Samstag, 22. November 2014

Hat Gott sein Volk verstoßen? (Ps 44:1-27)

Text

1
"Eine Unterweisung der Söhne Korach, vorzusingen." 2 Gott, wir haben mit unsern Ohren gehört, / unsre Väter haben's uns erzählt, was du getan hast zu ihren Zeiten, in alten Tagen. 3 Du hast mit deiner Hand die Heiden vertrieben, sie aber hast du eingesetzt; du hast die Völker zerschlagen, sie aber hast du ausgebreitet. 4 Denn sie haben das Land nicht eingenommen durch ihr Schwert, und ihr Arm half ihnen nicht, sondern deine Rechte, dein Arm und das Licht deines Angesichts; denn du hattest Wohlgefallen an ihnen. 5 Du bist es, mein König und mein Gott, der du Jakob Hilfe verheißest. 6 Durch dich wollen wir unsre Feinde zu Boden stoßen, in deinem Namen niedertreten, die sich gegen uns erheben. 7 Denn ich verlasse mich nicht auf meinen Bogen, und mein Schwert kann mir nicht helfen; 8 sondern du hilfst uns von unsern Feinden und machst zuschanden, die uns hassen. 9 Täglich rühmen wir uns Gottes und preisen deinen Namen ewiglich. "SELA". 10 Warum verstößest du uns denn nun / und lässest uns zuschanden werden und ziehst nicht aus mit unserm Heer? 11 Du lässest uns fliehen vor unserm Feind, dass uns berauben, die uns hassen. 12 Du gibst uns dahin wie Schlachtschafe und zerstreust uns unter die Heiden. 13 Du verkaufst dein Volk um ein Nichts und hast mit ihrem Kaufgeld nichts gewonnen. 14 Du machst uns zur Schmach bei unsern Nachbarn, zu Spott und Hohn bei denen, die um uns her sind. 15 Du machst uns zum Sprichwort unter den Heiden, lässt die Völker das Haupt über uns schütteln. 16 Täglich ist meine Schmach mir vor Augen, und mein Antlitz ist voller Scham, 17 weil ich sie höhnen und lästern höre und muss die Feinde und Rachgierigen sehen. 18 Dies alles ist über uns gekommen; und wir haben doch dich nicht vergessen, an deinem Bund nicht untreu gehandelt. 19 Unser Herz ist nicht abgefallen noch unser Schritt gewichen von deinem Weg, 20 dass du uns so zerschlägst am Ort der Schakale und bedeckst uns mit Finsternis. 21 Wenn wir den Namen unsres Gottes vergessen hätten und unsre Hände aufgehoben zum fremden Gott: 22 würde das Gott nicht erforschen? Er kennt ja unsres Herzens Grund. 23 Doch um deinetwillen werden wir täglich getötet und sind geachtet wie Schlachtschafe. 24 Wache auf, Herr! Warum schläfst du? Werde wach und verstoß uns nicht für immer! 25 Warum verbirgst du dein Antlitz, vergissest unser Elend und unsre Drangsal? 26 Denn unsre Seele ist gebeugt zum Staube, unser Leib liegt am Boden. 27 Mache dich auf, hilf uns und erlöse uns um deiner Güte willen!


Kommentar

Zusammenfassung

Gottes Gnade, nicht eigene Kraft waren der Grund früherer Siege, so lehrt dieser Weisheitspsalm das Volk Gottes anhand der Überlieferung von der Landnahme - und das aus gutem Grund: Wegen seines Glaubens verfolgt, erleidet das Volk Gottes Niederlagen, Spott und Hohn in solchem Ausmaß, dass es scheint, Gott habe sie vergessen. So lenkt denn der Psalm, in der Bitte um Erlösung des Volkes, dessen Besinnung auf das verlässlichste Gut: die Gnade und Barmherzigkeit Gottes: sein gütiges Wohlgefallen.


Struktur

1 Der von den Korahleviten verfasste Psalm dient der Unterweisung der Gemeinde

2-4
Zu Beginn preist der Psalmisst Gottes Taten bei der Landnahme unter Josua

4-9 Die Gnade ihres lobenswerten Gottes, nicht eigene Kraft, war und ist ihre Hilfe

10-13 Klage über scheinbare Gottesferne: Niederlage, Plünderung und Vetreibung

14-17
Schmach & Schande, Spott & Hohn der heidnischen Nachbarn sind die Folge

18-20 Vernichtung und Verzweiflung machen keinen Sinn: Das Volk war nicht gottlos

21-23
Gott ist Zeuge: sein Volk ist treu und wird nur um des Glaubens willen verfolgt

24-27 Eindringlichstes Gebet: Gott möge 'erwachen' und sie aus Gnaden erlösen


Inhalt

1 Dieses Psalmlied soll der Gemeinde Gottes als Gesang zur Unterweisung vorgetragen werden. Die als Komponisten und Dichter genannten "Söhne Korach" sind dabei nicht die leiblichen Söhne Korachs, welcher durch ein Gottesurteil das Leben verlor (vgl. 4. Mose 16:32). Es sind die Korahleviten, deren Amtsnachfolger.

2-4 Der vorliegende Psalm spricht zu Beginn von Gottes Großtaten aus längst vergangener Zeit (*), die in Form von Erzählungen von den Vätern an die Söhne und von diesen an wieder deren Söhne überliefert wurde und welche von Gottes mächtigem Handeln während des Einzugs des Volkes Israel ins gelobte Land berichtet: von der Zerschlagung und Vertreibung der heidnischen Völker und der Einsetzung Israels, wie wie im Buch Josua beschrieben sind.

4-9 Dabei weist dieser zur Erlangung von Weisheit gedichtete Psalm gleich zu Beginn auf den Schlüssel zur Wahrheit hin: Nicht durch eigene Waffengewalt oder menschliche Stärke wurden die Schlachten vor Alters her gewonnen, sondern durch Gottes Stärke und vor allem aufgrund Seiner Gnade. Sein gnädiges Wohlgefallen und seine Barmherzigkeit waren es, Seine Allmacht und die strahlende Herrlichkeit  Seines Angesichts (vgl. Mt 17:2, Offb 1:16), welche die Landnahme begründeten.

Ganz persönlich bekennt es der Psalmist - und mit ihm die singende Gemeinde - Wer Der ist, von Dem sie sich Beistand versprechen: Es ist ER, der Allmächtige, der ewige König (1Tim 1:17). Doch trotz Seiner Allmacht und Königsherrschaft ist Er nicht ein fremder Gott oder ein ferner König. Dem Psalmisten ist Er vertraut; Er ist ihm lieb und teuer. Er nennt ihn "Du", "*mein* König" und "*mein* Gott".

Mit Ihm und durch Ihn will er, gemeinsam mit Gottes Volk, diejenigen stürzen, die ihnen feindlich gesinnt sind. In Seinem Auftrag will er diejenigen unterwerfen, die gegen ihn und sein Volk in den Kampf ziehen. Und - wie seine Vorfahren - will er sich nicht auf seine eigene Waffengewalt verlassen, sondern in dem Wissen und Bewusstsein kämpfen, dass es ER ist, der herrliche und allmächtige und gnädige Gott, der für sie eintritt und ihren Feinden wehrt und diejenigen vernichtet, die ihn und Sein Volk hassen.

Diese unverdiente Liebe und freundliche Gnade, diese barmherzige Hilfe und treue Fürsorge Gottes drängen die Seele des Psalmisten und der singenden Gemeinde zum täglichen Lob ihres Gottes und dazu, Seinen herrlichen Namen in alle Ewigkeit zu preisen.

10-13
Mit dem Schwenk der Blickrichtung, weg von der glorreichen Vergangenheit hin zur leidvollen Gegenwart, ändert sich die Färbung der Worte unseres Psalms. Aus anbetendem Dank und herzlichem Lob werden fragende Klagen und schmerzvolle Feststellungen:

Die Truppen Israels unterliegen im Gefecht und werden besiegt und es sieht so aus, als seien sie von Gott verlassen. Sie werden in die Flucht geschlagen und der Feind, voller Hass gegen Gottes Volk, plündert und raubt den Besitz der Israeliten. Diese leidvolle Erfahrung lässt den Psalmisten mit dem Eindruck zurück, Gott habe ihn und sein Volk verstoßen (was doch nicht sein kann, siehe 1Mo 17:7, Ri 2:1, 1Chr 16:17, Ps 105:8ff, Ps 111:5.9, Jes 55:3, Mt 28:20, Rö 8:35-39, etc.).

Angesichts des Leidens stellt der Psalmist, wie schon Hiob vor ihm (Hi 3:11ff) und die Jünger nach ihm (Joh 9:1ff), die Frage nach dem 'Warum?': Aus der menschlichen Perspektive, aus unserer so begrenzten und oft selbstsüchtigen Sicht scheint es so sinnlos zu sein, was ihnen widerfährt: Das Volk Gottes wird abgeschlachtet wie Schafe und unter die Heiden zerstreut. Was ist der Sinn, was ist das Ziel dieses Leidens? Was hat, so fragt der Psalmist, Gott damit gewonnen? Nichts, so scheint es; als hätte Er sein Volk in die Sklaverei verkauft, ohne dass Er zumindest einen Kaufpreis dafür zurück erhalten hätte.

14-17 Doch nicht nur das äußere Leid setzt dem Psalmisten zu, auch dessen Folgen betrüben das Innere seiner Seele: aufgrund der Schande seiner Niederlage ist das Volk Gottes nun auch der Verachtung, dem Hohn und dem Spott seiner heidnischen Nachbarländer ausgeliefert, die dessen Niederlage mit abfälligem Kopfschütteln und beschämenden Spottversen quittieren.

Jeden Tag aufs Neue steht dem Psalmisten sein erniedrigtes Ansehen vor Augen; jeden Tag aufs Neue treibt ihm die Niederlage die Schamesröte ins Gesicht. Denn jeden Tag aufs Neue muss er den Hohn und die Lästerungen seiner Feinde ertragen; den Anblick derer, die allein Vergeltung im Sinn haben.

18-20 Und wieder setzt das Unverständnis ein, ist doch kein Sinn-Zusammenhang zwischen dem erfahrenen Leid und eigener Schuld zu erkennen: was über das Volk hereingebrochen ist, das weiß der Psalmist, hat ganz gewiss keinen Grund in einer etwaigen Gottlosigkeit des Volkes Israel selbst. Sie haben Gott noch stets in ihren Gedanken und haben Ihn, der in Abraham den Bund mit Ihnen schloss (1Mo 15:18), nicht verlassen. Noch immer sind sie mit ihren Herzen bei Ihm und tun nach Seinen Geboten. Und dennoch werden sie in unwirtlicher Wildnis vernichtend zerdroschen und erleiden schmerzvoll, dass Hoffnungslosigkeit sich - wie ein dunkler, schwerer Vorhang - über sie senkt.

21-23 So gewiss ist sich der Psalmist über die Schuldlosigkeit seines Volkes, dass er Gott selbst zu seinem Zeugen beruft: Hätte Er, der Allwissende (Ps 139:1-3), der unsere Gedanken von ferne und unsere Herzen kennt (1Kö 8:39, Lk 16:15b, Apg 1:24 und 15:8), nicht bemerkt, wenn sein Volk Ihm den Rücken gekehrt und fremde Götzen angebetet hätte? Das kann der Grund nicht sein. Und so bleibt nur noch die eine Alternative: um ihres Gottes willen werden sie täglich zu Tode gebracht und um ihres Glaubens willen, sieht man sie an, wie Schlachtvieh.

24-27 Und so ruft der Psalmist samt der ganzen Gemeinde laut zu Gott, der doch nicht schläft noch schlummert (Ps 121:4), so eindringlich, als schliefe Er doch: Der Herr der Heerscharen möge von Seinem Schlaf erwachen. Verwundert, ja fast trotzig wie ein Kind rütteln sie ihn wach mit der Frage nach dem 'warum': Wie kann Er schlafen und Seinem Volk Seine tröstende Gegenwart entziehen? Wie kann Er, der doch nie etwas vergisst (Ps 33:11) so viel Bedrängnis und Not Seiner Kinder vergessen?

Und so dringen sie weiter in Ihn: Er möge doch erwachen und ihrer Verlassenheit ein Ende bereiten, denn sie sind seelisch und körperlich völlig am Ende. Er möge sich selbst anschicken und Seinem Volk zur Hilfe kommen und es freikaufen. Und für die Erhörung dieser Bitte, das weiß der Psalmist aus der Überlieferungen seiner Ahnen, gibt es auf der ganzen Welt nur einem Grund: nicht eigene Kraft oder Gerechtigkeit, sondern allein das gnädige Wohlgefallen Gottes - seine barmherzige Güte.


Fragen zur praktischen Anwendung


1. Für welche herrliche, barmherzige Hilfe Gottes kannst Du Ihm von Herzen danken?

2. In welcher Situtation wünscht Du Dir Gottes allmächtigen und gnädigen Beistand?

3. Welche Not möchtest Du Deinem Dich liebenden Gott im Gebet herausschreien?

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* Die Datierung einzelner Psalmen ist schwierig, da der gesamte Psalter in einer Zeitspanne von fast 1.000 Jahren entstand. Die ältesten Psalmen gehen dabei auf Mose (1525 - 1405 v. Chr.) zurück. Jüngere, wie z.B. Ps. 137, reichen bis zur babylonischen Gefangenschaft (597 - 538 v. Chr.).

Sonntag, 12. Oktober 2014

Von der Zahlung der Tempelsteuer (Mt 17:24-27)

Text 

24 Als sie nun nach Kapernaum kamen, traten zu Petrus, die den Tempelgroschen einnehmen, und sprachen: Pflegt euer Meister nicht den Tempelgroschen zu geben? 25 Er sprach: Ja. Und als er heimkam, kam ihm Jesus zuvor und fragte: Was meinst du, Simon? Von wem nehmen die Könige auf Erden Zoll oder Steuern: von ihren Kindern oder von den Fremden? 26 Als er antwortete: Von den Fremden, sprach Jesus zu ihm: So sind die Kinder frei. 27 Damit wir ihnen aber keinen Anstoß geben, geh hin an den See und wirf die Angel aus, und den ersten Fisch, der heraufkommt, den nimm; und wenn du sein Maul aufmachst, wirst du ein Zweigroschenstück finden; das nimm und gib's ihnen für mich und dich.


Kommentar

Zusammenfassung

Anlässlich der Eintreibung der Tempelsteuer lehrt Christus Petrus, dass die Kinder Gottes von dieser Steuer ausgenommen sind. Dennoch zahlt er dieselbe für sich und Petrus freiwillig, um nicht ein Ärgernis zu stiften. Dass Gottes Kinder als Königskinder tatsächlich von der Tempelsteuer ausgenommen sind, bestätigt Er uns durch ein Wunder: der genaue Steuerbetrag für Christus und Petrus findet sich im Maul eines Fisches.

Struktur

24 -25a Die Eintreiber der Tempelsteuer fragen Petrus nach Christi Zahlungsmoral
25b-26 Christus lehrt Petrus, das Königskinder von der Steuer ausgenommen sind
27 Um einen öffentlichen Anstoß zu vermeiden, zahlt Christus dennoch. Den erforderlichen Betrag lässt er Petrus durch ein Wunder zukommen und schenkt ihm seinen Anteil.

Inhalt

24 -25a Nachdem ihre Reise sie über Cäserea Philippi zum Hermon geführt hatte, geht es nun wieder zurück in das galiläische Kapernaum am See Genezareth. Dort treten Männer an Petrus heran, deren Dienst es war, die Tempelsteuer einzunehmen.

Die Tempelsteuer wurde bereits zu Moses Zeiten festgelegt (2.Mo 30:11-16) und betrug zur Zeit des Alten Testaments 1/2 "Shekel" (Luther: "Taler") für alle Männer über 20 Jahren. Zur Zeit des Neuen Testaments entsprach dem hebräischen Shekel der griechische Stater, auch "Doppeldrachme" (Luther: "Zweigroschenstück", Vers 27) genannt.

Die Tempelsteuer hatte eine zweifache Bestimmung. Zum einen diente sie dem Volk als "Sühnegeld". So sollte das Volk vor der Sünde des Selbstvertrauens bewahrt werden, indem es nicht auf die Macht seiner eigenen Zahl und Größe blickte, sondern allein auf den Herrn (vgl. 2Sam 24:10). Insofern diente die Tempelsteuer (2.Mo 30:11-16) "zum gnädigen Gedenken vor dem HERRN", "zur Sühnung für Euer Leben", also dazu, Gott gnädig zu stimmen, sollte doch jemand der Sünde zum Opfer gefallen sein. Zum anderen diente die Tempelsteuer jedoch auch "als Opfergabe für den HERRN", "zum Dienst an der Stiftshütte" (2.Mo 30:11-16), also zu deren Pflege und Instandhaltung derselben und später des Tempels.

Die Beauftragten zur Einnahme der Tempelsteuer traten also an Petrus heran und zwar mit der Frage, ob Jesus - ihr Lehrer - nicht die Gewohnheit habe, die Tempelsteuer zu entrichten. Einige Ausleger sehen darin eine Sach-Frage, da sie möglicherweise nicht wussten, ob Jesus seine Tempelsteuer möglicherweise schon in Nazareth oder in Jerusalem bezahlt hatte. Calvin jedoch, der erkannte, dass die Stadt Kapernaum "das Hauptquartier" Christi war, der dort im Hause Petri wohnte, sieht in der Frage einen Ausdruck des Tadels; als ob Jesus, aufgrund seiner Reisen an verschiedenste Orte, von der Einnahme der Tempelsteuer im Ort Kapernaum hätte ausgenommen werden wollen. In der Rhetorik der Frage ("pflegt ... nicht?" und "euer [nicht unser!] Meister") scheinen zudem eine gewisse Distanziertheit oder gar ein unterschwelliger Argwohn mit zu schwingen. 

Die Antwort Petri auf diese Frage fiel, vielleicht auch aufgrund der anzunehmenden Missbilligung, im wahrsten Sinne des Wortes einsilbig aus: er antwortete lediglich mit einem kurzen "Ja." Ja natürlich, ja selbstverständlich würde Christus, der sich doch freiwillig und ohne Zwang unter die Ordnungen des Gesetzes gestellt hatte, seine Pflicht erfüllen. Damit war alles gesagt und das Gespräch beendet.

25b-26a Als Petrus zu sich nach Hause kam, wo er auch Jesus Wohnung gegeben hatte, war er vielleicht entnervt von der Frage der Kollektoren und hatte ganz sicher die Absicht, Christus von diesem eher ärgerlichen Vorfall zu erzählen. Doch Christus - der dank Seiner göttlichen Natur gewusst hatte, was geschehen war - kommt dem Bericht Petri zuvor und stellt ihm eine Frage. Nicht ärgerlich oder missgestimmt sind dabei seine Worte, sondern er fragt ihn offen und gelassen, ja fast heiter; ganz von Herz zu Herz. 

Christus fragt ihn so, dass klar wird, dass Ihm an der Äußerung von Petri eigener Sicht und Meinung gelegen ist und nicht an einer Antwort, die, sobald sie gegeben wurde, als formal richtig oder falsch kategorisiert hätte werden können. Er möchte, dass Petrus über die Frage nachdenkt und sagt, zu welcher Einsicht er selbst in seinem Herzen gekommen ist. Er möchte, dass sein Schüler sich wirklich mit der Frage befasst und sie nicht obenhin beantwortet, ohne sich wirklich Gedanken gemacht zu haben. Und so fragt Er: "Was meinst Du, Simon?"

Die Frage selbst scheint beinahe rhetorischer Natur zu sein, denn Christus fragt, ob die Regenten dieser Erde ihre Zölle und Steuern von Ihren Kindern einfordern oder vielmehr von fremden Dritten. Doch dank der einleitenden Frage nach seiner Sicht ist die Antwort nicht rhetorisch vorgegeben, sondern Petrus kann ganz frei sagen, was er denkt. Und er antwortet: "Von den Fremden." 

Die ehrliche Antwort Petri - und auch hier scheint es so, dass Christus sie aufgrund Seiner göttlichen Natur bereits vorausgewusst hatte - nimmt Jesus dann zum Anlaß, ihm etwas beizubringen. Dass nämlich, was für die Kinder der Könige auf Erden gilt, erst recht für die Kinder dessen gilt, der da ist der "Selige und allein Gewaltige, der König aller Könige und Herr aller Herren" (1Tim 6:15): auch sie sind von der Steuer ausgenommen. Sie sind frei (Gal 5:1).

27 Doch obwohl Christus selbst, Der einzig ohne Sünde war (Joh 8:46, Heb 4:15), es nicht nötig gehabt hätte ein Sühnegeld zu entrichten, so erniedrigte Er sich sich dennoch selbst (Phil 2:6-8) unter das Gesetz (Gal 4:4), um kein Ärgernis zu erregen. Freiwillig will er geben, was von ihm erwartet wird - nicht aus Zwang, sondern aus den freien Stücken der Liebe.

Dass Er aber frei war von der Verpflichtung ein Sühnegeld zu entrichten, weil er ohne Sünde war und dass auch Petrus frei sein sollte, weil Er ihn als sein König freigestellt hatte, macht Jesus deutlich, indem Er die erwartete Abgabe nicht selbst zahlt und auch Petrus nicht dazu verpflichtet.
Vielmehr schenkt er sie Petrus: Im Mund eines Fisches, des ersten, den Petrus aus dem See Genezareth angeln würde, würde sich wundersamerweise ein Geldstück finden. Ein Zweigroschenstück. Gerade genug, dass Petrus es nehmen und für sich und Christus als Sühnegeld entrichten könnte.

Mit diesem Wunder weist Christus uns auf sein viel Größeres Geschenk an uns hin: dass Er selbst, der sündlose Gottessohn, für unsere Schuld mit Seinem Blut das Sühnegeld bezahlt hat (Rö 3:25).

Praktische Anwendung

1. Was empfindest Du, wenn Du daran denkst, dass Christus Dein Sühnegeld mit seinem eigenen Blut bezahlt hat? (Rö 3:25)

Verlangen nach Gott aus fremdem Land (Ps 42:1-12 & Ps 43:1-5)


Text


1 Eine Unterweisung der Söhne Korach, vorzusingen. 2 Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. 3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, daß ich Gottes Angesicht schaue? 4 Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott? 5 Daran will ich denken und ausschütten mein Herz bei mir selbst: wie ich einherzog in großer Schar, mit ihnen zu wallen zum Hause Gottes mit Frohlocken und Danken in der Schar derer, die da feiern. 6 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist. 7 Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir, darum gedenke ich an dich aus dem Land am Jordan und Hermon, vom Berge Misar. 8 Deine Fluten rauschen daher, und eine Tiefe ruft die andere; alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich. 9 Am Tage sendet der HERR seine Güte, und des Nachts singe ich ihm und bete zu dem Gott meines Lebens. 10 Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mich vergessen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? 11 Es ist wie Mord in meinen Gebeinen, wenn mich meine Feinde schmähen und täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott? 12 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist. 1 Gott, schaffe mir Recht und führe meine Sache wider das unheilige Volk und errette mich von den falschen und bösen Leuten! 2 Denn du bist der Gott meiner Stärke: Warum hast du mich verstoßen? Warum muß ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich dränget? 3 Sende dein Licht und deine Wahrheit, daß sie mich leiten und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung, 4 daß ich hineingehe zum Altar Gottes, zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist, und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott. 5 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, daß er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.


Kommentar

Zusammenfassung

Aus der Not des Leidens - verfolgt, verhöhnt und verspottet von seinen Feinden - aus der empfundenen Gottesferne schreit der Beter zu Gott wie ein wildes Tier. Er bittet um Recht und Rettung, Linderung und Leitung. Vor allem aber quält ihn die Frage nach dem 'Warum', auf die er keine Antwort findet. Er blickt auf der Suche nach Trost zurück in die unwiederbringliche Vergangenheit und in die unbestimmte Zukunft. Doch den wahren Trost findet er erst in der lebendigen Hoffnung auf Gottes Ewigkeit, zu der allein Sein Wort ihn leitet.


Struktur

3 Strophen - mit je 4 Versen: 3 Aussageschwerpunkten und einem Kehrreim.

1.Strophe (Psalm 42, Verse 2-6)

2-3 Unaussprechlich gewaltige Sehnsucht nach der innigen Offenbarung Gottes
4 Tiefe Traurigkeit angesichts von Spott und Hohn in der Fremdlingschaft
5 Erinnerung der Seele an die fröhlichen Zeiten gemeinschaftlicher Wallfahrt
6 Kehrreim: Trost der Seele & deren Ermutigung auf den treuen Gott zu warten.

2. Strophe (Psalm 42, Verse 7-12)

7-8 Auf dem Hermon von Leideswogen begraben, besinnt sich der Beter auf Gott.
9 Von Ihm erhofft er Güte in der Finsternis des Leidens: besingenswerte Linderung.
10-11 Von Ihm fühlt er sich schmerzlichst verlassen und der bohrenden Frage nach dem Grund seines Leides und dem bitteren Spott seiner Feinde hilflos ausgeliefert.
12 Kehrreim: Selbsterkenntnis & Ermutigung, auf den liebenden Gott zu warten.

3. Strophe (Psalm 43, Verse 1-5)

1-2a Der Beter bittet Gott, der seine Stärke ist, um Rechtsprechung und Errettung
2b Noch immer unbegreiflich bleibt ihm die Frage nach dem 'Warum'?
3-4 Er bittet um Leitung durch Gottes Wort und endliche Gemeinschaft mit Gott.
5 Kehrreim: Hoffnungsvoller Trost & Ermutigung der Seele zur Geduld zu Gott.


Inhalt

1 Dieses Psalmlied wurde von den Söhnen des Korach gedichtet und komponiert uns soll der Gemeinde Gottes zu deren Unterweisung als Gesang vorgetragen werden.

2-3 So mächtig und unstillbar groß ist der Durst des Psalmisten nach Gottes Gegenwart, so gewaltig sind seine Sehnsucht und sein Verlangen nach der Offenbarung des Lebendigen, dass seine Seele nicht anders kann, als Ihm diese Not der empfundenen Trennung herauszuschreien, wie ein durstendes Wild, das nach frischem, klarem Wasser zum Leben verlangt. Eine einzige Frage wühlt seine Seele auf und ist der Urgrund seines brennenden Verlangens: wie lange noch muss er ausharren, bis er am Ziel seines Glaubens angekommen ist? Bis er Gott, dessen innige Nähe er sich so sehr herbeisehnt, in der Vollendung endlich schauen darf? So, wie es Jesus (Mt 5:8) und Johannes (1Joh 3:2) verheißen haben - von Angesicht zu Angesicht? Seine Seele dürstet nach Gott und so streckt sie sich aus nach Ihm, wie der Apostel Paulus nach dem vorgesteckten Ziel (Phil 3:10a.13a). 

4 Doch als sei des innerlichen Leidens an der Ferne Gottes noch nicht genug, so rühren die Spötter an jedem neuen Tag an eben diese wunde Stelle. Ihre Frage ist wie Gift für die Seele. Sie vermehrt den inneren Schmerz und verpestet ihn mit nagendem Zweifel. Zweifel an der Güte Gottes. Seinem liebenden Wesen. Zweifel an Ihm, der selbst Mensch wurde und weit mehr unter dieser Welt litt, als wir (Jes 53:7) es jemals werden. Zweifel an Ihm, der doch in all unserer Schwachheit mit uns leidet und in allem geprüft wurde, wie wir (Hebr 4:15). 

Die Frage, "Wo ist nun Dein Gott?", trieft nur so vor Hohn und wirft den Psalmisten in geradezu diabolischer Weise zurück in eine scheinbar sinn- und hoffnungslose Einsamkeit. Dort quält den Psalmisten das Leid von innen und außen zu täglichen Tränen. Und doch verhüllen ihm die Verborgenheit Gottes (vgl. Jes 45:15) und sein vertagtes Gericht (vgl. Ps 73:17-20) eine viel tiefere Wahrheit. Denn unser unsichtbarer und verborgener Gott hat uns hoch und heilig versprochen: "»Ich will dich nicht verlassen und nicht von dir weichen.«" (Hebr 13:5, Jos 1:5). Ja, Er "verzögert nicht die Verheißung, ... sondern er hat [vielmehr] Geduld ... und will nicht, dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann zur Buße finde" (2Petr 3:9).

5 Im Angesicht seiner inneren und äußeren Not, seiner empfundenen Einsamkeit und dem Hohn der Spötter, geht dem Psalmisten bei der Erinnerung an bessere Tage das Herz über: Nicht an seine Not musste er damals denken, nicht an seinen Schmerz oder an den Spott der Gottlosen. Sondern vielmehr an das Gute, das ihm widerfuhr: wie er - in der fröhlichen Gemeinschaft seiner Glaubensgeschwister, einem großen, feiernden Festzug, erfüllt von Freude und Dank, ja mit Jubelrufen - unterwegs war zum Tempel in Jerusalem.

6 Und so schließt die erste Strophe mit dem Kehrreim und durch ihn mit der Frage an die eigene Seele: wozu all die Traurigkeit und innere Unrast? Wozu sich selbst beschweren mit einer untragbaren Bürde? Und gibt uns als Antwort darauf und als Aufruf mit auf den Weg: "Sei langmütig!", "Erdulde die Not!", "Warte auf Gott!". 

Doch kein sinnloser Stoizismus ist hier gefragt, sondern eine lebendige Hoffnung (1Pe 1:3). Eine Hoffnung, die sich gründet in eben diesem Wissen: Der Tag *wird* kommen, an dem wir erleben werden, dass Gott selbst unsere Hilfe ist. Nur darum heißt es: "Siehe, wir preisen selig, die erduldet haben. Von der Geduld Hiobs habt ihr gehört und habt gesehen, zu welchem Ende es der Herr geführt hat; denn der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer" (Jak 5,11). 

7-8 An welchem Ort dieser innere Kampf sich zuträgt, ist unklar. 'Misar' heißt nicht mehr und nicht weniger als 'klein' und meint damit entweder eine kleine Bergkuppe im Hermon-Massiv, oder eine poetische Verniedlichung des Hermon, welcher trotz seiner Höhe von über 2.800 Metern im Hinblick auf seine religiöse Wichtigkeit vor dem viel bedeutsameren Zion, dem heiligen Berg Gottes, verblasst. Wahrscheinlich ist, im Gesamtzusammenhang der Beschreibung "Land am Jordan und Hermon", wohl tatsächlich eine kleinere Erhebung in der Bergkette des Hermon gemeint. Hier also ist der Schauplatz des inneren Ringens an dem dieser Psalm uns - in poetischer Vollendung - Anteil gibt.

Wieder überwältigt der innere Schmerz den Psalmisten: unendlich traurig ist seine Seele, ja er empfindet die Macht seiner Anfechtungen, wie reißende Fluten die ihn überrollen und ihn, wie unter den gewaltige Tiefen des Meeres, zu begraben drohen. Ohne Ende und ohne Zahl scheinen seine Leiden über ihn hereinzubrechen und so fasst er den Entschluss, sich auf Gott zu besinnen. Wegen seines Leidens will er Gottes gedenken in all seiner schmerzvollen und trostlosen Einsamkeit - vielleicht in der Hoffnung, dass die Gedanken an seinen Erlöser ihm die ersehnte Linderung bringen.
9 Und so leuchtet der eigentlich im Futur verfasste Vers 9 inmitten der Finsternis der Verse 8 und 10 wie ein Silberstreif der Hoffnung in den Gedanken des Psalmisten auf: Es wird der Tag kommen, an dem der Ewige Gott ihn aus der Fülle der "Herrlichkeit seines Erbes für die Heiligen" (Eph 1:18), nämlich aus dem Reichtum Seines göttlichen Herzens, mit herzlicher Freundlichkeit und Seinem liebenden Wohlwollen beschenkt. Dies wird die Zeit sein, in der der Psalmist selbst in der Nacht noch voller Dank Gott singen und Ihm, dem Herrscher über sein Leben, im Gebet sein Herz ausschütten will.

10-11 Und so betet der Psalmist zu Gott. Zu Ihm, dem allmächtigen Schöpfer von Himmel und Erde. Er ist doch der feste Boden unter seinen Füßen, der Felsen, auf dem er in aller seiner Not noch sicher stehen kann. Und doch quält ihn diese Frage: Warum? Warum hat Er, der doch sein einziges Heil ist, ihn vergessen? Was ist der Grund und was das Ziel? Was ist der Sinn in all dem Leid? Verzweifelt fragt der Beter: Was nur ist geschehen, dass der Allwissende seinen Getreuen - der Ihn in inniger Liebe *mein* Fels nennt - vergaß? Was ist die Ursache dafür, dass er nun gezwungen ist, seinen Lebensweg in solcher Verfassung zu gehen? So betrübt und verängstigt, so kraftlos und mutlos, so hilflos und hoffnungslos. Vom Feind bedrängt, bedrückt und in die Ecke getrieben. Sein Leiden fühlt der Beter so intensiv, als ob ihn jemand ums Leben brächte. Es tut so weh. Wie ein inneres Brennen und Ziehen, eine Sehnsucht nach Erlösung und dem Ende der Qualen, eine zerreißende Spannung im Herzen und in der Seele: täglich geschmäht und verspottet, verachtet und ausgegrenzt, ja lächerlich gemacht zu werden. Weil Gott noch immer nicht eingegriffen hat. Und dann die giftig beißende Frage des Hohns: "Wo ist nun Dein Gott?". "Wo ist er? Es ist doch nichts zu sehen!".

12 Und wieder befragt der Psalmist im seelsorgerlichen Selbstgespräch die eigene Seele. Hinterfragt die Motivation und das Ziel der eigenen Gefühle. Warum und wozu die Traurigkeit und Betrübnis? Wozu die innere Unruhe und Rastlosigkeit? Doch nicht nur Selbsterkenntnis ist dem Beter ein Anliegen, sondern vor allem die Offenbarung der Herrlichkeit Gottes. Und so ermahnt er seine Seele erneut, in Geduld auf den treuen Gott zu warten. In der Hoffnung auf Sein Wirken - entsprechend Seinen Verheißungen - mit dem tröstenden Zukunftsbild vor Augen: es wird die Zeit kommen, da ich Ihm danken werde. Es ist zwar zur Zeit von der Hilfe Gottes nichts zu sehen. Doch dieses "nichts" ist kein reines "nichts", sondern viel mehr ein "noch nicht": Denn die Zeit wird kommen, da man es sehen kann. Dann endlich ist die Zeit zum Danken da. Dann wird offenbar werden, wer Gott wirklich ist: nicht irgendein Gott. Kein unpersönliches, fernes Wesen. Sondern *mein* Gott, der Gott *meiner* Hilfe. Ja, der Gott der "meines Angesichts Hilfe" ist. Der Gott, der mich erkannt hat und liebt. Der mein Angesicht kennt und mich freundlich anblickt. Der mich mit Liebe anschaut und mir hilft. Ja, der sich meiner von Herzen erbarmt, denn: "Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, die ihn fürchten. (Ps 103,13)".

1-2a Nicht seiner eigenen Kraft vertraut der Beter, sondern er betet zu Gott um die Hilfe, die er nötig hat. Für seinen Streitfall wünscht er sich Gerechtigkeit: Gott selbst möge ihn als sein Anwalt vertreten und als Richter über die Taten seiner bösen, verlogenen Mitbürger urteilen. Gott selbst möge ihn retten vor der Lüge und Bosheit seiner Landsleute und dem Recht zum Durchbruch verhelfen. Es betet zu Gott, denn er weiß um die allmächtige Kraft Gottes und um Dessen Liebe zu ihm. Denn diese Liebe macht Gottes Stärke zu seiner Stärke, so dass er singen kann: "Du Gott *meiner* Stärke". 

2b Und wieder quält ihn die unbeantwortete Frage aller Leidenden seit Hiob, die Frage nach dem 'Warum'. Warum hat Gott, der doch seine einzige Rettung ist, ihn scheinbar verstoßen? Was ist der Grund und was der Sinn? Was ist nur geschehen, dass der Allwissende ihn zu vergessen scheint? Was ist der Grund, dass er nun in solcher Verfassung leben muss? So traurig und von seinen Widersachern bedrängt? Der Grund und der Sinn seines Leidens sind dem Beter unbegreiflich. Und doch ist es Gott selbst, der uns in Seinem Wort die Antwort darauf gibt, nämlich: damit wir "am bösen Tag bedenke[n]: Diesen hat Gott geschaffen wie jenen, damit der Mensch nicht wissen soll, was künftig ist. (Pred 7:14)", ja viel mehr noch: damit wir uns "rühmen ... der Bedrängnisse, weil wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist." (Rö 5:3b-5).

3-4 Angesichts seiner Not betet der Psalmist ein drittes und letztes Mal, nicht allein um Rechtsprechung und Rettung, sondern um das wirklich Bedeutsame und zuletzt Wesentliche: die Gemeinschaft mit Gott. Nichts wünscht er sich sehnlicher, als dass Gott ihm Sein heiliges Wort sendet; das Licht der Erkenntnis (Ps 119:105) und Seine Wahrheit (Ps 119:160, Joh 17:17). Alleine wagt er nicht zu hoffen, den rechten Weg zu finden und so betet er zu Gott, Er selbst möge ihn auf seinem Weg führen; durch Sein Licht und Seine Wahrheit, die in Seinem Wort verborgen liegen. Das Ziel seiner Hoffnung ist Jerusalem: Zion, der heilige Berg Gottes (Jo 4:17), die Wohnung Gottes auf Erden. Hier möchte er eintreten, ja direkt zum Ort des Opfers vordringen, dem Altar Gottes. Hier möchte er sein Lob- und Dankopfer bringen (3Mo 7:11.13.15, 3Mo 22:21) und Seinem Gott ein Loblied singen, Ihm zum Klang der Harfe danken. Denn Er allein ist das Ziel Seiner Träume: Der ewige, herrliche Gott. Der Urquell allen Seins und aller Freude. Der Gott unserer Wonne und Glückseligkeit. 

5 Nach diesem Ausblick klingt der dritte Kehrreim in einem hoffnungsvollereren Tenor. Es sind dieselben Worte und doch scheint die Betonung verschoben: Nicht mehr so sehr auf der Betrübnis liegt der Schwerpunkt der Verse oder auf der Unruhe der Seele. Vielmehr klingt einen neue Hoffnung durch auf das "ich werde ihm noch danken", ein Ausblick auf die göttliche Hilfe. Und so wird die Frage des Kehrreims an die eigene Seele verwandelt in einen beruhigenden Trost: Wozu sich betrüben und so unruhig sein? Gott macht ja doch am Ende alles gut. Es wird die Zeit noch kommen, bestimmt noch kommen, an der es offenbar werden wird: "Der Herr ist barmherzig und ein Erbarmer (Jak 5,11)." Denn es ist wahr, was uns Sein Wort verspricht: "Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu!" (Offb 21:4-5).


Praktische Anwendung

1. "Leidet jemand unter euch, der bete." (Jak 5:13)
2. "Seid ... geduldig, liebe Brüder, bis zum Kommen des Herrn." (Jak 5:7ff)
3. "Umgürtet die Lenden eures Gemüts, seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch angeboten wird in der Offenbarung Jesu Christi." (1Petr 1:13)

Sonntag, 24. August 2014

Die zweite Ankündigung von Jesu Leiden und Auferstehung (Mt 17:22-23)

Text

22 Als sie aber beieinander waren in Galiläa, sprach Jesus zu ihnen: Der Menschensohn wird überantwortet werden in die Hände der Menschen, 23 und sie werden ihn töten, und am dritten Tag wird er auferstehen. Und sie wurden sehr betrübt.


Kommentar

Zusammenfassung

Nach der Rückkehr vom Berg der Verklärung und der Heilung des mondsüchtigen Knaben zieht Jesus aus Sicherheitsgründen mit Seinen Jüngern durch Galiläa. Hier wiederholt Er, der ewige König (Lk 1:33), die Prophetie seiner nun bevorstehenden Passion: Durch die Hand Seiner eigenen Geschöpfe wird er, der Allmächtige Sohn des Ewigen, den Tod erleiden. Und als das Leben selbst wird er am dritten Tage wieder auferstehen von den Toten. Seine Jünger jedoch, die dieses Wort weder verstanden noch Christus um eine Erklärung fragten, blieben im Hinblick auf dies Wort im Geiste ohne Frucht und wurden so aufgrund ihres Unverständnisses sehr traurig.


Inhalt

22-23 Von Magadan führte Jesus und Seine Jünger ihre Reise über Bethsaida und Cäserea Philippi, von dort wohl auf den Hermon und nun wieder zurück ins westlich des Sees gelegene Galiläa, "denn er wollte nicht in Judäa umherziehen, weil ihm die Juden nach dem Leben trachteten" (Joh 7:1).

Hier wiederholte Jesus Seine ernste Prophetie, mit der Er nach dem Bekenntnis des Petrus begonnen hatte "seinen Jüngern zu zeigen, wie er nach Jerusalem gehen und viel leiden müsse von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und am dritten Tage auferstehen" (Mt 16:21).

Doch wo Christus Mt 16:21 noch konkret von Hohenpriestern und Schriftgelehrten als den Schuldigen an Seiner Passion spricht und wo er nicht allein von Seinem Tod sondern auch von Seinen Leiden redet, da lesen wir hier, eher zusammenfassend, ja beinahe schon stenografisch, von "Menschen" und "Tod" und, wie schon zuvor, von Seiner Auferstehung.

So knapp ist diese erneute Ankündigung Seiner Passion, dass ein nur flüchtiger Blick das Wesentliche zu übersehen droht: Es ist der ewige, allmächtige Sohn des ewig Seienden, von dessen bevorstehendem Tod wir hier lesen. Es ist Der, von Dem Daniel weissagte: "und siehe, es kam einer mit den Wolken des Himmels wie eines Menschen Sohn und gelangte zu dem, der uralt war, und wurde vor ihn gebracht. Der gab ihm Macht, Ehre und Reich, dass ihm alle Völker und Leute aus so vielen verschiedenen Sprachen dienen sollten. Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende" (Dan 7:13f).

Dieser Menschensohn ist es, das fleischgewordene Wort Gottes, der herrliche und einzige Sohn des Allmächtigen, "voller Gnade und Wahrheit" (Joh 1:14), der hier von Seinem Tod und Leiden spricht. Der ewig mächtige und herrliche "Fürst des Lebens" (Apg 3:15) ist es - Er, dem der Vater auf Seinen Wunsch hin im Nu "mehr als zwölf Legionen Engel" schicken würde (Mt 26,53) um Ihn zu bewahren -, der nun davon spricht, in die Gewalt Seiner eigenen Geschöpfe (Kol 1:16) übergeben zu werden.

Und sie, Seine Kreaturen, - sie, die Er, der Allmächtige, noch viel müheloser hätte töten können, als den Feind "mit dem Hauch seines Mundes" (2Thess 2:8) -, sie sind es, in deren Hände Er überantwortet werden wird. Ja, Er, der Sündlose selbst (Joh 8:46, Heb 4:15) ist es, der überantwortet werden soll in die Hände der Sünder (Lk 24:7). Was Christus hier prophezeit, ist, was Johannes später zu Anfang seines Evangeliums beklagen wird: "Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1,11). Ja, "Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz" (Phil 2:6-8).

Von den Jüngern aber lesen wir bei Lukas: "Aber dieses Wort verstanden sie nicht, und es war vor ihnen verborgen, so dass sie es nicht begriffen. Und sie fürchteten sich, ihn nach diesem Wort zu fragen" (Lk 9:45, vgl Mk 9:32). Und so kam es wohl, dass sie einen wesentlichen Aspekt der Aussage Christi völlig überhörten, nämlich: "am dritten Tag wird er auferstehen." Da sie nicht nachfragten, bekamen sie keine Antwort. Und ohne göttliche Antwort blieb ihnen nur das menschliche Verständnis eines Juden zu ihrer Zeit, wie es auch schon Martha äußerte: "Ich weiß wohl, dass er auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage" (Joh 11:24). Und so wurden sie sehr traurig und betrübt, befürchteten sie doch, ihr geliebter Rabbuni würde bis zum jüngsten Tage von ihnen genommen.


Praktische Anwendung

1. Wenn Jesus - im Einklang mit Gottes Willen und Plan - einer Lebensgefahr ausweicht, ist es auch für Dich keine Schande (vgl. Mt 10:23).

2. Betrachte die Tiefe der Liebe Christi zu Dir: Er, der ewige, mächtige und herrliche Gottessohn ging für Dich elenden Sünder ans Kreuz!

3. Wenn Du ein Wort Gottes nicht verstehst, frage Ihn, damit Du nicht traurig bleibst.

Die christliche Haustafel (Epheser 5:21-33)

Text

21 Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi. 22 Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn. 23 Denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Gemeinde ist, die er als seinen Leib erlöst hat. 24 Aber wie nun die Gemeinde sich Christus unterordnet, so sollen sich auch die Frauen ihren Männern unterordnen in allen Dingen. 25 Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und hat sich selbst für sie dahingegeben, 26 um sie zu heiligen. Er hat sie gereinigt durch das Wasserbad im Wort, damit er 27 sie vor sich stelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern die heilig und untadelig sei. 28 So sollen auch die Männer ihre Frauen lieben wie ihren eigenen Leib. Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. 29 Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst; sondern er nährt und pflegt es wie auch Christus die Gemeinde. 30 Denn wir sind Glieder seines Leibes. 31 »Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden "ein" Fleisch sein« (1.Mose 2,24). 32 Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde. 33 Darum auch ihr: ein jeder habe lieb seine Frau wie sich selbst; die Frau aber ehre den Mann.


Auslegung

Zuammenfassung

Dieser oft missverstandene Text redet vom schönsten und höchsten Glück, das uns auf Erden zuteil werden kann: Einer Ehe in der beide Ehepartner einander so sehr lieben, dass sie stets das Beste füreinander suchen. Die gegenseitige Unterordnung ist dabei der Schlüssel zum Verständnis der unterschiedlichen Rollen: Der Mann als liebender Träger von Verantwortung; die Frau als Inbild der hingebungsvollen Liebe. In diesser liebenden Einheit werden die Eheleute zu einem lebendigen Bildnis für die Liebe Christi zu Seiner Kirche und damit zu einem Stück erlebbaren Evangeliums.


Struktur

21 Christliche Eheleute ordnen sich einander unter und dienen einander in Liebe.

22-24 Christliche Ehefrauen folgen ihren sie liebenden Ehemännern in allem.

25-27 Christliche Ehemänner lieben ihre Frauen so aufopferungsvoll, wie Christus seine Kirche.

28-31 Das Ziel christlicher Ehe ist die vollkommene Einheit der Eheleute in Liebe.

32-33 Denn die Ehe ist nichts weniger als ein Bildnis für die Liebe Christi zu uns.


Inhalt

21 Die "Christliche Haustafel" beschreibt das Zusammenleben von Mann und Frau in der christlichen Ehe. Vers 21 ist dabei der Schlüsselvers zum Verständnis der an die Frau (Verse 22-24) und an den Mann (Verse 25-28a) gerichteten Aufforderungen. Dieser Eingangsvers besagt, dass -unabhängig von den Aufforderungen, die nur für die Frau oder nur für den Mann gelten- sich beide Ehepartner einander unterordnen sollen.

Unterordnung ist dabei nicht im weltlichen Sinne zu verstehen, als ob es hier um ein Machtgefüge ginge, lehrt uns doch Christus selbst in Lukas 22,25-26: "Die Könige herrschen über ihre Völker, und ihre Machthaber lassen sich Wohltäter nennen. Ihr aber nicht so! Sondern der Größte unter euch soll sein wie der Jüngste und der Vornehmste wie ein Diener."

In Christi Reich geht es um die Liebe. Und in der Liebe dient jeder von Herzen gerne dem anderen, anstatt über ihn herrschen zu wollen. Insofern ist der Eingangsvers 21 so zu verstehen, dass, wer Christus 'fürchtet', d.h. Ihn als Seinen Heiland und Herrn angenommen hat und ihm somit in allen Dingen folgt, auch willig und bereit ist, von Herzen gerne das größte Gebot zu halten, nämlich: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und von ganzem Gemüt«. Dies ist das höchste und größte Gebot. Das andere aber ist dem gleich: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« " (Matthäus 22,37-39).

22-24 Nachdem Paulus klargestellt hat, dass es um die gegenseitige Unterordnung in Liebe geht und nicht um eine Machtstruktur, wendet er sich an die Ehefrauen. Ihnen legt er ans Herz, sich den Männern unterzuordnen, die als 'Haupt' der Familie vor Gott die Verantwortung für die Familie zu tragen haben.

Haupt zu sein bedeutet dabei vielmehr eine Funktion, als es eine Position ist. Haupt zu sein, bedeutet (immer in Liebe und immer mit einem dienenden Motiv im Herzen) Verantwortung zu übernehmen für das Wohl der Familie. Sei es finanziell, körperlich, seelisch oder geistig. Dazu hat Gott dem Mann seine Stärke gegeben, dass er damit die Familie schützen und bewahren und ihr dienen soll. Und in dieser Rolle ist die Frau aufgerufen, sich der liebenden Führung ihres Mannes anzuvertrauen.

Paulus gebraucht an dieser Stelle zum ersten Mal das Bild der Beziehung zwischen Christus und Seiner Kirche: So wie Christus, der uns durch Sein Leiden und Sterben mit Seinem Blut erlöst hat, uns liebt und uns in allem dient und zu jeder Zeit unser Bestes sucht, ja sich selbst mit uns eins gemacht hat und uns mit dieser liebenden Gesinnung leitet, so soll leitet auch der Mann durch Sein Mühen und Wirken - mit der Liebe zu seiner Familie im Herzen - die Familie. Und so wie die Kirche ihrem (sie liebenden) Christus folgt, so soll auch die Ehefrau ihrem (sie liebenden) Ehemann in allen Dingen folgen.

25-27 Um jedes Missverständnis der eben beschriebenen Unterordnung zu vermeiden, richtet sich Paulus nun an die Ehemänner und fordert sie auf, solche Ehemänner zu sein, der sich die Ehefrauen von Herzen gerne unterordnen: in dem sie ihre Frauen von ganzem Herzen lieben. Dabei verwendet Paulus auch hier die Liebe Christi als das große Vorbild, an dem sich alle Liebe misst: "Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz" (Philipper 2,6-8).

Das Ziel Christi war und ist dabei die Heiligung und Reinigung seiner Kirche, ja ihre Schönheit, denn es ist Sein Bestreben, dass er "sie vor sich stelle als eine Gemeinde, die herrlich sei und keinen Flecken oder Runzel oder etwas dergleichen habe, sondern die heilig und untadelig sei" (Eph 5,27). In dieser Weise, stets nur das Schöne und Gute für ihre Frauen suchend, sollen die Männer ihre Frauen lieben:

28-31 Nun, da er den Ehefrauen und Ehemännern ans Herz gelegt hat, wie ihre Ehe (allezeit in Liebe) gelingen kann, deutet er das Geheimnis Christi zum ersten Male an: Es geht um eine vollkommene Einheit in Liebe.

Wenn also Paulus die Ehemänner auffordert, ihre Ehefrauen zu lieben, wie ihren eigenen Körper, so bedeutet das nichts anderes, als dass sie sie hüten sollen, wie ihren Augapfel. Ja, dass sie ihre Ehefrauen - in körperlicher, wie in seelischer Sicht - ebenso viel Gutes tun sollen, wie sie es (ohne, dass sie jemand dazu auffordern müsste) sich selbst Gutes tun. Mit der gleichen Hingabe sorgt nämlich auch Christus für Seine Kirche.

32 Und diese vollkommene Einheit - in Liebe und gegenseitiger Unterordnung, in der Übernahme von Verantwortung und Sorge für die Familie seitens des Mannes und in der hingebungsvollen Liebe und Kooperation der Frau - liegt der Schlüssel zum Verständnis für jede Ehe, der Schlüssel zum Gelingen jeder Ehe und vor allem der Schlüssel zum Verständnis der Ehe: sie soll nicht mehr und nicht weniger sein, als ein Abbild. Ein Abbild der Liebe Christi für Seine Kirche - und ein Abbild der Liebe der Christen zu ihrem Heiland.

So fasst es Paulus dann noch einmal zusammen: Jeder Mann liebe seine Frau wie sich selbst und jede Frau ehre ihren Mann durch ihre hingebungsvolle Zuwendung.

"Der Blick in Gottes liebendes Herz" (Hesekiel 18:23)


Text

"Meinst du, daß ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott der HERR, und nicht vielmehr daran, daß er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?" (
Hesekiel 18:23)


Zusammenfassung

Gott der Herr, der Herrscher über Alles, wünscht sich nichts sehnlicher, als dass wir Ihn erkennen: Seine barmherzige Liebe mit der Er uns von Herzen gerne begnadigt, wenn wir nur umkehren wollen von unserer gesetzlosen Gottlosigkeit - ihm zur Ehre und uns zur Freude.


Auslegung

Der Text ist eine Frage. Eine rhetorische Frage. Eine rhetorische Frage, die sich ganz offensichtlich ein klares, ja vielmehr noch ein entrüstetes, "Nein, natürlich nicht!" als Antwort erhofft. Dabei fragt Gott mit Seinem "Meinst Du..." direkt in unser Herz hinein. Er fragt nach dem, was wir denken.

Dass Gott überhaupt fragt, zeigt uns, dass er Interesse an unserer Antwort hat. Und dass er so fragt, wie er fragt, zeigt uns, dass es Ihm sehr, sehr wichtig ist, dass wir die richtige Antwort geben. Nicht, weil ihm an einer dogmatisch richtigen Antwort etwas gelegen wäre, sondern weil er sich um Seiner Ehre und unserer Freude willen wünscht, dass wir ihn (er)kennen. Ihn wahrhaft erkennen. So wie Er wirklich ist.

Ja, Gott fragt uns mit der gleichen Intensität und Erwartungshaltung mit der ein Liebender seine Liebste fragt: "Glaubst Du wirklich, dass ich Dir jemals etwas Böses tun würde und mich nicht vielmehr von Herzen darüber freue, wenn Du glücklich bist?". Gott fragt uns mit der gleichen Besorgnis im Herzen und mit der gleichen schmerzlichen Sorge, wir könnten eine falsche Antwort geben, wie der Liebende. Denn Er ist der Liebende. Ja, Er ist die Liebe selbst (1Jo 4:16).

Gott will also, wie jeder Liebende, wissen, was wir denken. Vor allem, was wir über Ihn denken. Er fragt uns nach dem Wesentlichsten, was es für Ihn als Liebenden überhaupt zu wissen gibt. Die Formulierung "Meinst Du, daß ich Gefallen habe..." zeigt dabei klar an, worum es Gott in Bezug auf unser Bild von Ihm geht: nämlich um unsere Vermutungen hinsichtlich Seiner Motive und Ziele. Es ist eine ethische Fragestellung. Gott fragt uns nach unsererer Meinung über Sein Wesen, Seinen Charakter. Er, der der einzig Gute ist (Lk 18:19), will von uns wissen, was wir von Ihm halten. Wie wir über Ihn denken. Welches innere Bild wir von Ihm haben. Er brennt darauf zu erfahren, ob wir Schlechtes über Ihn denken, oder Gutes, ob wir Ihm Böses zutrauen oder ob wir nur das Beste von Ihm halten.

Und so fragt Er uns, ob wir tatsächlich glauben, dass Er "Gefallen habe am Tode". Bedenken wir: diese Frage stellt nicht irgendwer, sondern es ist Gott der sie stellt. Der κυριος. Der Herr aller Dinge. Er, der das Leben selbst ist (Joh 14:6). An diesem inneren Widerspruch wird die Rhetorik der Frage deutlich: Wie könnte Er, der doch das Leben ist, den Tod wollen? Ja, nicht nur wollen, sondern gar Gefallen an ihm haben? Das ist unmöglich. Natürlich straft Gott, denn Er ist heilig (und kann daher das Böse nicht Gut heißen) und Er ist gerecht (und muss daher das Böse strafen). Und so heißt es zurecht: "ungestraft lässt er niemand" (2Mo 34:7).

Doch der strafende Zorn ist, wie schon Luther sagte, Gottes "uneigentliches Werk", welchen Er "in den Dienst seiner heiligenden Liebe" stellt "die sein eigentliches Werk ist." Und in dieser liebenden Gnade bewahrt er "Tausenden Gnade ... und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde" (2Mo 34:7).

Welch ein uneigentliches Werk der Zorn für Gott ist, erfahren wir in Hosea 11:8, wo Gott sein Volk um seiner Sünden willen strafen muss - und doch nicht will. Welcher innere Widerstreit in Gottes Herzen tobt, zeigt uns dieser Blick in Gottes Innerstes. Dort lesen wir: "Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim, und dich ausliefern, Israel? Wie kann ich dich preisgeben gleich Adma und dich zurichten wie Zebojim? Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt."

Dieser ewige Widerstreit zwischen der heiligen Gerechtigkeit Gottes (welche die Sünde strafen muss, um nicht unheilig oder ungerecht zu werden) und der Liebe und Gnade Gottes (welche den geliebten Sünder schonen will, um ihn nicht zu verderben) fand schließlich im Kreuz von Golgatha seinen Höhepunkt. Gott selbst löste das Dilemma auf und so hat "Christus ... für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte" (1Petr 3:18).

So wünscht sich Gott also zutiefst und vielmehr, dass der Gottlose "sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt". In diesem Wunsch wird nicht nur das "eigentliche Werk" Gottes, die Liebe, deutlich, sondern auch Gesetz und Gnade. Das Gesetz insofern, als dass die Frage Gottes implizit deutlich macht, dass die Gesetzlosigkeit des Gottlosen notwendigerweise (aufgrund der Heiligkeit und der Gerechtigkeit Gottes) zum Tode führt. Und Seine Gnade insofern, als dass die Bekehrung des Gottlosen (dank der Liebe und Gnade Gottes) zum Leben führt.

Damit enthält Gottes Frage an uns nicht nur den liebenden Wunsch, das wir Ihn und Sein Wesen - Ihm zur Ehre und uns zur Freude - erkennen mögen. Sondern sie enthält auch Sein Gesetz, welches "heilig, gerecht und gut" ist (Röm 7:12) und Sein Evangelium, das ist: "die Umkehr ... die zum Leben führt" (Apg 11:18). Weil Er, Gott, der Herr, angesichts des Todes, den Christus stellvertretend für uns am Kreuz erlitt "gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus" (Röm 3:26).

Sonntag, 20. Juli 2014

Dank und Bitte (Ps 40:1-18)

Text 

1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. 2 Ich harrte des HERRN, und er neigte sich zu mir und hörte mein Schreien. 3 Er zog mich aus der grausigen Grube, aus lauter Schmutz und Schlamm, und stellte meine Füße auf einen Fels, daß ich sicher treten kann; 4 er hat mir ein neues Lied in meinen Mund gegeben, zu loben unsern Gott. Das werden viele sehen und sich fürchten und auf den HERRN hoffen. 5 Wohl dem, der seine Hoffnung setzt auf den HERRN und sich nicht wendet zu den Hoffärtigen und denen, die mit Lügen umgehen! 6 HERR, mein Gott, groß sind deine Wunder und deine Gedanken, die du an uns beweisest; dir ist nichts gleich! Ich will sie verkündigen und davon sagen, wiewohl sie nicht zu zählen sind. 7 Schlachtopfer und Speisopfer gefallen dir nicht, aber die Ohren hast du mir aufgetan. Du willst weder Brandopfer noch Sündopfer. 8 Da sprach ich: Siehe, ich komme; im Buch ist von mir geschrieben: 9 Deinen Willen, mein Gott, tue ich gern, und dein Gesetz hab ich in meinem Herzen. 10 Ich verkündige Gerechtigkeit in der großen Gemeinde. Siehe, ich will mir meinen Mund nicht stopfen lassen; HERR, das weißt du. 11 Deine Gerechtigkeit verberge ich nicht in meinem Herzen; von deiner Wahrheit und von deinem Heil rede ich. Ich verhehle deine Güte und Treue nicht vor der großen Gemeinde. 12 Du aber, HERR, wollest deine Barmherzigkeit nicht von mir wenden; laß deine Güte und Treue allewege mich behüten. 13 Denn es haben mich umgeben Leiden ohne Zahl. Meine Sünden haben mich ereilt; ich kann sie nicht überblicken. Ihrer sind mehr als Haare auf meinem Haupt, und mein Herz ist verzagt. 14 Laß dir's gefallen, HERR, mich zu erretten; eile, HERR, mir zu helfen! 15 Schämen sollen sich und zuschanden werden, die mir nach dem Leben trachten, mich umzubringen. Es sollen zurückweichen und zuschanden werden, die mir mein Unglück gönnen. 16 Sie sollen in ihrer Schande erschrecken, die über mich schreien: Da, da! 17 Laß deiner sich freuen und fröhlich sein alle, die nach dir fragen; und die dein Heil lieben, laß allewege sagen: Der HERR sei hoch gelobt! 18 Denn ich bin arm und elend; der Herr aber sorgt für mich. Du bist mein Helfer und Erretter; mein Gott, säume doch nicht!


Kommentar

Zusammenfassung

In einer schlimmen Notsituation, umringt von mordlustigen Feinden und in der unsichtbaren Welt von seinen Sünden, wartet David geduldig auf das gnädige Eingreifen des allguten und allmächtigen Gottes; und wird erhört. Die Errettung Gottes führt David in die Anbetung und in die Mission und er verkündigt prophetisch Christus, den Bringer des Evangeliums Gottes. Dieser Gott ist es, den David um Gnade, Schutz und Hilfe bittet. Seinen Feinden wünscht er Schimpf und Schande, den Gottefürchtigen dagegen Freude und Lob. Sich selbst aber, dass Gott ihn nicht versäumen möge.


Struktur

1 Diesen Psalm dichtete David zum Vortrag vor der Gemeinde.

2-5 David trotzt aller seiner Not in Geduld und wartet, Gottes Wesen und Werk vor Augen, auf dessen gnädiges Eingreifen. Und er wird erhört: der Herrscher des Alls neigt sich liebend zu ihm herab, hilft ihm aus Sünde und Not hinauf auf den Felsen des Glaubens und der Gerechtigkeit und legt David damit, vielen zur Hoffnung, ein Loblied auf die Lippen.

6-11 Von Wunder seiner Errettung ergriffen, findet David in die Anbetung und in die Mission. In dem Wissen, dass es Gott um Bussfertigkeit und Gehorsam geht, scheint durch Davids Worte der Christus durch, der das Evangelium Seiner Gerechtigkeit nicht vor uns verbirgt.

12-14 Diesen allein guten, gnädigen und barmherzigen Gott bittet David, angesichts der Unzahl seiner Sünden, ihn aus freier Gnade zu erretten und um den Schutz und die Hilfe Seiner Gegenwart - auf allen Wegen.

15-16 Seinen mordgierigen Feinden aber wünscht er Schimpf und Schande und sich selbst, dass sie von ihm weichen mögen.

17 Den Gottesfürchtigen aber, die Seine Errettung lieben, wünscht er Freude, Fröhlichkeit und jederzeit ein Lob auf den Lippen.

18 David schließt dieses Vortragslied mit dem Bekenntnis seines Glaubens an Gottes Hilfe, Rettung und Fürsorge und mit dem Gebet um Gottes baldiges Eingreifen. 


Inhalt

1 Diesen Psalm dichtete David als Vortragslied, damit er vorgesungen würde.

2-5 Das ist die wohl größte Kunst, die David hier beschreibt: in allem Leid und aller Not nicht zu verzagen, nicht davon zu laufen, nicht abtrünnig zu werden, sondern, wider allen Schein und alles Fühlen, auf Gott zu warten, ja auszuharren, bis Er uns gnädig sei. Und so wartet David und führt sich Gott, Sein Wesen, Seinen Plan und Sein Werk vor Augen. Und dieses Aushalten, dieses demütige Warten, wird von Gott belohnt: aus höchster Höhe, von Seinem Thron im Himmel, auf dem Er seit Ewigkeiten mit souveräner Majestät und Herrlichkeit das All regiert, neigt er sich als der liebende Vater zu uns herab. Herunter in das Dunkel und in die Tiefe, in das Leid und in den schreienden Schmerz unserer von Gott gefallenen Welt. Erhört uns zu. Schenkt uns aus tiefstem Herzen Seine Aufmerksamkeit. Weil Er uns liebt. 

So erhörte Er auch das verzeifelte Rufen Davids und zog ihn aus dem tiefen Loch, aus dem er sich selbst nicht befreien konnte; aus der schrecklichen Situation des Leidens aufgrund von Sünde (V13) und Verfolgung (V15); hinaus aus Schmutz und Schlamm, hinauf auf den Felsen Christi (1Kor 10:4) und Seiner Gerechtigkeit, die allein aus dem Glauben an Christus kommt (Rö 1:17, 3:28). Hier steht David endlich auf festem Grund, ist in Sicherheit und findet Halt unter den Füßen, um sichere Schritte zu tun auf seiner Pilgerreise durch diese Welt (1Chr 29:15).

Mit dieser Rettung aus Leid und Not hat Gott in Davids Herzen ein neues Lied geboren, das er nun fröhlich singen kann: sein Mund fließt, von der Quelle der Dankbarkeit gespeist, über vom Lob Gottes. Und David ist sicher: von diesem Zeugnis seiner Errettung und Dankbarkeit werden -wie es heute durch den Psalter in der Tat geschieht- noch viele Menschen erfahren und dadurch zur Gottesfurcht geführt werden, so dass sie ihre Hoffnung ganz auf den Einen setzen, den ewigen Herrn des Alls. Diese Menschen, die ihre Hoffnung auf den Allmächtigen setzen und -wie wir- ihr Heil nicht bei den Arroganten und Verlogenen suchen, preist David von Herzen selig.

6-11 Und er lobt den Ewigen, seinen Herrn und Gott für Seine Wunder und Seine Gedanken. Und Seiner Wunder sind viele: die Wunder Seiner Schöpfung (Ps 139,14), die Wunder in der Geschichte Israels (Ps 77,15, Mt 21,15) und die Wunder in Seinem Wort und Seinen Geboten (Ps 119,18.27). Vor allem aber das große Wunder unserer Erlösung (Ps 98,1). Dieses Wunder und die Gedanken Gottes an uns Menschen sind wahrlich unzählbar, groß, schwer und sehr tief (Ps 40,6, Ps 92,6, Ps 139,17). Und so anbetet David den Ewigen, Einen, unbegreiflichen und unvergleichlich guten, gnädigen und barmherzigen Gott (Ps 103,8). So begeistert und so glückselig ist David, dass Er diese Wunder und Gedanken Gottes weitersagen will, auf dass auch andere von Ihm hören und Ihn kennen lernen mögen.

Das Wesen und die Wunder Gottes bleiben bei David nicht ohne Wirkung. Und so nimmt er uns in den nächsten Versen mit hinein in seine überströmende Freude und beschreibt uns, was ihm Gott und Sein Tun bedeuten; dabei scheint es so, als würden sich Selbstaussage und Prophetie überlagern, denn was David dichtet, findet sich 1.000 Jahre später in Christi Wesen und Werk in Vollendung wieder:

Er weiß, dass Gott nicht am Opfer als Solchem gelegen ist, weder am Schlachtopfer noch am Speisopfer; weder an unserem Bemühen um Vergebung noch an unserer ausdrücklichen Dankbarkeit (vgl. 3Mo 6:1ff). Sondern daran, dass wir Ihn mit offenen Ohren hören, wo Er in Seinem Wort zu uns spricht; diese offenen Ohren sind gleichwohl allein Gottes Werk: Er Selbst muss sie uns in der Wiedergeburt auftun, denn: "wer Gott erkennt, der hört uns; wer nicht von Gott ist, der hört uns nicht" (1Joh 4:6, vgl. Joh 3:3). Gott will nur um unseretwillen unseren Gehorsam, denn: "So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern daß der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe" (Hes 33:11). Unsere hörende, gehorchende Bussfertigkeit ist es also, die Gott so wichtig ist, "Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist, ein geängstetes, zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten" (Ps 51:19). 

Zu diesen zerbrochenen Herzen kommt Christus gern, Ihnen das Evangelium zu predigen; die Gerechtigkeit, mit der Er "gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus" (Röm 3,26). Diese Gerechtigkeit, derer wir so sehr bedürfen, verbirgt unser Heiland nicht in Seinem Innersten, sondern predigt sie durch das Wort Seiner weltweiten Kirche und lässt sich von nichts und niemandem den Mund verbieten. So bezeugt Ihn Johannes: "wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit" (Joh 1,14). Und so steht es schon in der Schrift. Denn wie die Chroniken oder die Bücher der Könige von David berichten, so ist es bei Christus die ganze Schrift des Alten Testaments für die gilt: "sie ist's, die von mir zeugt" (Joh 5,39). Und was sie uns bezeugt ist das, was Christus allein in Seiner vollkommenen Heiligkeit und Gerechtigkeit von sich sagen kann: "Der Geist des Herrn ist auf mir ... zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, dass sie frei sein sollen, und den Blinden, dass sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn" (Jes 61,1-2, Lk 4:18-21). Eben dies ist der Wille Gottes. Und Christus tut ihn von Herzen gern; in Ihm ist auch diese Verheißung Gottes in Vollkommenheit erfüllt: "Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben" (Jer 31,33). Er hat nicht nur das wunderbare Gesetz Gottes (Ps 119,18) im Herzen, Er selbst ist das ewige Wort des Evangeliums von der Gnade Gottes (Joh 1,1). Und Er selbst ist die Gerechtigkeit, mit der Gott uns gerecht spricht - in Person (1Kor 1,30).

12-14 Nach dieser Erinnerung an Gott, an Seine herzliche Barmherzigkeit und Errettung, Seine Wunder und Gedanken, Seinen Willen und Werk, Seine Gerechtigkeit, Sein Wesen, Sein Evangelium, ja Seine Person fleht David Gott darum an, mit dieser Barmherzigkeit bei ihm zu bleiben, sich nicht von ihm abzuwenden. Er sehnt sich danach, dass Gott auf allen seinen Wegen bei ihm bleibt und ihn in Seinem Erbarmen, Seiner wohlwollenden Zuwendung und in Seiner Treue, die sich selbst nicht verleugnen kann (2Tim 2:13), beschützt. Denn noch immer steckt David in schwersten Leiden, die ihn umringen, wie ein unzählbares Heer. Und der Grund für diese Leiden ist David offenbar: seine Sünden haben ihn eingeholt. Woran genau David denkt, wissen wir nicht, aber es darf uns dennoch eine Warnung sein: es gibt nichts in dieser Welt, was ohne Folgen bleibt - auch unsere Sünde nicht. So überwältigt ist David von seinen Missetaten, dass sie ihm endlos groß scheinen, unüberblickbar, wie das weite Meer und unzählbar viele, mehr als er Haare auf seinem Kopf hat. Und so verzweifelt sein geängstetes Herz ganz und gar und so betet er inbrünstig und fleht zu Gott, ihn zu erretten und ihm zu helfen. Doch nicht auf sein eigenes Tun und auf seine eigene Gerechtigkeit gründet David sein Gebet -denn er weiß genau, dass er Gott nichts zu bringen hat, außer seiner großen Schuld- sondern er richtet sein Gebet rein an den freien Gnadenwillen unseres souveränen Gottes, der von sich spricht: "Wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wessen ich mich erbarme, dessen erbarme ich mich" (2.Mose 33,19, Röm 9:15) und der uns -gottlob!- auch versprochen hat: "Wenn wir aber unsre Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit" (1Joh 1:9).

15-16 Nachdem David seine Beziehung zu Gott ins Reine gebracht hat, betet er zu Ihm um seiner Widersacher willen. Schämen sollen sie sich, ihm das Leben nehmen zu wollen; Gott möge schenken, dass ihre Mordlust völlig frustriert werde. Und sie selbst sollen -Dank Gottes Hilfe- von David ablassen, ja von ihm weichen, wie von einem übermächtigen Feind. Schande wünscht er ihnen, die ihm so kaltherzig begegnen; von seinem Unglück völlig ungerührt. Und soviel Selbsterkenntnis wünscht er seinen Feinden, dass sie sich, wegen ihres schändlich bösen Wesens, das sie zu so herzlosen Worten, wie etwa "Ja, schau dir den einmal an!" hinriss, selbst anwidern.

17 Allen Menschen jedoch, die nach Gott fragen, wünscht David Freude an Seiner Person und eine leichtherzige Fröhlichkeit; ja sie, die die Erlösung Gottes herzlich lieb gewonnen haben, mögen den Namen des Ewigen zu allen Zeiten aufs höchste preisen.

18 David schließt sein Gebet mit der Erkenntnis seiner eigenen Armut und Not vor Gott auf der einen Seite; und auf der anderen Seite in dem Wissen, dass er dennoch und trotz allem von Gott versorgt wird. Denn Gott selbst ist sein Nothelfer und sein Retter. Gleichwohl, trotz aller Erkenntnis von Gottes Wesen und Gnade, Seines Werkes und Heils, drängt David noch immer seine konkrete Not und so schließt er mit dem einem Doppelten: dem Bekenntnis seines Glaubens an die treue Sorge Gottes, seines Helfers und Erretters und mit der lieben Bitte an Gott, ihn doch bitte nicht zu versäumen. 


Praktische Anwendung

1. Wenn Deine Not auch lange währt: warte auf Gott, Seine Hilfe und Seine Gerechtigkeit
2. Bete zu Gott um Hilfe & Vergebung für Deien Sünde; Er wird Dich gern erhören (1Joh 1:9)
3. Schaue mit Hoffnung auf Christus, der Dich liebt und für Deine Schuld gestorben ist

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[Predigt als MP3]

Gebet in Krankheit (Ps 41:1-14)

Text 

1 Ein Psalm Davids, vorzusingen. 2 Wohl dem, der sich des Schwachen annimmt! Den wird der HERR erretten zur bösen Zeit. 3 Der HERR wird ihn bewahren und beim Leben erhalten und es ihm lassen wohlgehen auf Erden und ihn nicht preisgeben dem Willen seiner Feinde. 4 Der HERR wird ihn erquicken auf seinem Lager; du hilfst ihm auf von aller seiner Krankheit. 5 Ich sprach:HERR, sei mir gnädig! Heile mich; denn ich habe an dir gesündigt. 6 Meine Feinde reden Arges wider mich:»Wann wird er sterben und sein Name vergehen? « 7 Sie kommen, nach mir zu schauen, und meinen's doch nicht von Herzen; sondern sie suchen etwas, daß sie lästern können, gehen hin und tragen's hinaus auf die Gasse. 8 Alle, die mich hassen, flüstern miteinander über mich und denken Böses über mich: 9 »Unheil ist über ihn ausgegossen; wer so daliegt, wird nicht wieder aufstehen. « 10 Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen. 11 Du aber, HERR, sei mir gnädig und hilf mir auf, so will ich ihnen vergelten. 12 Daran merke ich, daß du Gefallen an mir hast, daß mein Feind über mich nicht frohlocken wird. 13 Mich aber hältst du um meiner Frömmigkeit willen und stellst mich vor dein Angesicht für ewig. 14 Gelobt sei der HERR, der Gott Israels, von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen! Amen!


Kommentar

Zusammenfassung

Dieses Loblied König Davids erzählt vom Gottes Beistand gegen die Barmherzigen, Davids Krankheit und Gebet um Gnade, sowie von seinen argen Feinden, die ihn verlästern und sein Sterben herbeisehnen. Es erzählt von Davids Flehen um Heilung um der staatlichen Ordnung willen und von Davids Hoffnung auf Erhörung, die sich in seinem Glauben an Gottes Güte und unwandelbare Treue gründet. Diese sind Anlass für Davids Gotteslob.


Struktur

1 König David dichtete dies Loblied zum Vortrag durch den Chor:

2-4 Wer die Angefochtenen achtet, wird mit ihnen Gottes Segen erfahren: Schutz, Rettung und Heilung in schlimmer Zeit.

5 Angesichts seiner eigenen Sünde jedoch bittet David reumütig um Gnade.

6-10 Seine Feinde jedoch, falsch und von Hass erfüllt, lästern über ihn und wünschen ihm den Tod.

11 Angesichts dessen betet David um Gnade und Heilung, um die Übeltäter in seiner Funktion als Regent zurechtweisen zu können.

12-13 Gottes Gnade und ewige Treue erkennt David dabei am Scheitern seiner Feinde und weiß sich für ewig sicher in Gottes Hand.

14 Angesichts dieser Gewissheit stimmt David ein großes Gotteslob an und wünscht, es möge für immer fortklingen.


Inhalt

1 Auch dieses letzte Loblied des ersten Psalmenbuches wurde von David zu dem Zweck gedichtet, vom königlichen Meisterchor in Liedform vorgetragen zu werden.

2-4 Gleich zu Anfang seines Lobliedes stimmt David einen Segen an: denjenigen, die sich, weil sie die Angefochtenen recht achten, um die Anliegen derer kümmern, die so schwach sind, dass sie sich nicht mehr selbst helfen können, spricht er den Segen Gottes zu. Ihnen wird es wohlgehen in dieser Welt und selbst in schlimmen Zeiten wird der Ewige selbst ihr Retter sein. Er wird sie behüten vor allem und vor jedem, der ihnen zusetzt, sie bedroht und ihnen Übles will, so dass sie trotz der Boswilligkeit ihrer Feinde am Leben bleiben. Ja der Allmächtige selbst wird sie in ihrem Krankenbett erfrischen und ihnen von aller Krankheit zur Gesundheit helfen.

5 Kaum hat er diesen Segen Gottes über den Barmherzigen ausgesprochen, so bricht schon ein Gebet um Gnade und Heilung angesichts seiner eigenen Sünde aus David heraus: mit der Inbrunst der Not und völlig demütig kommt er vor den Ewigen Herrscher des Alls und fleht um Gnade. Denn er hat das Wesentliche seiner Sünde erkannt: was auch immer er tat, vor allem an Gott hat er gesündigt (Ps 51:6). Er hat begriffen, dass jede unserer Sünden die Gottebenbildlichkeit zerstört, zu der wir geschaffen wurden (1Mo 1:26). Und dass wir damit die Ehre Gottes in den Schmutz ziehen, für die wir gemacht sind (Jes 43:7). Auch verachtet unsere Sünde, in rebellischer Eigensucht, Gottes legislative Gewalt und sucht allein das eigene Wohl, statt erstlich Gottes Ehre und macht sich so, wider das erste Gebot, selbst zu Gott und Gesetz. Und so bittet David - was uns scheinen mag, wie eine eigenartige Kombination - angesichts seiner Sünde um Heilung. Fast, als ob er gewusst hätte, was Jahrhunderte später der Prophet Jesaja über Christus weissagen würde: "Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt" (Jes 53:5). Und wir dürfen gewiss sein, dass David's Gebet erhört wurde, denn das ist Gottes Verheißung an jedes bußfertige Herz und jedes reuevolle Gebet (1Joh 1:8f, Lk 18:13ff).

6-10 Während David im Stillen, inniglich und von Herzen, mit Gott über seine Schuld und die von Ihm ersehnte Vergebung redet, tragen Davids Feinde ihr herzloses und hasserfülltes Gerede hinterrücks hinaus in die Öffentlichkeit der Straße. Nicht einmal ihre Krankenbesuche sind ungeheuchelt, sondern dienen nur dem einen Zweck, sich Nachschub zur üblen Nachrede zu verschaffen. Konspirativ tuscheln seine Hasser miteinander und führen nur Verrat im Schilde; ihr sehnlichster Wunsch ist Davids Tod, sie können es gar nicht erwarten, dass er stirbt. Und so, wie sie über ihn denken, so reden sie auch über ihn: sie unken über sein angeblich nicht mehr zu verhinderndes Sterben. Davids Erleben jedoch ist, ohne sein Wissen, eine Vorschattung des Hasses und der Mordgedanken, die 1.000 Jahre später unserm lieben Heiland von den Pharisäern entgegenschlagen würde. Und so nimmt es nicht wunder, dass auch Worte dieses Psalms, dank Davids prophetischer Gabe, für die Zukunft transparent werden und der Verrat des Judas an Christus hindurchscheint, als David dichtet: "Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen."

11 Um dieser inneren, wie äußeren Not willen betet David ein Zweifaches: zuerst und im Angesicht seiner eigenen Sünde, dass der ewige und allmächtige König aller Könige ihm gnädig sei. Dann aber auch, dass Er ihm, entgegen allen Unkenrufen seiner Feinde, von seinem Krankenlager aufhelfe und ihn so in die Lage versetze, seine Widersacher zur Rechenschaft zu ziehen. Nicht gottlosen Hass und geistlich verwerfliche Rachegedanken hat David dabei im Sinn, sondern vielmehr, denn er ist König!, die Eingrenzung des Unrechts in seinem Reich und damit den Schutz und die Aufrechterhaltung des bürgerlichen Lebens.

12-13 Die herzliche Zugewandtheit Gottes und Dessen anerkennende Zufriedenheit mit seiner Person erkennt David dabei am Scheitern der Pläne seiner Feinde: wo Gott ihn liebt, wird es seinen Widersachern nicht gelingen, zu obsiegen; werden, die ihn hassen, niemals Triumphlieder über ihn anstimmen. Im Gegenteil: Gott wird ihn auch in Zukunft erhalten; nicht um seiner etwaigen Sündlosigkeit willen (David hatte ja nur wenige Verse zuvor um Gnade für seine Sünde gebeten), sondern vielmehr um des Wohlgefallens Gottes willen, welches seine Aufrichtigkeit und Integrität honoriert. Er, der Ewige, das weiß David gewiss, wird ihn bis zum Ende festhalten - niemand wird ihn aus Seiner Hand reißen (vgl. Joh 10:28f) - und wird ihn zu guter Letzt und für alle Ewigkeiten vor Sein Angesicht stellen mit Freuden (Jud 24).

14 Mit dieser Gewissheit vor Augen dichtet David, der Regent von Israel, die finalen Zeilen und wir können nur ahnen, wie der königliche Meisterchor Luft und Raum mit seinem volltönenden Klang erfüllt. Das gewaltige Gotteslob erhebt den Allmächtigen und Souverän auch über Davids Königreich und gibt Davids Sehnsucht Ausdruck, dass diese Euphonie fortklingen möge in alle Ewigkeit und bekräftigt diesen festen Entschluss mit einem unumstößlichen, doppelten Amen: "So ist es." und "So soll es sein - für immer."


Praktische Anwendung

1. Wenn Dein Nächster in Nöten ist, nimm Dich seiner voll Erbarmen an.
2. Wenn innere und äußere Not Dich bedrängt, bete zu Gott um Gnade, Heilung und Hilfe.
3. Sei gewiss und lobe Gott, denn: Er hört Dein Gebet und hält Dich fest in Ewigkeit.

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[Predigt als MP3]