Sonntag, 8. Januar 2023

Du bist ein Gott der mich sieht (1.Mose 16, 13)


Einleitung

Guten Morgen, ihr Lieben! In der heutigen Predigt geht es ja um die Jahreslosung für das vor uns liegende Jahr. Erst mal finde ich das schon mal krass, dass schon wieder ein Jahr vorbei ist. Mein Vater hat es früher immer gesagt: "Je älter man wird, desto schneller geht's." Ich habe das damals nicht geglaubt, aber mittlerweile glaube ich es immer mehr.

Bevor ich euch jetzt einen Überblick über die Predigt gebe, möchte ich euch versichern, dass ich diese Predigt mindestens ebenso nötig habe wie ihr. Erstens habe ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und vor allem bin ich schon gar kein großer Glaubenskrieger, den nichts mehr anficht. Ganz im Gegenteil. Ich war in den letzten Tagen sehr angefochten und ich habe mir gedacht, wahrscheinlich ist es deswegen passiert, damit ich in der Predigt was Gescheites zu sagen habe. Und wenn ich wenn ich von Anfechtungen geplagt bin, dann sind das in der Regel drei verschiedene Arten von Anfechtungen. Und eine davon möchte ich heute mit euch teilen. Und diese Anfechtungen haben mit der Erfahrung zu tun, die ich wohl einmal zu oft in meinem Leben gemacht habe. Und das ist das Verlassenwerden.

Ich habe das vielleicht sogar schon mal erwähnt. Ich kann mich nicht mehr dran erinnern. Falls ja, verzeiht mir, dass ich mich wiederhole, aber als ich anderthalb Jahre alt war, als mein Bruder geboren wurde, bin ich für mehrere Wochen weggegeben worden zu Bekannten. Und das war damals offensichtlich ein ziemlicher Schock für mich als kleines Kind, weil ich konnte mit anderthalb schon sehr gut sprechen, also auch komplizierte Wörter sowie Lokomotive. Das ist ja jetzt nicht unbedingt ein Wort für Anderthalbjährige. Und als ich zurückkam von diesen, ich weiß nicht mehr, wie viele Wochen das waren, wo ich komplett alleine war bei fremden Leuten habe ich nur noch gesagt Glocken machen bim bam! Das war alles, was aus mir herausgekommen ist, weil neben dem kleinen Zimmer, wo ich geschlafen habe, da erinnere mich auch heute noch daran. Da stand ein Glockenturm. Und der hat halt regelmäßig zu jeder Viertelstunde, zu jeder halben Stunde, zu jeder 3/4 Stunde und zu jeder Stunde bim bam! gemacht. Mit zwölf 1/2 habe ich dann meine Mutter verloren durch die Scheidung meiner Eltern, die ich dann erst mit knapp 30 Jahren wiedergefunden habe, also als ich 30 war und da hatte sie schon Krebs und ist wenige Jahre danach gestorben. Dann meine erste große Liebe - ich hatte ja auch noch ein Leben vor dem Glauben - die hat mich x mal für andere Männer verlassen und auch meine erste Frau hat mich für einen anderen Mann verlassen. Und dann gibt es noch ein paar andere kleine Ereignisse, die in die gleiche Kerbe gehauen haben.

Und da könnt ihr euch vorstellen, dieser Stachel sitzt tief, sehr tief. Und wenn, dann in meinem Leben schwierige Phasen kommen, in denen ich nicht mehr weiter weiß und in denen ich bete wie verrückt, dann sind das Phasen, in denen ich mir wünsche, ich könnte Gottes Nähe spüren, in denen ich mir mehr als alles in der Welt wünsche, dass Gott meine Gebete erhört, damit ich an der Gebetserhörung erkennen kann, dass er noch bei mir ist.

Und meistens bete ich dann mit "Geduld" - also: "Herr, gib mir meine Gebetserhörung jetzt gleich sofort!" Da stehe ich mir also sozusagen selber mit der mit der guten Erfahrung im Weg. Und wenn dann die Erfahrung der Nähe Gottes ausbleibt und wenn dann die Gebetserhörung ausbleibt, die ich mir so sehr wünsche, dann kriege ich unglaublich Schiss. Und zwar nicht Schiss, weil ein Gebet nicht erhört wurde, sondern weil ich daraus die falschen Schlüsse ziehe. Nämlich, dass Gott mich auch verlassen hat. Dass ich ihm einfach zu sündig bin, dass er nichts mehr mit mir zu tun haben will und dass diese nicht erhörten Gebete ein Beweis dafür sind, dass er mich längst verstoßen hat. Und dann ist für meine subjektive Erfahrung kaum noch was zu machen, außer noch mehr zu beten. Und selbst das ist manchmal - wenigstens in der Art und Weise, wie ich dann darauf reagiere - nicht die richtige Lösung.

Die richtige Lösung wäre, sich auf Gottes Wort zu stellen. Aber davon später mehr. Ich denke, ihr seht, ich brauche die Predigt heute mindestens so sehr wie ihr. Ich werde sie mir wahrscheinlich irgendwann auch mal selber anhören. Das ist ganz lustig, wenn man selber predigt und sich seine eigenen Predigten ein, zwei Jahre später noch mal anhört, dann ist es, als wenn jetzt jemand anders predigen würde.

Ja, dann lasst uns mal schauen, was heute auf dem Speiseplan steht.


Übersicht

Zunächst einmal möchte ich natürlich unseren Text mit uns lesen und ihr kennt mich ja: Die Jahreslosung ist nur ein Vers. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich nur diesen Vers predigen würde und uns nicht den kompletten Kontext mitgeben würde. Also werden wir den kompletten Text lesen und unter der Überschrift "So ist der Mensch." möchte ich uns dann kurz skizzieren, was uns der Text über uns Menschen sagt. Und zwar über unsere unglaubliche Begabung, Probleme unseres Glaubenslebens immer wieder ohne Gott lösen zu wollen, mit eigener Kraft, mit eigener Weisheit und was dabei an grausigen Ergebnissen herauskommt. Unter der Überschrift "So ist Gott!" Möchte ich uns aber vor allem - und auch mich - daran erinnern, was für einen wunderbaren Gott wir haben. Ein Gott, dem es nie zu viel wird. Ein Gott, der alles kann und der sich zu uns herab beugt, weil er für uns ist. Und der uns hilft. Und ganz zum Schluss möchte ich uns dann drei Verse mit auf den Weg geben. Drei Verse, die alles Gehörte noch einmal zusammenfassen. Drei Verse, die in ihrem dritten Vers, der Jahreslosung, ihren Höhepunkt finden. Drei Verse, von denen ich hoffe und bete, dass Gott sie gebraucht, um euch und uns Trost und Hoffnung zu geben, in allen Anfechtungen, die ihr entweder vielleicht gerade durchlebt oder möglicherweise in diesem Jahr noch durchleben werdet.

Zunächst aber unser Text. Der steht in 1. Mose 16. Ich lese jetzt mal die Verse 1 bis 13. Also der Abschnitt geht eigentlich bis Vers 15, aber ich habe mir gedacht, ich höre mal bei Vers 13 auf. Der ist überschrieben mit "Hagar und Ismael". Ich lese aus der Lutherübersetzung: 

"Sarai, Abrams Frau, gebar ihm kein Kind. Sie hatte aber eine ägyptische Magd, die hieß Hagar. Und Sarai sprach zu Abram: Siehe, der HERR hat mich verschlossen, dass ich nicht gebären kann. Geh doch zu meiner Magd, ob ich vielleicht durch sie zu einem Sohn komme. Und Abram gehorchte der Stimme Sarais. Da nahm Sarai, Abrams Frau, ihre ägyptische Magd Hagar und gab sie Abram, ihrem Mann, zur Frau, nachdem Abram zehn Jahre im Lande Kanaan gewohnt hatte. Und er ging zu Hagar, die ward schwanger. Als sie nun sah, dass sie schwanger war, achtete sie ihre Herrin gering. Da sprach Sarai zu Abram: Das Unrecht, das mir geschieht, komme über dich! Ich habe meine Magd dir in die Arme gegeben; nun sie aber sieht, dass sie schwanger geworden ist, bin ich gering geachtet in ihren Augen. Der HERR sei Richter zwischen mir und dir. Abram aber sprach zu Sarai: Siehe, deine Magd ist unter deiner Gewalt; tu mit ihr, wie dir’s gefällt. Da demütigte Sarai sie, sodass sie vor ihr floh. Aber der Engel des HERRN fand sie bei einer Wasserquelle in der Wüste, nämlich bei der Quelle am Wege nach Schur. Der sprach zu ihr: Hagar, Sarais Magd, wo kommst du her und wo willst du hin? Sie sprach: Ich bin von Sarai, meiner Herrin, geflohen. Und der Engel des HERRN sprach zu ihr: Kehre wieder um zu deiner Herrin und demütige dich unter ihre Hand. Und der Engel des HERRN sprach zu ihr: Ich will deine Nachkommen so mehren, dass sie der großen Menge wegen nicht gezählt werden können. Weiter sprach der Engel des HERRN zu ihr: Siehe, du bist schwanger geworden und wirst einen Sohn gebären, dessen Namen sollst du Ismael nennen; denn der HERR hat dein Elend erhört. Er wird ein Mann wie ein Wildesel sein; seine Hand wider jedermann und jedermanns Hand wider ihn, und er wird sich all seinen Brüdern vor die Nase setzen. Und sie nannte den Namen des HERRN, der mit ihr redete: Du bist ein Gott, der mich sieht. Denn sie sprach: Gewiss hab ich hier hinter dem hergesehen, der mich angesehen hat." 

Mal bis hierher.


So ist der Mensch.

Bevor ich etwas zu dem eigentlichen Text sage, möchte ich uns noch einmal ganz kurz in die Vorgeschichte zu diesem Text mit hinein nehmen. Wer das Alte Testament schon einmal gelesen hat, ganz besonders das Buch Genesis, der weiß, dass Gott Abram eine Verheißung gegeben hatte. Er hatte ihm einen Sohn versprochen. Und ich denke, das ist ganz wichtig, das im Hinterkopf zu behalten, dass dieses Versprechen schon einige Zeit her war. Wie viele Jahre genau, das wissen wir nicht. Aber eines ist sicher Wenn Gott etwas verspricht, dann wird er sein Versprechen halten. Um was es auf unserer Seite dann braucht, das ist Glauben. Und zwar einen Glauben, der sich ausdrückt in Vertrauen und in Geduld. Was es braucht, ist, dass wir die Lösung von Gott erwarten und nicht von uns. Soviel mal zur Vorgeschichte.

Jetzt zum Text. Wie gesagt, dieser von Gott verheißene Sohn Isaak, der ließ lange auf sich warten, wahrscheinlich viele, viele Jahre. Und selbst nach dieser Begebenheit, von der wir gerade gehört haben im Text, mussten Abram und Sarai nochmal 14 Jahre warten, bis Gott sein Versprechen dann endlich eingelöst hat. Also ihr spürt schon: das kann dauern! Und offensichtlich haben Sie gedacht "Das wird wohl nichts mehr. Ja, er hat es uns versprochen, aber wahrscheinlich müssen wir uns selber drum kümmern." Und so gibt dann die Sarai ihre Magd Hagar ihrem Mann zur Nebenfrau. Und was wir dann lesen ist, dass der Schuss komplett nach hinten losgeht. Denn die Hagar fängt an, Sarai zu verachten. Sarai macht Abram Vorwürfe. Abram zieht sich aus der Affäre. Dann fängt die Sarai an, die Hagar psychisch fertig zu machen. Und zu guter Letzt haut die Hagar völlig verzweifelt ab in die Wüste, in Richtung Ägypten, ihrer alten Heimat. Ihr Lieben, so schaut es aus, wenn menschlicher Zweifel und menschliche Ungeduld nicht auf Gottes Lösungen warten können. So schaut es aus, wenn menschliche Weisheit und menschliche Aktionen das Ruder ergreifen. Wenn der Mensch sich selber helfen will. Ich habe dann drunter geschrieben: "Was für ein wunderbares Potpourri menschlicher Sünde!"

Schauen wir mal genauer hin.

Mangelnder Glaube. Abram und Sarai haben auf das Warten Gottes nicht länger warten wollen und haben gemeint, sie müssten selber nachhelfen. Das ist das, was in der Bibel 'fleischliche Werke' genannt wird, das heißt Aktionen, die in menschlicher Weisheit und in menschlicher Kraft ihren Ursprung haben. Das Gegenteil davon sind natürlich 'geistliche Werke'. Das sind Wunder oder Gebetserhörung, die allein in Gottes Verheißung, allein in seinem Willen und allein in seiner Kraft ihren Ursprung haben. Und diese Sünde, dieser mangelnde Glaube, diese 'fleischlichen Werke', damit fängt dieses ganze Desaster an. Und das ist immer so, wenn wir nicht warten können auf Gott. Wenn wir meinen, die Dinge selber in die Hand nehmen zu müssen, dann kommt am Ende nichts als Herzeleid dabei heraus.

Konkret hier: die Verunstaltung der Ehe. Was wir dann in unserem Text dazu lesen, ist eine krasse Verzerrung des Bildes der Ehe, die Thomas Meyer immer so schön zusammengefasst hat mit "Ein Mann und eine Frau - ein Leben lang in Treue." Man könnte jetzt sagen ja, der Vorschlag kam ja von der Sarai. Aber mal ehrlich, der Abram hätte ja nicht wirklich mitmachen müssen, oder?

Und ihr Lieben, ich denke, das ist ein Unding, was da passiert ist und leider ein Unding, was auch in unserer heutigen Zeit immer weiter um sich greift. Ich denke, dass die Ehe, so wie sie von Gott gedacht war "Ein Mann und eine Frau - ein Leben lang in Treue" auch heutzutage unter extremem Beschuss ist. Ich kann und werde darauf hier jetzt nicht weiter eingehen. Aber eins möchte ich sagen Gott hat die Ehe ja nicht nur gestiftet, damit wir nicht alleine sind. Er hat die Ehe vor allem gestiftet, weil die Ehe ein Bild ist. Und zwar ein Bild dafür, wie sehr er seine Gemeinde, seine Kirche, seine Kinder liebt. Das kann man im Epheserbrief, Kapitel 4, nachlesen, wo Paulus das erklärt, dass die Ehe eigentlich ein Bildnis ist, etwas, an dem wir etwas erkennen sollen. Nämlich so, wie Mann und Frau in ihrer Ehe Beziehung zueinander und miteinander leben, das ist ein Bildnis, wie Gott zu seiner Gemeinde steht und mit ihr lebt und sie liebt. Und weil das ein Bild ist, deswegen darf dieses Bild nicht zerstört werden.

Also die Ehe wird verunstaltet. Das Nächste, was passiert: Hochmut und Verachtung. Wir sehen in unserem Text auf Seiten von Hagar die Sünde des Hochmuts und der Verachtung. Ein Mangel an Respekt. Jetzt bin ich ja keine Frau und schon gar keine Frau aus den Zeiten des Alten Testaments. Von daher kann ich mir auch kaum vorstellen, wie schwer es für Sarai gewesen sein muss und wie schmerzhaft: keine Kinder bekommen zu können. Es war ja in den damaligen Zeiten für eine Frau eine Ehre. Und auch heute denke ich, ist es noch so, dass eigentlich - ich denke, jede Frau; ich weiß es nicht - sich das von ganzem Herzen wünscht: Kinder bekommen. Aber dann von genau der Frau, von der man sich die Hilfe erwartet hat, die man sozusagen dann auch noch zum eigenen Mann, den man ja liebt, schickt, dass die sich dann so über einen erhebt und einen verachtet! Das muss der Sarai sicherlich im Herzen sehr wehgetan haben.

Und was macht die Sarai dann damit? Jetzt kommt es zu Schuldzuweisungen. Die Reaktion von Sarai ist auch nicht besser. Anstatt sich an Abram zu wenden und sich an ihn anzulehnen oder ihm ihr Leid zu klagen, klagt sie ihn an. Es muss ja immer einen Schuldigen geben. Es hagelt Vorwürfe und Schuldzuweisungen. "Du bist schuld!" Mal unter uns: wer ist denn auf die Idee gekommen?

Und wie reagiert Abram? Bequemlichkeit. Der zieht sich klassisch aus der Affäre, nach dem Motto: "Es ist ja deine Magd. Mach halt, was dir passt. Was hab ich damit zu tun? Ich bin ja völlig unbeteiligt." Und zwischen den Zeilen hören wir raus: eben dieses Quantum Bequemlichkeit. Regelt ihr euren Quatsch doch alleine, aber lasst mich damit in Ruhe! Und ich glaube, das ist jetzt auch nicht die Art von Verantwortungsbewusstsein und Hilfe, die sich eine Frau in der Not von ihrem Ehemann erwartet.

Reaktion darauf? Ihr merkt schon, das ist so ein richtiges Ping Pong Spiel. Eins gibt das andere: Bosheit, Zorn und Rache. Nach dieser Ansage von Abraham reagiert Sarai mit Zorn und mit Rache. Sie verspürt den dringenden Wunsch, ihre Widersacherin psychologisch fertigzumachen. Und ich glaube, was hier am Werk ist, ist eine im Stolz verletzte Seele. Ich denke, einer der Gedanken, die die Sarai getrieben haben mögen, ist: "Dir werde ich zeigen, wo der Hammer hängt!"

Und last but not least: Unglaube und Verzweiflung. Ganz am Ende dieser Kette von Sünden steht Hager. Die kein Vertrauen (mehr) auf Gott hat. Und die in ihrer sicherlich schwierigen Situation komplett verzweifelt. Und keine andere Lösung mehr weiß, als die Flucht in die Wüste anzutreten. Wir lesen: Sie ist nach Schur unterwegs gewesen. Ich habe meine Frau noch einmal gefragt. 'Ssur' heißt auf Arabisch 'Zaun'. Das war also ein Ort, wo eine Begrenzungslinie ging, wo die Ägypter sozusagen ihr Land verteidigt haben. Sie war also auf dem direkten Wege zurück nach Ägypten, in ihre Heimat. Nix glauben, nix Vertrauen auf Gottes Eingreifen. Nicht einmal ein Gebet. Einfach nur noch weg hier.

Fazit: Wir Menschen sind sündig. Wir sind auf uns selbst fixiert und wir machen nichts als Unfug. Überall menschliche Lösungen und deren Folgen. Lauter Sünde, wohin das Auge blickt. Wir zweifeln daran, dass Gott sein Zeug alleine auf die Reihe kriegt. Wir meinen immer, wir müssten selber etwas zur Lösung beitragen. Doch alles, was dabei herauskommt, ist Herzeleid und noch mehr Herzeleid.


So ist Gott!

Wie geht jetzt Gott mit solchen Menschen um? Ja, wie geht Gott mit solchen Menschen um?

Bevor wir diese Frage beantworten können, oder besser, damit wir diese Frage beantworten können. Lass uns uns mal kurz in die Hager hineinversetzen. Wie ist es Ihrer Seele wohl gegangen? Was hat sie seelisch durchgemacht?

Zuerst einmal wird sie ihrem Herrn einfach mal so als Nebenfrau angeboten. Nix freie Entscheidung. Ja, man könnte jetzt sagen, zur damaligen Zeit hätte man das vielleicht als Möglichkeit gesehen, seinen Stand zu verbessern, weil 'Nebenfrau' ist jetzt sicherlich schon nochmal ein besserer Job als 'Sklavin'. Und trotzdem finde ich, dass diese Nummer von der Sarai maßlos zu weit geht. Alttestamentliche Sitten hin oder her. Ja, stellt euch das mal vor, ihr wärt die Hagar: ihr seid Sklavin, ihr habt eh' nichts zu melden und eure Herrin kommt jetzt einfach und sagt "So! Hier! Du nimmst jetzt mal meinen Mann. Viel Spaß!" Also ich denke jeder Frau dreht sich da der Magen um.

Und dann wird sie tatsächlich schwanger. Und ich glaube, sie freut sich darüber, dass sie jetzt schwanger ist. Sie freut sich ein Loch in den Bauch. Obwohl die Situation so - weiß nicht: wie übersetzt man awkward? - so schief ist. Denn ich denke, sie fühlt sich gesegnet. Das war damals so. Die Schwangerschaft einer Frau, überhaupt dass eine Frau schwanger sein konnte, war eine Ehre in der Gesellschaft. Und vor allem muss man sich ja jetzt überlegen sie ist ja jetzt keine Sklavin mehr. Sie ist jetzt zwar nicht Ehefrau, aber sie ist jetzt Nebenfrau; immerhin. Und sie wird dem Stammvater Abram einen Erben gebären. Hmm, das ist doch mal was, oder? Und ich denke, die ist innerlich geplatzt vor Stolz. Und genau in diesem Stolz glaube ich, übertreibt sie es dann auch. Denn wahrscheinlich hat sie gedacht "Jetzt bin ich was Besseres!" Und was passiert dann? Dann wird sie noch mehr geknechtet.

Die gute Nachricht Übersetzung gibt das so wieder: "Sarai ließ daraufhin Haga die niedrigsten Arbeiten verrichten." Ich muss dann immer an diese Filme denken, wo die Leute mit der Zahnbürste im Gefängnis des Klo putzen müssen. Also die hat ihr richtig übel zugesetzt, die Sarai. Könnt ihr euch da reinfühlen? Sie kommt von ganz unten. Auf ihrer Visitenkarte steht 'ägyptische Sklavin'. Und dann hat sie zum Ersten Mal in ihrem Leben das Gefühl, doch noch im Sozialgefüge aufsteigen zu können. Doch stattdessen wird sie am Ende noch übel malträtiert. <POFF!> Alle Hoffnungen zuschanden. Und dann haut sie ab. Mit verletztem Stolz. Hoffnungslos verzweifelt.

Doch dann, als das Chaos kompletter nicht mehr werden kann, greift Gott in seiner freien Gnade ein. Und denkt daran, die Hagar hatte noch nicht mal darum gebeten! Wir lesen von keinem Gebet. Die ist einfach verzweifelt abgehauen. Die wusste nicht mehr ein und aus. Aber der Engel des Herrn - der steht ja im Alten Testament für eine, ich sage jetzt mal 'Epiphanie', also für eine Gotteserscheinung (keiner kann Gott direkt sehen, aber dieser Engel des Herrn steht immer für die Gegenwart Gottes, die in diesem Engel präsent ist) - also Gott weiß, woher die Hagar kommt. Und er weiß auch, wie sie dahin gekommen ist, wo sie jetzt ist. Er weiß, warum sie dort ist. Und vor allem weiß er auch, wer sie ist. Sie ist immer noch Sarai's Magd, auch wenn sie weggelaufen ist.

Aber Gott macht ihr keine Vorwürfe. Er spricht sie an! Und er ruft sie zu Umkehr im wahrsten Sinne des Wortes. Er ruft sie auf zu Demut und Unterordnung. Er ruft sie auf zum Gehorsam. Aber vor allem macht er ihr klar: "Der Herr hat dein Elend erhört!" Gott wusste, wie's der Hagar ging, auch ohne ein Gebet. Und er gibt ihr trotz allen Versagens, trotz all dem, was vorher war, eine riesige Verheißung.

So ist Gott, ihr Lieben! So ist Gott! Er ist wunderbar groß, allwissend, heilig, großzügig und gütig. Und er hat einen Plan. Und er ist allmächtig. Und das möchte ich auch jetzt mal im Einzelnen anschauen.

Er ist allwissend. Er weiß, woher wir kommen. Ich möchte es jetzt mal auf uns übertragen. Er weiß, woher wir kommen. Und er weiß auch, wie wir dahin gekommen sind, wo wir sind. Aber er macht uns keine Vorwürfe. Sondern er spricht uns an. Und er ist heilig. Er weiß, wer wir sind. Dass wir so ganz anders sind als er. Und er ruft uns zur Umkehr. Er ruft uns zur Demut und zur Unterordnung. Er ruft uns in seine Nachfolge. Und er ist großzügig und gütig. Er spricht uns zu: "Ich habe dein Elend längst gesehen!" Und er will uns beschenken. Und weil er genau weiß, was er vorhat und weil er weiß, dass ihn niemand hindern kann, seinen Plan umzusetzen, kann er uns auch etwas verheißen. Das heißt, er kann uns etwas versprechen, was definitiv geschehen wird. Oder wie Psalm 33, Vers 4 es sagt: "Des Herrn Wort ist wahrhaftig, und was er zusagt, das hält er gewiss."

Wir können uns also absolut sicher sein, dass er dazu von uns keine Schützenhilfe braucht. Denn er ist allmächtig. Hagar meinte, sie wäre mit ihrem Latein am Ende. Sie hatte keine Hoffnung mehr. Aber hat Gott das davon abgehalten, ihr zu helfen? Hat Gott den Eindruck gehabt: "Oh je, da kann ich jetzt auch nichts mehr machen?" Mitnichten. Gott hatte einen Plan mit Hagar, und den hat er ihr mitgeteilt. "Ich will deine Nachkommen so mehren, dass sie der großen Menge wegen nicht gezählt werden können." Und wenn man dann weiterliest, was passiert? Genauso ist es auch gekommen.

Wie viel Hilfe braucht also Gott, um seine Pläne umzusetzen? Und auf diese Frage gibt es im Matthäusevangelium eine schöne Antwort. Wo es heißt: "Jesus aber sah sie an und sprach zu ihnen: <<Bei den Menschen ist es unmöglich. Aber bei Gott sind alle Dinge möglich.>>" Gott braucht unsere Hilfe nicht. Es gibt noch eine Stelle, die mir in den Sinn gekommen ist, wo es noch etwas majestätischer formuliert wird und das ist in Jeremia 32, 17. Da heißt es "Ach, Herr, Herr, siehe, du hast Himmel und Erde gemacht durch deine große Kraft und durch deinen ausgestreckten Arm. Und es ist vor dir kein Ding unmöglich." 

Ihr Lieben, lasst mich das noch mal klar sagen. Ja! Wir sind, wer wir sind. Aber Gott sei Dank ist Gott auch der, der Er ist. Er ist der große "Ich bin." JHWH. Er ist allwissend. Er ist heilig. Und er ist großzügig. Und gütig. Oder wie Mose es gesagt hatte, nachdem er Gott begegnet war. "Herr. Herr. Gott. Barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue." Mit anderen Worten Wir können den Karren gar nicht so in den Dreck fahren, dass Gott keinen Ausweg mehr wüßte. Und er wird auch mit deiner Not fertig. Und er ist für dich. Er ist ein Gott, der dich sieht.


Gottes Wort für Dein Herz

Zum Schluss möchte ich drei Verse mit euch teilen. Drei Verse, von denen ich hoffe und bete, dass Gott sie gebraucht, um euch Trost und Hoffnung zu geben in aller Anfechtung, die ihr vielleicht jetzt erlebt oder noch durchleben werdet. Drei Verse, die zusammenfassen sollen, was wir heute gehört haben.

Dass es eben nicht menschliche Weisheit und Kraft ist, die uns ans Ziel bringt. Denn Gottes Wort sagt klar: "Verlass dich auf den Herrn von ganzem Herzen und verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern gedenke an ihn in all deinen Wegen, so wird er dich recht führen."

Und zum Zweiten, dass es unsere Geduld braucht, unser Vertrauen. Unser Warten darauf, dass Gott handelt. Auch dazu gibt es einen Vers, der steht in den Psalmen. Dort heißt es, "Sei Stille dem Herrn und warte auf ihn. Denn der Herr hat das Recht lieb. Und verlässt seine Heiligen nicht."

Vor allem aber möchte ich euch und auch mich daran erinnern, dass unsere Geduld und unser Glaube nicht enttäuscht werden. Denn wir dürfen das wissen, was in der Jahreslosung steht: 

"Du bist ein Gott, der mich sieht."


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