbeiten. Einmal, was uns angeht als Menschen: wie wir links und rechts vom Pferd fallen können, nämlich. 

1. Indem wir durch Gesetzlosigkeit sündigen. 

2. Oder, dass wir in der Gesetzlichkeit stecken bleiben.

3. Aber und am Wichtigsten auch, wie Gott uns dort heraus liebt, und zwar beide, nicht nur den verlorenen Sohn. Auch zu dem anderen geht er heraus und bittet ihn 'Komm doch rein, feiert doch mit!'. 

1. Sündigen durch Gesetzlosigkeit

Was steht da dahinter? Dahinter steht dieser Gedanke "Ich kann tun und lassen, was ich will! Mir hat niemand etwas zu sagen!" Und das ist genau die Ursünde aus dem Paradies ihr Leben. Das ist dieses "vom Baum der Erkenntnis essen", damit ich selber definieren kann, was gut und böse ist. Da brauche ich dann keinen Gott mehr, der mir sagt hier rechts rum, da geht's lang.

Gott allein ist es, der alle Zeit kennt, der alle Umstände kennt, alle Verhältnisse. Er ist allein, gut und allein weise, und deswegen steht ihm allein das Recht zu, zu definieren, was gut und böse ist.

Aber so ticken wir gefallene Menschen nicht. Wir essen vom Baum der Erkenntnis und dann können wir Gott und allen unseren Nächsten sagen, dass die Weise, wie wir die Welt sehen - dass unser Standpunkt - ganz bestimmt der Richtige ist und dass alles andere falsch ist. Das ist die Sünde aus dem Paradies. Wir definieren, was gut und was böse ist.

Und so verhält sich auch der jüngere Sohn. Er behandelt seinen Vater, der ihn von Herzen liebt, als sei er schon gestorben. Er sagt 'Zahle mir mein Erbe aus!' Der Mann ist noch nicht einmal unter der Erde! 'Zahle mir mein Erbe aus!' Die von euch, die Kinder haben und vielleicht schon in dem entsprechenden Alter sind, die können sich vorstellen, wie sich das anfühlt. Dass jemand sagt "Ich kann gar nicht warten, bis du unter der Erde bist! Gib mir meine Kohle!" Das würde mir das Herz brechen.

Aber der Vater, der hat die Größe. Zu sagen "Ja. Wenn du meinst, dass dich das glücklich macht, dann da hast du's." Und es dauert nicht lang, da packt er sein ganzes Geld zusammen und verschwindet. Und er übertritt alle Grenzen eines heiligen Lebens. Er prasst. Er hurt. Er sündigt. Und am Schluss landet er bei den Schweinen. Ich habe mir dazu aufgeschrieben. Summa summarum Er macht aus sich selbst ein stinkendes, unreines Wrack.

Kennst du das?

2. Sündigen durch Gesetzlichkeit

Lass uns mal den älteren Sohn anschauen. Der fällt nämlich genau auf der anderen Seite vom Pferd. Er verprasst sein Geld nicht mit Huren. Er bleibt auf dem Hof des Vaters. Da könnte man doch jetzt sagen: Der ist doch vorbildlich, oder? Toller Sohn! Fleißig. Kommt nie zum Vater und sagt Gib mir mein Erbe vor der Zeit.

Aber hört ihm mal genau zu. Was er sagt und wie er es sagt. "So viele Jahre diene ich dir." Ja, warum? Hat er das aus Liebe getan oder versucht er sich die Liebe des Vaters zu verdienen? Und dann kommen Vorwürfe. "Du hast mir nie einen Bock gegeben." So nach dem Motto "Was bist denn du für einer? Ich bin fleißig, aber du gibst mir gar nichts." Spürt ihr, welche Lebenshaltung da dahinter steckt? Welche Herzenshaltung? "Ich mühe mich ab. Aber ich kriege nicht das zurück, was mir wünsche. Was bist du für ein Vater?"

Und dann diese Aussage: "Dieser Dein Sohn." Kennt ihr das? Wenn Ehepaare sich streiten? "Dein Kind!" Oder "Dein Vater hat gesagt...", sagt die Mutter. Oder die Mutter sagt zum Vater "Deine Tochter...". Ist ja dann nicht mehr meine. Die Ehepaare sagen dann nicht mehr. "Mein Kind" oder der der Sohn hier im Gleichnis, der sagt nicht "Mein Bruder". Merkt ihr was? Die Beziehung ist abgehackt. Das ist nicht mehr sein Bruder. Das gilt nicht mehr. Es ist "Dein Sohn".

Vorwürfe. Und dann eben dieser Hochmut: "Schau ihn dir an, der hat sein Geld mit Huren verprasst. Jetzt schau mich an!" Spürt ihr diese Selbstgerechtigkeit, die da drinsteckt? Dieser Hochmut und dieser Richtgeist nach dem Motto "Ich bin was Besseres und schau dir den an da, diesen Drecksack. Stinkt nach Schwein. Hat dein ganzes Geld verprasst. Und mir gibst du nichts!?" Spürt ihr diese Haltung? Werkgerechtigkeit. Hochmut. Richtgeist. Vorwürfe.

Bei dem stimmt auch was nicht. Ich habe mir aufgeschrieben, er ist ein selbstgerechtes, hochmütiges Wrack, der sich selbst für etwas Besseres hält und der verzweifelt versucht, sich die Liebe des Vaters zu verdienen. Und sich selbst dabei nichts gönnt. Er ist es, der sich nichts gönnt. Das hat ihm der Vater ja nachher auch gesagt: "Alles, was mein ist, ist dein!" Du hättest dir jederzeit was nehmen können. Stand dir frei! Bist mein Sohn! Aber er war auf diesen Trichter. Ich muss mir alles versagen. Ich muss... Er ist es, der sich nichts gönnt. Weil er überfromm ist. Und was kommt am Ende raus? Er ist verbittert. Enttäuscht. Weil alles nicht so funktioniert, wie er sich das vorgestellt hat. Er ist eigentlich genau wie die Pharisäer. Das war ja auch der Grund, warum Jesus dieses Beispiel genannt hat.

3. Die Liebe des Vaters

So wie jetzt die beiden Söhne exemplarisch sind für dich und für mich, Sünder, die auf die eine oder andere Art und Weise ihr Leben und ihre Beziehungen kaputt gemacht haben - entweder durch Ignorieren der Gebote oder durch den krampfhaften Versuch, sich Gottes Gnade zu erkaufen - so steht in diesem Gleichnis auch der Vater exemplarisch für Gott und für seine Liebe und für seine Gnade.

Und das war für mich dann die große Frage Wie geht jetzt Gott mit solchen Sündern wie uns um? Genau so, wie man es ihm vorgeworfen hat: "Er nimmt sich der Sünder an und isst mit ihnen!" Und dabei geht er mit jedem der Söhne anders um: Der Sohn, der von den Schweinen kommt, wo jeder sagen würde, der stinkt. Den kann ich doch nicht mal in den Arm nehmen! Der ist wirklich dreckig. Was macht der Vater, während der noch so dreckig stinkend nach Hause kommt? Läuft auf ihn zu, fällt ihm um den Hals. Aber nicht nur das - woran man schon sehen kann, dass er ihn maßlos liebt: dass ihm das völlig wurscht ist. Alles, was ihn interessiert, ist die Beziehung wird wieder heil! Der Sohn ist zurück! Er gibt ihm seine Würde zurück. Er gibt ihm schöne, frische Kleider. Schuhe an seine Füße. Er sagt, glaube ich sogar, "Gib ihm, gib ihm das beste Kleid, was wir da haben."

Aber nicht nur das, er gibt ihm auch seine Stellung zurück. Dieses "Gebt ihm einen Ring an seinen Finger." Wisst ihr, wofür so ein Ring früher gut war? Da war ein Signet drauf. Ein Siegel, mit sind die Leute hergegangen und haben einen Kaufvertrag unterschrieben und haben gesagt: "Passt." Das war, wie wenn wir heute Stempel und Unterschrift draufmachen oder zum Notar gehen. Damit konnte man Handelsgeschäfte abschließen. Das heißt, der Vater setzt ihn wieder ein in seine Stellung als Sohn. Als jemanden, der Autorität und Rechte hat an diesem Hof.

Wenn du dich also in diesem Sohn wiedererkennst, wenn du dich durch Sünde verunreinigt hast, dann lass dir das sagen: Gott wartet sehnlichst darauf, dass du umkehrst zu ihm. Und er wird dir voller Freude um den Hals fallen, selbst wenn du noch stinkst. Er wird dir deine Würde und deine Stellung zurückgeben, weil er dich maßlos liebt.

Und wie geht Gott jetzt mit dem mit dem älteren Sohn um? Hält er dem eine Strafpredigt? "Du selbstgerechter Pharisäer! Dir werde ich mal zeigen, was heilig ist"? Im Gegenteil! Er sagt ihm zu... - also erst mal: er geht raus zu ihm. Der Sohn geht ja nicht mal rein. Zum Feiern geht der Vater raus und bittet ihn reinzukommen und mitzufeiern. Merkt ihr was? Er geht auf ihn zu, um diese Beziehung wieder herzustellen. Obwohl da einer ist, der ist hochmütig, der ist selbstgerecht, der ist verbittert. Der macht ihm nur Vorwürfe. Der ist total in sich selbst gefangen. 

Der Vater geht raus. Der geht auf ihn zu. Und er sagt "Alles was mein ist, ist dein!" Warum versagst du dir all das Gute? Du hättest dir deinen Bock zum Feiern nehmen können. Hatte doch nie jemand was dagegen. Du hast dir das versagt. Du musst dich nicht quälen. Du musst dir nicht jede Freude versagen. Du musst dir meine Liebe nicht verdienen. Und er lädt ihn ein, das Leben und auch die Gnade, die seinem Bruder widerfahren ist, zu feiern.

Und als ich das gelesen habe. Also ich bin von beiden Seiten vom Pferd gefallen in meinem Leben. Ich war sowohl der erste als auch der zweite Sohn. Und als ich mal wieder in einem meiner 'Ich muss mir Gottes Liebe verdienen' Momente unterwegs war, da war ich bei meinem besten Freund in Belgien. Der hat eine ganz wunderbare Frau, die ist Malerin und Lehrerin. Und die hat mir dann an irgendeiner Stelle mal gesagt "Je moet ook genieten.". Zur Übersetzung. "Du musst auch genießen." Und dann hat sie mir aus dem Buch Prediger etwas vorgelesen, wo so ungefähr drinsteht - ich habe es jetzt nicht mehr genau auf der Reihe - dass wir mit unseren Lieben essen und trinken sollen und das Leben genießen, denn das ist der Wille Gottes, das hat ihm längst wohlgefallen. Und das hatte ich völlig aus dem Blick verloren. Das ist Gottes Wille für uns, dass wir Leben haben in Fülle.

Wenn du dich also in dem älteren Sohn wiedererkennst, dann lass dir sagen: Lass los von deinen verzweifelten Versuchen, Gott zu gefallen. Er hat dich je und je geliebt. Und er möchte, dass du das Leben mit ihm und mit deinen Geschwistern und mit deinen Mitmenschen genießen kannst. Weil er dich längst liebt.

Was kannst du jetzt tun?

Wenn du bisher versucht hast, dir Gottes Liebe zu verdienen, dann bitte ich dich: Schau auf seine Gnade! Bitte ihn um Vergebung für deine Werkgerechtigkeit. Und lass dich einfach von ihm tragen. Und fang an, dein Leben zu genießen. Wenn du bisher in Selbstgerechtigkeit auf andere herabgeschaut hast, wenn du deine Mitmenschen verurteilt und verletzt hast: Dann bitte Sie um Vergebung und bring die Beziehungen, die zerbrochen sind, wieder in Ordnung.

Und wenn du dich wie der jüngere Sohn an Gottes Geboten vergangen hast, wenn du dich verunreinigt hast mit schlimmen Sünden: Bitte Gott um Vergebung. Er steht nach wie vor mit offenen Armen da. Und ihm ist es egal, ob du stinkst.

Und wenn an dir gesündigt wurde und du so verletzt wurdest wie der Vater. Dann würde ich dir sagen, als allererstes, "Geh mit deinen Schmerzen zu Jesus und bitte ihn um Heilung."

Und da sind wir ja jetzt auch genau bei diesen Gebetskärtchen, die habe ich jetzt noch mal mitgebracht. Ich hab' die auch in eine Reihenfolge gebracht. Und das ist jetzt die zweite: "...dass Gott unser Inneres heilt und uns fähig macht zu Vergebung und Versöhnung." 

Ich denke, dass das Dinge sind, die nicht einfach so passieren. Weil wenn man verletzt wurde, dann ist es nur natürlich, dass man sich verschließt, dass man Angst hat, wieder verletzt zu werden. Deswegen ist es so wichtig, dass wir als allererstes beten. Deswegen gibt es dieses Gebetskärtchen: Dass Gott es in unseren Herzen bewirkt. Diese Heilung, die wir brauchen: diese Fähigkeit zu vergeben, wie der Vater vergeben hat.

Und wenn du allein nicht weiterkommst, dann bitte, bitte!, such dir einen Seelsorger, eine Seelsorgerin. Egal, ob es jetzt der Joi ist oder der Jochen oder ich oder die Regina oder die Karin oder die Moni. Such dir jemanden, der dein Vertrauen hat und schütte dein Herz aus. Und dann mag es ein Weg sein. Manchmal ist es schwer und braucht viel Zeit und viel Gebet. Und viel reden. Aber nimm dir diese Zeit. Denn Vergebung befreit.

Ich hatte euch dieses Beispiel genannt aus meinem Leben mit diesem Menschen, der mich so verletzt hat. Bei mir war es tatsächlich im Gebet. Ich habe gebetet... Ich hatte Offenbarung gelesen... Werde ich nie vergessen... Da haut es mich immer um: Wir werden einmal am gläsernen Meer stehen. Wer von euch die Offenbarung kennt, der weiß, was ich meine. Und Scharen über Scharen von Menschen, die Gott gerettet hat, werden dort stehen und singen. Aus Dankbarkeit, aus Freude; vor diesem gläsernen Meer, vor dem Thron Gottes. Das hatte ich gelesen.

Und dann habe ich gebetet. Und in meinem Gebet war mir, als wenn ich dort schon stehen würde; vor Gottes Thron. Und dann hat Gott mich gefragt "Was ist mit diesem Menschen, der dich so verletzt hat? Möchtest du, dass ich ihn verurteile?" Und dann habe ich mir gedacht Ja, was würde dann passieren? Der würde zur Hölle fahren. Und dann habe ich gesagt "Das will ich nicht." Und dann hat Gott gesagt "Was willst du dann?" Und dann habe ich gesagt "So schwer, wie es mir fällt. Aber dann lasse ich ihn gehen. Sei ihm gnädig, wie du mir gnädig bist."

Und in dem Moment ist mir - weiß ich nicht - ein mittleres Vorgebirge vom Herzen gefallen. Ich kann es mit Worten nicht beschreiben. Das hat mich freigesetzt auf eine Art und Weise, das habe ich so noch nie erlebt. Es war auf einmal... - diese ganze Last war auf einmal weg.

Und jetzt möchte noch etwas sagen: Wir haben gesagt, Vergebung und Versöhnung, das sind zwei Paar Schuhe.

Ich stelle mir eine Beziehung zwischen zwei Menschen immer vor wie einen Faden, wie ein kleines Band. Und beide halten fest. Es kann sein, dass Schuld passiert und der eine oder auch der andere lässt los. Vergebung ist, wenn ich von meiner Seite ausgehe und diesen Faden wieder in die Hand nehm; wie eine ausgestreckte Hand, die ich dem anderen entgegenstrecke und sage "Ich habe dir vergeben." Von meiner Seite aus, von meinem Ende des Fadens kann diese Beziehung geheilt werden. Und ich denke, das ist das, was wir tun können. Ob der andere dann diese Hand ergreift und den Faden wieder aufnimmt, das wäre Versöhnung. Aber das liegt nicht bei uns.

Zum Schluss möchte ich uns allen etwas wünschen und nochmal, auch mit im Blick auf unsere Vision -, dass wir eine hell leuchtende Gemeinde werden, in gesunden, frohen Beziehungen; ungetrübt. Diese Befreiung, diese Heilung zu erleben und darum zu bitten.

Amen.

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