Sonntag, 24. August 2014

"Der Blick in Gottes liebendes Herz" (Hesekiel 18:23)


Text

"Meinst du, daß ich Gefallen habe am Tode des Gottlosen, spricht Gott der HERR, und nicht vielmehr daran, daß er sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt?" (
Hesekiel 18:23)


Zusammenfassung

Gott der Herr, der Herrscher über Alles, wünscht sich nichts sehnlicher, als dass wir Ihn erkennen: Seine barmherzige Liebe mit der Er uns von Herzen gerne begnadigt, wenn wir nur umkehren wollen von unserer gesetzlosen Gottlosigkeit - ihm zur Ehre und uns zur Freude.


Auslegung

Der Text ist eine Frage. Eine rhetorische Frage. Eine rhetorische Frage, die sich ganz offensichtlich ein klares, ja vielmehr noch ein entrüstetes, "Nein, natürlich nicht!" als Antwort erhofft. Dabei fragt Gott mit Seinem "Meinst Du..." direkt in unser Herz hinein. Er fragt nach dem, was wir denken.

Dass Gott überhaupt fragt, zeigt uns, dass er Interesse an unserer Antwort hat. Und dass er so fragt, wie er fragt, zeigt uns, dass es Ihm sehr, sehr wichtig ist, dass wir die richtige Antwort geben. Nicht, weil ihm an einer dogmatisch richtigen Antwort etwas gelegen wäre, sondern weil er sich um Seiner Ehre und unserer Freude willen wünscht, dass wir ihn (er)kennen. Ihn wahrhaft erkennen. So wie Er wirklich ist.

Ja, Gott fragt uns mit der gleichen Intensität und Erwartungshaltung mit der ein Liebender seine Liebste fragt: "Glaubst Du wirklich, dass ich Dir jemals etwas Böses tun würde und mich nicht vielmehr von Herzen darüber freue, wenn Du glücklich bist?". Gott fragt uns mit der gleichen Besorgnis im Herzen und mit der gleichen schmerzlichen Sorge, wir könnten eine falsche Antwort geben, wie der Liebende. Denn Er ist der Liebende. Ja, Er ist die Liebe selbst (1Jo 4:16).

Gott will also, wie jeder Liebende, wissen, was wir denken. Vor allem, was wir über Ihn denken. Er fragt uns nach dem Wesentlichsten, was es für Ihn als Liebenden überhaupt zu wissen gibt. Die Formulierung "Meinst Du, daß ich Gefallen habe..." zeigt dabei klar an, worum es Gott in Bezug auf unser Bild von Ihm geht: nämlich um unsere Vermutungen hinsichtlich Seiner Motive und Ziele. Es ist eine ethische Fragestellung. Gott fragt uns nach unsererer Meinung über Sein Wesen, Seinen Charakter. Er, der der einzig Gute ist (Lk 18:19), will von uns wissen, was wir von Ihm halten. Wie wir über Ihn denken. Welches innere Bild wir von Ihm haben. Er brennt darauf zu erfahren, ob wir Schlechtes über Ihn denken, oder Gutes, ob wir Ihm Böses zutrauen oder ob wir nur das Beste von Ihm halten.

Und so fragt Er uns, ob wir tatsächlich glauben, dass Er "Gefallen habe am Tode". Bedenken wir: diese Frage stellt nicht irgendwer, sondern es ist Gott der sie stellt. Der κυριος. Der Herr aller Dinge. Er, der das Leben selbst ist (Joh 14:6). An diesem inneren Widerspruch wird die Rhetorik der Frage deutlich: Wie könnte Er, der doch das Leben ist, den Tod wollen? Ja, nicht nur wollen, sondern gar Gefallen an ihm haben? Das ist unmöglich. Natürlich straft Gott, denn Er ist heilig (und kann daher das Böse nicht Gut heißen) und Er ist gerecht (und muss daher das Böse strafen). Und so heißt es zurecht: "ungestraft lässt er niemand" (2Mo 34:7).

Doch der strafende Zorn ist, wie schon Luther sagte, Gottes "uneigentliches Werk", welchen Er "in den Dienst seiner heiligenden Liebe" stellt "die sein eigentliches Werk ist." Und in dieser liebenden Gnade bewahrt er "Tausenden Gnade ... und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde" (2Mo 34:7).

Welch ein uneigentliches Werk der Zorn für Gott ist, erfahren wir in Hosea 11:8, wo Gott sein Volk um seiner Sünden willen strafen muss - und doch nicht will. Welcher innere Widerstreit in Gottes Herzen tobt, zeigt uns dieser Blick in Gottes Innerstes. Dort lesen wir: "Wie kann ich dich preisgeben, Ephraim, und dich ausliefern, Israel? Wie kann ich dich preisgeben gleich Adma und dich zurichten wie Zebojim? Mein Herz ist andern Sinnes, alle meine Barmherzigkeit ist entbrannt."

Dieser ewige Widerstreit zwischen der heiligen Gerechtigkeit Gottes (welche die Sünde strafen muss, um nicht unheilig oder ungerecht zu werden) und der Liebe und Gnade Gottes (welche den geliebten Sünder schonen will, um ihn nicht zu verderben) fand schließlich im Kreuz von Golgatha seinen Höhepunkt. Gott selbst löste das Dilemma auf und so hat "Christus ... für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte" (1Petr 3:18).

So wünscht sich Gott also zutiefst und vielmehr, dass der Gottlose "sich bekehrt von seinen Wegen und am Leben bleibt". In diesem Wunsch wird nicht nur das "eigentliche Werk" Gottes, die Liebe, deutlich, sondern auch Gesetz und Gnade. Das Gesetz insofern, als dass die Frage Gottes implizit deutlich macht, dass die Gesetzlosigkeit des Gottlosen notwendigerweise (aufgrund der Heiligkeit und der Gerechtigkeit Gottes) zum Tode führt. Und Seine Gnade insofern, als dass die Bekehrung des Gottlosen (dank der Liebe und Gnade Gottes) zum Leben führt.

Damit enthält Gottes Frage an uns nicht nur den liebenden Wunsch, das wir Ihn und Sein Wesen - Ihm zur Ehre und uns zur Freude - erkennen mögen. Sondern sie enthält auch Sein Gesetz, welches "heilig, gerecht und gut" ist (Röm 7:12) und Sein Evangelium, das ist: "die Umkehr ... die zum Leben führt" (Apg 11:18). Weil Er, Gott, der Herr, angesichts des Todes, den Christus stellvertretend für uns am Kreuz erlitt "gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus" (Röm 3:26).

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