[Predigt als MP3]
Einleitung
Ich liebe Filme. Und ich schaue beinahe täglich Filme. Wer mich schon mal besucht hat, weiß, dass ich zu Hause ein kleines Heimkino habe; so mit Beamer und Dolby-Surround-Sound und so. Und, wenn ein neuer Film rauskommt, den ich vielleicht gerne anschauen will, mir aber nicht sicher bin, ob er was taugt, dann lese ich mir die Kritiken auf der IMDB durch. Ich möchte ja nicht, dass ich meine Kohle aus dem Fenster haue und dann ist der Film nichts.
So Film-Kritiken sind eigentlich nichts anderes, als eine Zusammenfassung mit einer Meinung. Wichtig dabei ist, einen guten Überblick zu geben - eine gute Übersicht - ohne zu viel zu verraten. Weil: Spoilern gilt nicht; sonst macht ja das Anschauen nachher keinen Spaß mehr, weil die ganze Spannung weg ist.
Und die Meinung soll zwar persönlich und authentisch sein, vor allem aber soll sie den Film nicht über Gebühr verreißen und auch nicht über den grünen Klee loben. Sie soll einem den bestmöglichen Eindruck darüber geben, was auf einen zukommt und ob es gut gemacht ist oder nicht.
So eine Filmvorschau möchte ich Euch heute geben. Joi hatte mich nämlich gefragt ob ich die Serie über den 2. Timotheusbrief nicht unterbrechen könnte, um Euch eine Serie über den Philipperbrief zu kredenzen; was ich natürlich sehr gerne mache.
Hier also der „Sneak Preview“, also die Filmvorschau und Filmkritik für den Philipperbrief:
Philippi
Erst mal zum Namen des Briefes. „An die Philipper“ heißt ja der Brief. Und so fängt der Brief auch an: „an alle Heiligen [...] in Philippi“. Philippi war der Name einer Stadt: und zwar im Nordosten Griechenlands, nahe der Landbrücke zwischen Orient und Okzident; also nahe der Grenze zur heutigen Türkei. Philippi wurde benannt nach Philipp von Mazedonien, dem Vater von Alexander dem Großen. Φίλιππος (von φίλέω und `ίππος) heißt übrigens Pferdeliebhaber; oder, wie wir vielleicht sagen würden: Pferdenarr.
Philippi war zu der Zeit, wo Paulus den Brief schrieb, eine römischen Kolonie. Nach der Schlacht zwischen Marcus Antonius und Octavian im Jahre 42 v.Chr. gründete Marcus Antonius in Philippi eine römische Kolonie und siedelte dort auch Veteranen an. Für die Veteranen gab es dort das Privileg Land zu besitzen. Zudem gewährte die Stadt allen Einwohnern die Privilegien des römischen Bürgerrechts, also Steuerbefreiung und (falls nötig) das Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren. Es gab dort übrigens nicht nur eine Agora und ein Forum, sondern sogar ein Theater. Zudem lag die Stadt an einer wichtigen Handelsroute. Mit anderen Worten: in Philippi konnte man es aushalten — und das nicht wirklich schlecht.
Die Gemeinde in Philippi war übrigens die erste, die Paulus in Europa gründete. Hier war es, wo die Purpurhändlerin Lydia zum Glauben kam. Hier war es auch, wo Paulus und Silas im Kerker waren und durch ein Wunder frei kamen. Und hier war es, wo der Kerkermeister von Philippi zum Glauben fand. Wer diese Geschichten noch nicht kennt: die kann man alle in der Apostelgeschichte nachlesen; und zwar im 16. Kapitel.
An die Christen in dieser Stadt also schreibt Paulus seinen Brief. Und zwar wohl im Jahr AD 62 aus Rom. Und zwar aus dem Knast. Genauso, wie den 2. Timotheusbrief, den wir gerade unterbrochen haben. Dieser Brief an die Philipper ist also ebenfalls einer der späten Briefe von Paulus. Allerdings ist der Philipperbrief noch etwas älter, stammt also wohl noch von Paulus‘ 1. Inhaftierung in Rom, wo er noch mal freikam.
Das Herzensanliegen
Das Herzensanliegen des Paulus, das sich durch den ganzen Brief zieht, ist Ermutigung. Und zwar, die Ermutigung dazu, dem Beispiel von Jesus nachzufolgen — ganz so, wie es Paulus, Timotheus und Epaphroditus den Philippern vorgemacht haben.
Ich finde, der Philipperbrief ist einer der schönsten neutestamentlichen Briefe: Weil er so strahlt so vor Freude und Hoffnung – und von himmlischer Sehnsucht und Gnade. Und das aus dem Gefängnis!
Es geht darin um echte Nachfolge und um das, was für echte Nachfolge wichtig ist: Um Hingabe und Demut – um Einheit und um gelebte Nächstenliebe – um einen guten Charakter und um Freude – und vor allem: um die alles überragende Erkenntnis Jesu Christi — Seines Wesens — Seiner Gnade; die Erkenntnis dessen, der uns so unendlich liebt, dass Er nicht nur bereit war, Seine Herrlichkeit im Himmel für uns zu verlassen und Mensch zu werden
— sondern bereit, sich aus Liebe zu uns an das Kreuz nageln zu lassen; als stellvertretendes Opfer für all den Dreck, den wir in unserem Leben verzapft haben – und oft noch verzapfen.
Eigentlich ist der Philipperbrief, was wir einen missionarischen Rundbrief nennen würden.
Also so ein Brief, wie ihn z.B. Thomas über seine Arbeit in Riedelhütte schreibt – oder Jochen über seine Arbeit in Kleinhadern. Ein Brief, in dem gedankt wird für Spenden – und berichtet wird, was grad so passiert. Paulus möchte der Gemeinde in Philippi mit diesem Brief aber nicht nur danken, sondern er möchte sie darüber hinaus noch im Glauben ermutigen; eben zu einer brennenden Hingabe für Jesus.
Die „Highlights“
Und weil dem Paulus so viele Sachen gleichzeitig durch den Kopf gehen, verschmelzen die Grenzen zwischen seinen Anliegen:
Es verschmelzen die Grenzen zwischen Paulus‘ Dankbarkeit auf der einen Seite und dem, wofür Paulus so dankbar ist. Es verschmelzen die Grenzen zwischen Paulus‘ Dank für die Liebe die der Epaphroditus ihm erwiesen hat und dem Vorbild, dass Epaphroditus damit für die Gemeinde ist:
Epaphroditus war ein Mann aus der Gemeinde in Philippi, der Paulus trotz Gefahr und Unannehmlichkeiten - im Gefängnis in Rom besucht hatte, und zwar, um ihm eine Spende der Gemeinde in Philippi zu überbringen und um ihm in seiner Gefangenschaft zur Seite zu stehen. Und während während seines Aufenthalts in Rom – während dieses Liebesdienstes – wurde Epaphroditus todkrank und wäre fast gestorben! Er hatte also sein Leben auf‘s Spiel gesetzt, um dem Paulus etwas Gutes zu tun!
Es verschmelzen die Grenzen zwischen Paulus‘ Dankbarkeit für Timotheus und dessen Vorbild für die Gemeinde. Timotheus war für Paulus, wie ein Sohn. Er war ein Mensch voller Herzlichkeit und immer im Einklang mit Paulus. Er war komplett selbstlos und dem Evangelium hingegeben.
Es verschmelzen auch die Grenzen zwischen Paulus‘ Dankbarkeit für die Spende der Philipper und seinem Lob und seinem Segen für die Gemeinde. Vor allem aber verschmelzen die Grenzen zwischen Paulus‘ Dankbarkeit für die Gnade Christi und seinem Lobpreis auf Ihn und Sein Vorbild; Seine Herrlichkeit.
Der Philipperbrief beinhaltet einige der strahlendsten Stellen im ganzen NT:
- über die ewige Bewahrung unseres Glaubens durch Gottes Gnade (in 1:6 + 2:12)
- über die mächtige Kraft der Liebe zu Jesus und der Nachfolge im Geist (1:21-26)
- den Christushymnus — also der Lobgesang auf Jesus und sein Werk (2:5-11 )
- die Sehnsucht nach der Einheit mit Christus; dem Ziel des Glaubens (3:7-14)
- u.v.a.m.
Paulus erklärt dabei auch, wie echter geistlicher Fortschritt aussieht: Christliche Reife entsteht nämlich nicht durch mystische Einsichten, sondern durch das geduldige Üben von Tugenden: durch echte Nächstenliebe und auch hingegebenen Dienst am Nächsten.
Ein fein gewebter Brokat
Alles in allem kann man sagen, dass der Philipperbrief „sehr fein und dicht gewoben“ ist,
so dass ich beim Auslegen wohl öfters einmal herausgefordert sein werde, die eine oder andere Passage — zumindest Teile davon — mehrmals unter die Lupe zu nehmen;
weil eben in vielen Passagen nicht nur ein Thema anklingt, sondern mehrere Gedankengänge sich überlappen und unlöslich miteinander verbunden sind, wie die verschiedenen farbigen und goldenen Fäden in einem fein gewebten Brokat-Stoff.
Ich habe mir den Philipperbrief sehr genau unter die Lupe genommen und einmal versucht, alle Fäden und Gedankengänge, die den Paulus bewegen, einzeln und im Detail zu betrachten. Aber selbst unter der Lupe ist noch alles sehr fein gewebt und ineinander verwoben.
Hier einmal ein Eindruck von den „Farben“ und verschiedenen Gedankenfäden, die uns im Philipperbrief begegnen werden:
- |: zuerst einmal die Liebe von Paulus zu den Philippern :|
- |: und dann das Thema Gebet :| (alle Themen kommen wieder und wieder vor)
- |: und dann vor allem das Thema der Gnade Christi: wie sie unser Heil bewirkt und unser Heil bewahrt :| (einige der schönsten Stellen über Heilsgewissheit stehen hier!)
- |: das Thema Einheit :| die Einheit mit Christus & unter uns, nötige Demut & Frieden|: das Thema Heiligung und persönliche Reife – und unser Zeugnis vor der Welt :|
- |: das Thema Evangelisation: die Verkündigung des Evangeliums :|
- |: das Thema Nachfolge: die Kennzeichen echter Nachfolge, der Preis der Nachfolge :|
- |: das Thema Vorbilder: Das Vorbild Christi & Timotheus & Epaphroditus :|
- |: das Thema Hoffnung: die Sehnsucht nach dem Himmel :|
- |: Ganz zentral: das Thema Freude – und auch das Thema Dankbarkeit :|
Das Herzensanliegen
Viele Theologen sehen die Hauptaussage dieses Briefes in 1,27 zusammen gefasst:
"Vor allem ist wichtig, dass ihr als ganze Gemeinde so lebt, wie es der rettenden Botschaft entspricht. Ob ich nun bei euch sein kann und es mit eigenen Augen sehe oder ob ich nur davon höre, ich möchte, dass ihr alle durch Gottes Geist verbunden seid und einmütig für die Ausbreitung dieser Botschaft kämpft."
„Mit Gott verbunden & gemeinsam für das Evangelium kämpfen.“ - das ist Paulus‘ Anliegen.
Und den Grund für diesen Wunsch, ja die Ursache und Motivation dazu - finden wir im so genannten Christushymnus – das ist der Abschnitt von Kapitel 2, Vers 5-11. Dort zitiert Paulus eines der frühesten Loblieder der frühen Kirche; es ist eine der beeindruckendsten Stellen im ganzen Neuen Testament: Ich lese mal von Vers 5-8:
„Nehmt euch Jesus Christus zum Vorbild: Obwohl er in jeder Hinsicht Gott gleich war, hielt er nicht selbstsüchtig daran fest, wie Gott zu sein. Nein, er verzichtete darauf und wurde einem Sklaven gleich: Er wurde wie jeder andere Mensch geboren und war in allem ein Mensch wie wir. Er erniedrigte sich selbst noch tiefer und war Gott gehorsam bis zum Tod, ja, bis zum schändlichen Tod am Kreuz.“
Es ist diese unfassbare Liebe Gottes zu uns Menschen um die es Paulus hier geht. Um diese Liebe, die die Glückseligkeit und Herrlichkeit des Himmels verlässt, um zu uns zu kommen und uns zu retten - uns zu befreien und Schuld und Sünde. Um uns zu retten vor der gerechten Strafe für unsere gottlosen Taten. Diese unfassbare Liebe Jesu, die bereit ist, diese Strafe — unsere Strafe! — lieber selbst zu ertragen, nur, damit wir sie nicht tragen müssen; damit wir in Freude und Freiheit in Ewigkeit glücklich leben können. Darum starb Jesus am Kreuz: um Dich zu retten — und Dich — und mich.
Die treibende Kraft im Philipperbrief ist die Begeisterung von dieser Liebe Christi, die Sehnsucht nach dem Leben in Gottes Reich, eine Sehnsucht, mit der Paulus spricht:
„Ich will alles vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur noch auf das Ziel vor mir.
Mit aller Kraft laufe ich darauf zu, um den Siegespreis zu gewinnen, das Leben in Gottes Herrlichkeit.“ (Phil 3:13b-14a)
Die treibende Kraft im Philipperbrief ist diese Freude und dieses Brennen im Herzen, auch anderen von Jesus zu erzählen, damit sie ihn kennen lernen. Und genau das ist der Inhalt dessen, was Gott auch unseren Ältesten gezeigt hat, als sie Ihn unter Fasten darum gebeten haben: Seine Vision für unsere Gemeinde: Gott begegnen: diesem unfassbar großen – und doch gnädigen und liebenden Gott!
Und dabei Kraft schöpfen: Bewegt werden: von seiner unermesslichen Gnade – und von Seiner Herrlichkeit! Bewegt werden von Freude – von Sehnsucht nach Seinem Reich – und dann:
Leben teilen: mit den Menschen in unserem Umfeld – mit Menschen aller Kulturen und Generationen – um ihnen in ihren Nöten und Bedürfnissen zu begegnen – und um ihnen zu dienen – mit praktischer Nächstenliebe – und indem wir ihnen die gute Nachricht weiter sagen – dass es einen Gott gibt, der sie unendlich liebt!
2 Verse und 1 Gebet
Zum Abschluss möchte ich Euch 2 Verse mit auf den Weg geben – und ein Gebet. 2 Verse, die – neben dem Christushymnus – das Herzstück aller Gedanken ausmachen, die den Paulus im Philipperbrief bewegt haben. Paulus schreibt:
„Denn das ist mir klar geworden: Gegenüber dem unvergleichlichen Gewinn, dass Jesus Christus mein Herr ist, hat alles andere seinen Wert verloren. Um seinetwillen habe ich das alles hinter mir gelassen; es ist für mich nur noch Dreck, wenn ich bloß Christus habe.“ (Phil 3,8)
„Ich will alles vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur noch auf das Ziel vor mir. Mit aller Kraft laufe ich darauf zu, um den Siegespreis zu gewinnen, das Leben in Gottes Herrlichkeit.“ (Phil 3:13b-14a)
Das ist das Herzstück des Philipperbriefs: die alles überragende Erkenntnis Christi. Diese Sehnsucht im Herzen – dieses Ziehen – hin auf Gottes Herrlichkeit. Diese Motivation, alles hinter sich zu lassen, für die Gemeinschaft mit Ihm.
Angesichts dieser Sehnsucht – möchte ich Dir nur eine Bitte ans Herz legen: Bitte: lies den Philipperbrief! Bitte Gott, Dir in Seinem Wort so zu begegnen. Bitte Ihn um dieses brennendes Herz. Dass er Dein Herz entfacht mit der Erkenntnis Seiner Herrlichkeit.
AMEN.
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