Das Buch der Zeichen - Jesus und die Frau aus Samarien (2): Jesus offenbart sich; überwindet alle Scham
Jetzt wird die Frau dann doch neugierig: wenn Jesus wirklich Zugang zu einer Quelle hat, die für immer allen Durst löscht, dann will sie dieses Wasser haben! Es wäre die ideale Lösung, um sich für immer zurückzuziehen und ihre Scham über ihr verkorkstes Leben vor den Blicken der Dorfbewohner am Brunnen zu verbergen. Doch Jesus kann sie nichts vormachen. Er weiß alles und kennt sie. Er schaut ihr ins Herz und spricht sie ohne Anklage auf ihren größten Schmerz hin an: auf ihren geplatzten Lebenstraum vom Eheglück, ihre unrechte Beziehung: die Wurzel ihrer Scham.
Das ist ihr dann doch zu viel und sie wechselt erst einmal das Thema. Weil er ja offenbar ein Prophet ist und über ihre privaten Dinge Bescheid weiß, kann man ihn als religiösen Mann ja vielleicht in ein theologisches Gespräch verwickeln? — etwa darüber, was eigentlich der korrekte Ort ist, um zu Gott zu beten und ihn zu verehren? Aber Jesus lässt sich nicht kirre machen. Ihm geht es um etwas viel Wesentlicheres: er will mit ihr über ihre Erlösung sprechen.
Und darum führt er den Bogen ihrer Unterhaltung weg vom „korrekten Ort der Gottesbegegnung“ hin zur zentralen Frage: was ist mit der Qualität ihrer Gottesbeziehung? Der Geist Gottes befähigt ja jeden Menschen, Gott an jedem beliebigen Ort anzubeten. Aber was ist mit unserer Aufrichtigkeit? Wollen wir unsere Schuld und Scham vor Gott verbergen? Oder sind wir bereit ihm unser Herz zu öffnen? Uns ihm zu offenbaren? Wirklich wahrhaftig vor ihm zu werden? Denn das ist es, was Gott wirklich interessiert: dass wir echt werden vor ihm.
So langsam dämmert es der Frau, wer Jesus sein könnte. Und so bringt sie zu guter Letzt das Gespräch auf den Messias. Sie weiß, was die Propheten schon vor Jahrhunderten angekündigt haben: dass er eines Tages kommen und die Menschheit in alle Wahrheit führen würde. Jetzt - endlich! - ist sie offen für das, worüber Jesus schon die ganze Zeit mit ihr sprechen wollte: dass er es selbst ist; der Messias; der verheißene Retter, der sie erlösen kann von ihrer Sünde, Schuld und Scham.
O-Ton: »Herr, gib mir von diesem Wasser«, bat die Frau, »dann werde ich keinen Durst mehr haben und muss nicht mehr hierher kommen, um Wasser zu schöpfen.« Jesus sagte zu ihr: »Geh und bring deinen Mann her!« »Ich habe keinen Mann«, sagte die Frau. Jesus erwiderte: »Es stimmt, wenn du sagst: 'Ich habe keinen Mann.' Fünfmal warst du verheiratet, und der, mit dem du jetzt zusammenlebst, ist nicht dein Mann. Da hast du die Wahrheit gesagt.«
»Herr, ich sehe, du bist ein Prophet «, sagte die Frau. »Unsere Vorfahren verehrten Gott auf diesem Berg. Ihr Juden dagegen behauptet, dass Jerusalem der Ort ist, an dem Gott verehrt werden will.« Jesus sagte zu ihr: »Glaube mir, Frau, es kommt die Zeit, da werdet ihr den Vater weder auf diesem Berg noch in Jerusalem anbeten. Ihr Samariter betet zu Gott, aber ihr kennt ihn nicht; doch wir kennen ihn, denn die Rettung für alle Menschen kommt von den Juden. -
Aber die Stunde kommt, ja sie ist schon gekommen, da wird der Heilige Geist, der Gottes Wahrheit enthüllt, Menschen befähigen, den Vater an jedem Ort anzubeten. Gott ist ganz anders als diese Welt, er ist machtvoller Geist, und alle, die ihn anbeten wollen, müssen vom Geist der Wahrheit erfüllt sein. Von solchen Menschen will der Vater angebetet werden.«
Die Frau sagte zu ihm: »Ich weiß, dass der Messias kommen wird, der versprochene Retter. Wenn er kommt, wird er uns alles sagen.« Jesus antwortete: »Er spricht mit dir; ich bin es.« (Joh 4,15–26)