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Einleitung
„Manchmal sieht man den Wald vor lauter Bäumen nicht.“ heißt es ja in einem deutschen Sprichwort. Was damit gemeint ist, ist, glaube ich, klar: Manchmal stehen wir so nah an den Ereignissen dran, dass uns das Wesentliche aus dem Blick gerät. Manchmal sind wir von dem, was in unserem Leben geschieht, so beeindruckt – so vereinnahmt, dass wir das, worum es eigentlich geht, gar nicht mehr mitkriegen. Wir „sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht“.
So ging es wohl auch der Volksmenge, zu der Jesus damals gesprochen hat, als er diesen wunderbaren Satz sagte, der heute unsere Jahreslosung ist. Sie sahen den Wald vor lauter Bäumen nicht. Oder besser: sie sahen den Messias vor lauter Wundern nicht.
Um zu verstehen, warum ich das sage – also, dass das Volk damals den Messias vor lauter Wundern nicht erkannt hat – muss ich vielleicht ein wenig ausholen: Wenn man sich die Jahreslosung nämlich mal im weiteren Kontext anschaut – also im Rahmen vom ganzen Kapitel 6 des Johannesevangeliums – dann fällt einem etwas auf.
Dass es dieser Satz, also unsere Jahreslosung, nämlich ganz schön in sich hat! Man könnte ja – wenn man ihn so aus dem Kontext reißt – meinen, der Satz wäre eher als Trost gemeint gewesen. Wenn man aber etwas genauer hinschaut, dann sieht man, dass der Satz eigentlich eine ganz schöne „Watschn“ ist.
Wie komme ich zu dieser Behauptung?
Lasst es mich mal so erklären: Gehen wir erst mal ganz weit weg von den Bäumen und schauen mal aus einiger Entfernung auf den Wald. Gehen wir erst mal ganz weit weg von unserem Text und schauen mal aus einiger Entfernung auf das ganze Kapitel 6 des Johannesevangeliums.
Wenn wir nämlich „von ganz weit weg“ immer näher in das Kapitel 6 des Johannesevangeliums reinzoomen, dann sehen wir, dass unser Text eingebettet ist in eine Geschichte:
- Zuerst war da Die Speisung der 5.000 (Joh 6,1-15) – Jesus hatte mit nur 2 Fischen und 5 Broten eine Volksmenge von 5.000 Männern plus Frauen und Kinder (also ungefähr 20-25.000 Menschen) satt gemacht.
- Danach kommt die Geschichte, wie Jesus auf dem See geht (Joh 6,16-21) – und wie das Volk ihm hinterher läuft; wegen der Krankenheilungen und dem Wunder mit der Brotvermehrung.
- Dann kommt der Abschnitt, in dem unser heutiger Vers steht – er ist bei Luther überschrieben mit „Jesus, das Brot des Lebens“ (22-59)
Und wenn man in diesen Abschnitt jetzt noch weiter reinzoomt, dann erkennt man folgende wesentliche Dinge:
- Zuerst kritisiert Jesus die Menge für ihre falschen Motivation: er macht ihnen klar, dass sie ihm nur aus irdischer Bedürfnisbefriedigung nachgelaufen sind; dass sie ihm nur folgen, weil Er sie satt gemacht hat. Vers 26 steht “Jesus antwortete ihnen und sprach: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ihr sucht mich nicht, weil ihr Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von dem Brot gegessen habt und satt geworden seid.“
- Zum zweiten geht es dann darum, was eigentlich die richtige Motivation sein sollte, Jesus nachzufolgen: nämlich an ihn zu glauben. Vers 28 und 29 steht: „Da fragten sie ihn: Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat.“
- Damit aber sind wir beim Kern – nämlich bei der Frage, wer Jesus wirklich ist – nämlich der Messias, der Heiland – das Brot des ewigen Lebens. Vers 35 “Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens.“
In diese Situation hinein also spricht Jesus diesen Satz, der heute unsere Jahreslosung ist: zu Menschen, die nur „Bäume“ sehen. Zu Menschen, die ihm aus den falschen Motiven folgen. Zu Menschen, denen es nur um ihren „Bauch“ geht. Zu Menschen, die ihm folgen, weil sie „wundersüchtig“ sind. Zu Menschen, die ihm folgen, weil nur wollen, dass er ihre irdischen Bedürfnisse befriedigt.
Was Jesus aber will, ist, dass sie den „Wald“ erkennen: Dass sie erkennen, wer er wirklich ist. Dass sie zum Glauben kommen: zur Erkenntnis ihrer Sünde und zur Erkenntnis Seiner Gnade. Damit sie für ewig gerettet werden.
Man könnte es auch so sagen Im Fadenkreuz der Losung für 2022 stehen 2 Aspekte; ein horizontaler und ein vertikaler. Horizontal geht es um zwei Sorten von Menschen: die Sucher der Gabe und die Sucher des Gebers. Und vertikal geht es um zwei Wahrnehmungen von Christus: die falschen und die richtige; der Wunder wirkende Morallehrer und Sozialreformer oder der Mensch gewordene Gott, der Messias. Und im Fadenkreuz dieser beiden Sichten steht unser Vers; die Jahreslosung. Und an die möchte ich mich - gemeinsam mit Euch, wie folgt heran machen.
Übersicht
Heute möchte ich, gleich nach der Textlese, direkt einsteigen in die Predigt. Dazu möchte ich die beiden Hälften des Verses – Vers 37a und Vers 37b – gemeinsam mit Euch etwas genauer anschauen und entdecken, worum es in den beiden Hälften geht: in der ersten Hälfte um unverdientes neues Leben und in der zweiten Hälfte um Gottes unfassbare Gnade. Zum Abschluss möchte ich – unter der Überschrift „Balsam für Dein Herz“ – die gesamte Predigt in einem anderen Vers zusammenfassen, der für mich das Spiegelbild unserer Jahreslosung ist.
Text
Jesus sagt:
„Alles,
was mir der Vater gibt,
das kommt zu mir;
und wer zu mir kommt,
den werde ich nicht hinausstoßen.“
(Johannes 6,37)
Unverdientes neues Leben
"was der Vater mir gibt":
In Vers 37a sagt Jesus, dass diejenigen, die Gott, der Vater, "ihm gibt", zu Jesus kommen. Aber was heißt das? Wieso muss Gott uns erst Jesus "geben", bevor wir zu Jesus "kommen"? In Joh 6,44 und 6,65 lesen wir das klarer. Dort steht: "Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat [...]." (Joh 6,44). Und "Niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn vom Vater gegeben." (Joh 6,65)
Aber was bedeutet das? Wieso kommt niemand zu Jesus, "es sei denn, der Vater zieht ihn"? Oder, noch krasser gefragt: Wieso kann niemand zu Jesus kommen, es sei denn, der Vater schenkt ihm dieses "kommen"?
Der Grund dafür liegt darin, dass wir als gefallene Menschen von Natur aus Sünder sind - die Bibel nennt das "geistlich tot". Aber was bedeutet das: "geistlich tot"? Geistlich tot zu sein bedeutet, dass wir von Natur aus Gott und Seinen Geboten feindlich gegenüber stehen. Dass in uns von Natur aus kein Lebensfunke ist, keine Kraft, keine Motivation, Gottes Willen zu tun. Wir wollen es nicht. Und wir können es auch nicht.
Seit dem Sündenfall im Paradies haben wir kein geistliches Leben mehr in uns. Wir sind nur noch auf biologischer Ebene lebendig. Die Bibel nennt das "fleischlich sein". Seit dem Sündenfall also sind wir als Menschen nur noch "fleischlich" lebendig und nicht "geistlich".
Von Natur aus sind wir also Feinde Gottes - das heißt: wir können und wir wollen gar nicht Gottes Freunde sein. In Römer 8,7 steht das so: "Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch sich dem Gesetz Gottes nicht unterwirft; denn es vermag's auch nicht." (Röm 8,7) Wir wollen aufgrund unserer sündigen Natur aus gar nichts mit Gott zu tun haben. Darum kommen wir nicht aus eigenem Antrieb zu Christus. Weil wir es nicht wollen. Und weil wir es nicht können.
Wir können nur dann zu Christus kommen, wenn der Vater durch den Heiligen Geist in unseren Herzen ein echtes Wunder bewirkt: wenn er uns nämlich neues Leben schenkt: ein Leben, dass Gott nicht feindlich, sondern vielmehr freundlich gegenüber steht - ein Leben, dass Gottes Gebote tun will - und kann.
Diese Tatsache, dass wir erst ein neues Leben geschenkt bekommen müssen, bevor wir überhaupt einen Blick für die Dinge Gottes entwickeln können, diese Tatsache hat Jesus einmal so in Worte gefasst: "Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht von Neuem geboren wird, so kann er das Reich Gottes nicht sehen." (Joh 3,3)
Als Menschen nach dem Sündenfall, als Feinde Gottes, als geistlich Tote, haben wir also gar keine Chance, zurück zu Gott zu kommen - außer, Gott tut etwas ganz Außergewöhnliches - außer, Gott schenkt uns (obwohl wir Ihm gegenüber so feindlich eingestellt sind!) neues Leben.
Und genau das ist es, was Gott gemacht hat. Das lesen wir im ganzen Neuen Testament. Hier einmal nur 3 Stellen. Kol 2,13: "Und Gott hat euch mit ihm [das ist: mit Christus] lebendig gemacht, die ihr tot wart in den Sünden und in der Unbeschnittenheit eures Fleisches, und hat uns vergeben alle Sünden."; Röm 5,10 "[...] wir [sind] mit Gott versöhnt worden [...] durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, [...]."; und Eph 2,4+5 "Aber Gott, der reich ist an Barmherzigkeit, hat in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, auch uns, die wir tot waren in den Sünden, mit Christus lebendig gemacht – aus Gnade seid ihr gerettet –; [...]."
Summa: Wenn in unserem Vers 37a also steht "was der Vater mir gibt", dann ist das bereits das Evangelium! Denn mal ganz ehrlich: wie gehen wir Menschen normalerweise mit unseren Feinden um? Machen wir ihnen Geschenke? Wir hoffen wohl eher, dass sie vor den Kadi kommen - oder wir wünschen ihnen noch Schlimmeres. Und was macht Gott? Gott ist bereit, selbst seinen Feinden! neues, ewiges Leben zu geben.
Und es geht weiter.
"Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir"
In unserem Vers steht Gott sei Dank nicht: "Also, manche, die der Vater mir geben wollte, die kommen dann vielleicht auch irgendwann mal zu mir - oder eben auch nicht."
Nein! Dort steht: "Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir." Alles! Das bedeutet: Nicht einer fehlt! Oder mit anderen Worten: Wenn Gott sich in den Kopf gesetzt hat, Dich zu retten, dann macht er das auch! In Rö 8,30 lesen wir das so: "Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht." (Rö 8,30)
Summa: was Gott will, das macht er auch. Niemand kann ihn hindern. Und wenn Gott Dich retten will, dann wird er das auch tun. Er wird Dich lebendig machen. Und Du wirst zu Jesus kommen.
Doch wer ist dieser Jesus?
"Alles, was mir der Vater gibt, das kommt zu mir"
Genau darum geht es eigentlich in diesem ganzen Abschnitt: um die Blindheit des Volkes. Da steht der Mensch gewordene Gott vor ihnen - wirkt Wunder, die nur Gott wirken kann - und alles was sie von ihm wollen ist: noch mehr Brot. Noch mehr Wunder. Sie wollen die Gaben; nicht den Geber. Sie sehen zwar Jesus leibhaftig vor sich stehen, aber sie sind so tot und blind, dass sie nicht erkennen, mit wem sie es wirklich zu tun haben.
Und auf diese Blindheit treffen wir überall. Diese Blindheit für die Identität von Jesus. In Mt 16,13-17 lesen wir: "Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. Er sprach zu ihnen: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist der Christus, des lebendigen Gottes Sohn! Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel." (Mt 16,13-17)
Das muss also erst Gott der Vater einem Menschen in seinem Herzen offenbaren, dass Jesus nicht nur ein Prophet ist - nicht nur ein Wundertäter - sondern Gottes Sohn. Genau das aber ist das sicherste Zeichen für dieses neue Leben in uns, für die geöffneten Augen, dass wir Jesus erkennen als den, der er ist: Gottes Sohn. Gott in menschlicher Gestalt. Und genau über diese Erkenntnis - das Jesus der Christus ist - der Sohn Gottes - Gott und Mensch - hat C.S. Lewis in seinem Buch "Pardon, ich bin Christ!" so treffend geschrieben:
„Unter ... [den] Juden taucht plötzlich ein Mensch auf, der so spricht, als wäre er Gott. Er behauptet Sünden vergeben zu können. Er sagt, er sei von Ewigkeit an gewesen. Er sagt, er werde am Ende der Zeiten kommen, um die Welt zu richten. Überlegen wir uns, was das heißt! Unter Pantheisten, etwa bei den Indern, könnte jeder sagen, er sei ein Teil Gottes oder eins mit Gott; dabei wäre gar nichts Besonderes. Dieser Mann aber konnte nicht einen solchen Gott meinen, denn er war ein Jude. In seiner Sprache bedeutete Gott jenes Wesen außerhalb der Welt, das die Welt erschaffen hatte und von allem anderen unendlich verschieden war. Wenn man das bedacht hat, wird klar: Das, was dieser Mann gesagt hat, war schlechthin das Unerhörteste, was je über menschliche Lippen gekommen ist. Uns entgeht leicht der Anspruch, der in der Behauptung liegt, Sünden vergeben zu können. Wir haben es so oft gehört, daß uns gar nicht mehr bewußt wird, was damit eigentlich gesagt wird. Diese Behauptung ist so ungeheuerlich, daß sie komisch wirken müßte, käme sie nicht von Gott selbst. Wir alle würden verstehen, daß ein Mensch ein ihm angetanes Unrecht vergibt. Jemand tritt mir auf den Fuß, und ich verzeihe ihm; jemand stiehlt mir mein Geld, und ich vergebe ihm. Was aber sollen wir mit einem Menschen anfangen, der - selber unberaubt und unbehelligt - verkündet, er vergibt allen, die anderen Leuten auf die Füße treten und anderer Leute Geld stehlen? Eselsdumme Albernheit wäre noch die zarteste Umschreibung für ein derartiges Verhalten. Und doch hat Jesus eben dies getan. Er sagte zu den Menschen, ihre Sünden sind ihnen vergeben, ohne erst alle die anderen zu fragen, denen sie mit ihren Sünden Unrecht getan hatten. Ohne zu zögern verhielt er sich, als sei er der am meisten Betroffene, derjenige, demgegenüber man sich am meisten vergangen hat. Das ist nur dann verständlich, wenn er wirklich Gott ist, dessen Gesetze gebrochen und dessen Liebe durch jede Sünde verletzt wird. Im Mund jedes anderen, der nicht Gott ist, würden diese Worte doch wohl ein Maß von Einfältigkeit und Einbildung zum Ausdruck bringen, das in der Geschichte seinesgleichen sucht. Dennoch haben nicht einmal seine Feinde den Eindruck von Einfältigkeit und Einbildung bei ihm, wenn sie die Evangelien lesen, geschweige denn vorurteilslose Leser. Das ist sehr bezeichnend und beachtenswert. Christus sagt von sich, er sei „demütig und sanftmütig“, und wir glauben ihm, ohne zu merken, daß wir - wäre er ein Mensch - nur die wenigsten seiner Aussagen als „demütig und sanftmütig“ bezeichnen würden. Damit versuche ich, jedermann vor dem wirklich läppischen Einwand zu bewahren, er sei zwar bereit, Jesus als großen Morallehrer anzuerkennen, aber nicht seinen Anspruch, Gott zu sein. Gerade das können wir nicht sagen.- Ein Mensch, der solche Dinge wie Jesus sagt, wäre kein großer Morallehrer. Er wäre entweder ein Irrer - oder der Satan in Person. Wir müssen uns deshalb entscheiden: Entweder war dieser Mensch Gottes Sohn, oder er war ein Narr oder Schlimmeres. Man kann ihn als Geisteskranken einsperren, man kann ihn verachten oder als Dämon töten. Oder man kann ihm zu Füßen fallen und ihn Herr und Gott nennen. Aber man kann ihn nicht mit gönnerhafter Herablassung als einen großen Lehrer der Menschheit bezeichnen. Das war nie seine Absicht; diese Möglichkeit hat er uns nicht offengelassen.“ (C.S. Lewis)
Summa: Wenn Gott das Wunder des Neuen Lebens in unseren Herzen wirkt, dann kommen wir zu Jesus und erkennen ihn als den, der er wirklich ist: nicht allein ein Morallehrer, nicht nur ein Prophet oder ein tolles Vorbild - sondern der ewige und allmächtige Gott, der das Universum erschaffen hat – in menschlicher Gestalt.
Unfassbare Gnade
"und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen."
Jetzt magst Du sagen: "Ja, natürlich! Natürlich ist Jesus der Christus. Natürlich ist er der Sohn Gottes. Das ist ja gar nicht das Problem. Das Problem bin ich! Schau mich doch an! Ich bin so verkorkst, so voller Schuld und Sünde, so völlig verdorben, so hoffnungslos schlecht - wie kann ich es da wagen, auch nur in Seine Nähe zu kommen?
Wenn Du diese Gefühle kennst, diese Gefühle von Scham und Wertlosigkeit - diese Gefühle von äußerster Unwürdigkeit - dieses Empfinden, dass jemand wie Du in der Gegenwart des vollkommen heiligen und reinen Gottes überhaupt nichts verloren hat, dann geht es Dir, wie Petrus. Als Petrus erkannte, wer Jesus war, war seine instinktive Reaktion die gleiche. In Lk 5,8 lesen wir: "Da Simon Petrus das sah, fiel er Jesus zu Füßen und sprach: Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch." (Lk 5,8)
Wenn Gott Dir neues Leben geschenkt hat - wenn Du beginnst zu sehen, wer Jesus ist - und wenn Du beginnst zu sehen, wer Du bist in Gottes Augen - dann wird Dir Angst und Bange. Dann fängst Du an zu sehen, was es bedeutet, dass Gott heilig ist - und Du sündig.
Dann kannst Du Dir nicht mehr vorstellen, dass Er Dich in Seiner Gegenwart haben will. Ja, Du kannst Dir nicht einmal mehr vorstellen, auch nur den Gedanken zu hegen, Dich in Seine Gegenwart hin aufzumachen. Es ist, als würden magnetische Kräfte Dich von diesem Ansinnen fern halten. Als würdest Du in Deinem Herzen eine Art Kraft der Abstoßung spüren, die es Dir unmöglich machen will, zu Jesus zu kommen. Denn: Das kann einfach nicht sein! Dass dieser heilige Gott Dich auch nur einen Millimeter näher zu sich heranlassen würde - das ist für Dich völlig undenkbar.
Weißt Du, wovon ich spreche?
Dann möchte ich Dich bitten, jetzt ganz genau aufzupassen. Denn was jetzt kommt, ist eine Lektion, für die ich über 30 Jahre gebraucht habe, um sie auch nur ansatzweise zu lernen. Und was ich gelernt habe, möchte ich in zwei Aussagen für Dich zusammen fassen. Die erste Aussage ist:
- "Gott ist anders." Er ist ganz anders. Er ist so völlig anders, als Du es Dir vorstellst, dass Du es am Anfang vielleicht gar nicht glauben kannst.
- Die zweite Aussage ist: "Vertraue Seinem Wort." Vertraue nicht Deinen Gefühlen. Denn Deine Gefühle sind oft ein ganz, ganz schlechter Indikator für die Wahrheit. Wenn es nach Deinen Gefühlen ginge, dann müsstest Du vor Gott davon laufen.
Doch das musst Du nicht! "Gott ist anders!" "Gott ist gnädig!" Als Moses Gott darum bat, sich ihm zu offenbaren - wie hat Gott sich ihm da vorgestellt? In 2. Mose 34,5-7 lesen wir: "Da kam der HERR hernieder in einer Wolke und trat daselbst zu ihm. Und er rief aus den Namen des HERRN. Und der HERR ging vor seinem Angesicht vorüber, und er rief aus: HERR, HERR, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue, der da Tausenden Gnade bewahrt und vergibt Missetat, Übertretung und Sünde." (2. Mose 34,5-7)
Gott ist barmherzig. Gott ist gnädig! Gott ist geduldig. Gott ist treu. Er vergibt Dir alle Deine Schuld und Sünde! Er will Dich bei sich haben! Vertraue Seinem Wort!
Wenn wir unseren Vers im griechischen lesen kommt das noch viel besser zum Ausdruck. Dort steht ja nicht nur, dass wirklich alle die der Vater ihm gibt zu Jesus kommen. Sondern dort steht: "οὐ μὴ ἐκβάλω ἔξω" (ou me ekbalo exo). Und das heißt auf Deutsch: "Ich werde auf keinen Fall verstoßen". Es ist eine sehr starke doppelte Verneinung. Es ist ein ganz eindeutiges Versprechen Jesu, jeden, der kommt, aufzunehmen. Es ist, als würde Jesus sagen: "Wer zu mir kommt, den werde ich gar nie nicht hinaus werfen."
Und wer kommt? Es kommen alle, die der Vater ihm gibt. Ohne Ausnahme. Da gibt es keine Unterschiede. Es ist vollkommen egal, was Du auf dem Kerbholz hast. Es ist vollkommen egal, wie sehr Du Dich zu Gottes Feind gemacht hast. Er macht Dich lebendig. Er zeigt Dir, wer Jesus Christus ist. Er liebt Dich! Er will Dich in Seiner Gegenwart haben.
Ich muss bei Gottes Liebe gegenüber uns sündigen Menschen immer an das Gleichnis vom verlorenen Sohn denken. Die meisten von Euch kennen es. Und für die, die es noch nicht kennen, will ich nur den Anfang kurz zusammen fassen.
In diesem Gleichnis geht es um einen Sohn, der sich noch vor dem Tod seines Vaters sein Erbe hat auszahlen lassen und der dann das ganze Geld im Ausland verprasst hat. Doch irgendwann war die Kohle alle. Und er war finanziell so am Ende, dass er froh gewesen wäre, wenn ihm jemand etwas Schweinefutter gegeben hätte. Und mitten in dieser Misere geschieht das Wunder in Seinem Herzen: Er erkennt sich selbst - und er bereut, was er getan hat. Und dann lesen wir, was er sich vorgenommen hatte: Er dachte bei sich:
"Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich einem deiner Tagelöhner gleich! Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein." (Lk 14,18-24)
Versteht ihr? Der Sohn war so voller Scham und Schuld, dass er bei sich dachte: "Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße." Er konnte sich nicht vorstellen, seinem Vater unter die Augen zu treten.
Und was macht der Vater? "Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn." Gott ist so froh, wenn wir zu ihm umkehren, Er ist so glücklich, dass Ihm nur noch nach feiern zumute ist: "lasst uns essen und fröhlich sein!"
Summa: Vertraue Seinem Wort. Vertraue nicht Deinen Gefühlen. Gott ist anders. Er ist ganz anders. Er ist gnädig. Und Er vergibt Dir von ganzem Herzen gern. Alles.
Amen.
sdg
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