Samstag, 14. Januar 2017

Alle Theologen sind Heuchler - Pharisäer und Schriftgelehrte

Auf einer christlichen Facebook-Seite las ich heute "Alle Theologen sind Heuchler". Die ganze Argumentation mündete in der Schlussfolgerung, die heutigen Theologen seien die neuzeitliche Entsprechung derer, die Jesus Pharisäer, Schriftgelehrte und Heuchler nannte.

Hier meine Stellungnahme.


Es gibt leider auch heutzutage tatsächlich Pharisäer und Schriftgelehrte. Offensichtlich sterben die nicht aus. Die damaligen Pharisäer und Schriftgelehrten wurden von Gott übrigens niemals dafür gerügt, dass sie Schriftgelehrte waren. Sondern Jesus hat sie gerügt für ihre Bosheit und Hartherzigkeit und für ihre Heuchelei. Vor allem aber dafür, dass sie Ihn ablehnten und nicht an Ihn glaubten. Nicht jedoch dafür, dass sie die Schrift kannten. Jesus sagt zu ihnen: "ihr glaubt dem nicht, den er gesandt hat. Ihr sucht in den Schriften, denn ihr meint, ihr habt das ewige Leben darin; und sie sind's, die von mir zeugen; aber ihr wollt nicht zu mir kommen, dass ihr das Leben hättet." (Joh 5:38b-40)

Genau diesen Vers könnte man jetzt so verstehen, dass es eben allein um Jesus geht und um den Glauben an Ihn und um den Heiligen Geist - und dass es darum schlecht ist, wenn man "in den Schriften sucht". 
 

Wie gesagt: könnte man. Doch sollte man? 

 

Ist es nicht vielmehr interessant, dass die Propheten im Alten Testament so oft dagegen gewettert haben, dass niemand das Wort Gottes hören wollte? Auch die Apostel im Neuen Testament weisen an jeder Ecke darauf hin, acht zu haben auf die Lehre (1Tim 4:16), nicht jeder Lehre zu glauben und unbedingt am Wort festzuhalten (Joh 14:23, 2Tim 1:13, Tit 1:9, ...). Die Beröer werden sogar dafür gelobt, denn sie "sie nahmen das Wort bereitwillig auf und forschten täglich in der Schrift, ob sich's so verhielte." (Apg 17:11) Nur von den Gottlosen heißt es, dass "sie nicht an das Wort glauben" (1Petr 2:8).

Das war es, was Jesus den Pharisäern und Schriftgelehrten vorwarf.

Was jedoch die Lehre, das Wort und die Schrift angeht, ist Gott ganz offensichtlich der Ansicht, dass Lehre etwas Gutes ist - und dass sie aus seinem Wort kommen sollte, aus der Schrift. Und dass Sein Wort so heilig ist, dass es niemandem - aber auch absolut gar niemandem zusteht, darüber zu urteilen oder es gar zu verändern.

Und in eben diesem Wort steht, dass "alle Schrift, von Gott eingegeben, nütze [ist] zur Lehre" (2Tim 3,16). Von daher finde ich es am aller-interessantesten, dass eine der Gaben, die niemand anderes als der Heilige Geist(!) der Gemeinde gegeben hat, die Gabe des Lehrers ist! (1Kor 12:29) Und was macht ein Lehrer? Er lehrt. Ist ja klar. Aber was lehrt er? Er lehrt Gottes Wort, so wie es uns in der Heiligen Schrift überliefert wurde - ebendieses Wort, von dem Offb 22,19 steht: "Und wenn jemand etwas wegnimmt von den Worten des Buchs dieser Weissagung, so wird Gott ihm seinen Anteil wegnehmen am Baum des Lebens und an der heiligen Stadt, von denen in diesem Buch geschrieben steht."

Allein darum heisst es in den Briefen: "die der Gemeinde gut vorstehen, die halte man zweifacher Ehre wert, besonders, die sich mühen im Wort und in der Lehre." (1Tim 5:17). Denn den Lehrern selbst wird gesagt: "Wenn du die Brüder und Schwestern [...] lehrst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein, genährt durch die Worte des Glaubens und der guten Lehre, der du gefolgt bist." (1Tim 4:6) Und weil die Lehrer so hoch angesehen sind bei Gott, steht auch: "Gedenkt eurer Lehrer, die euch das Wort Gottes gesagt haben; ihr Ende schaut an und folgt dem Beispiel ihres Glaubens." (Hebr 13:7).

Nun, ich gehöre nicht zu denen, die eine [Zitat des Autors des Postings auf der eingangs genannten Facebook-Seite] "religiöse Brille aufhaben und [...] die Pastoren/Theologen verteidigen." Im Gegenteil: vieles, was heutzutage in unseren Kirchen abgeht, ist nichts weniger als der Abfall von Gott und vom Glauben: dem Zeitgeist angepasste Anbiederung bei der Gesellschaft, kraftlose Predigten über Politik und Gesellschaft und nicht zu Letzt die Verschwendung von unter Zwang eingezogener Kirchensteuer [vgl. 2Kor 9:7]. Ich könnte noch einige Zeit so weiter machen - aber darum geht es hier ja gar nicht...

Worum es geht ist, dass ich vor allem glaube, dass es nicht gut und auch nicht richtig ist, alle Theologen in einen Topf zu werfen und zu behaupten, "jeder Theologe [sei] ein Heuchler".

Wer Gottes(!) Wort liest, der kann - siehe oben - gar nicht zu einer solchen Einschätzung kommen. Und wenn dann auch noch "Gott" im griechischen "theos" heißt und wenn "logos" im griechischen nicht nur "Wort" und "Äusserung", sondern auch "Lehre" bedeutet (und das tut es!), dann ist ein Theologe ganz einfach ein Mensch, der etwas über Gott gelernt hat und lehrt. Also ein Mensch, von denen Paulus und der Schreiber des Hebräerbriefes sich einig waren, dass wir ihn "zweifacher Ehre wert" halten sollten.

Der Satz: "jeder Theologe ist ein Heuchler" tut das nicht.

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