Text
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Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt,
für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und
er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist. 7 Weh der Welt der
Verführungen wegen! Es müssen ja Verführungen kommen; doch weh dem
Menschen, der zum Abfall verführt! 8 Wenn aber deine Hand oder dein Fuß
dich zum Abfall verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist
besser für dich, dass du lahm oder verkrüppelt zum Leben eingehst, als
dass du zwei Hände oder zwei Füße hast und wirst in das ewige Feuer
geworfen. 9 Und wenn dich dein Auge zum Abfall verführt, reiß es aus und
wirf's von dir. Es ist besser für dich, dass du einäugig zum Leben
eingehst, als dass du zwei Augen hast und wirst in das höllische Feuer
geworfen.
Kommentar
Zusammenfassung
Im
Gesamtzusammenhang von Größe und Demut, sowie von Beziehung, Vergebung
und Gemeindezucht spricht Jesus dieses doppelte Mahnwort von der
Verführung zum Abfall. Eine Mahnung an Verführer, welche die Kinder
Gottes zu Fall bringen. Und eine Mahnung an die von Sünde Versuchten,
welche diesen die unendlichen Konsequenzen der Sünde vor Augen stellt.
Struktur
6-7 Mahnung an die Verführer: die Strafe für Verführung ist unvorstellbar hoch
8-9 Mahnung an die Verführbaren: kein Opfer ist zu hoch für das ewige Leben
Inhalt
6-7 'Betonschuhe'. Eine der übelsten Mafia-Praktiken überhaupt. An
Grausamkeit kaum zu überbieten. Lebendig versenkt zu werden. Die Füße
des Opfers kommen in Zement. Ist der Beton erhärtet, wird er zusammen
mit dem Menschen versenkt. Ein solches Bild zeichnet Jesus: Mit einem
Mühlstein am Hals, kopfüber, unaufhaltsam in die Tiefe der immer dunkler
und kälter werdenden Fluten des Meeres gerissen zu werden und dabei
jämmerlich und völlig hilflos zu ertrinken. Und Er fügt hinzu: diese
Strafe wäre eine geradezu attraktive Alternative gegen die tatsächliche
Strafe, die denjenigen erwartet, der Seine Kinder verführt, von der
ihnen verordneten Heiligkeit (3Mo 20:7) abzufallen.
Das hier
verwendete Wort (σκανδαλιση, skandalisä = Abfall) hat als weitere mit
schwingende Bedeutungen die Vorstellungen von Anstoß, Falle, Verführung
und Irreführung. Liest man unsere Stelle im Kontext, so wird deutlich,
dass es bereits anlässlich der Zahlung der Tempelsteuer um einen Anstoß
geht (Mt 17:27). Jesus hätte sie als Sohn Gottes nicht zahlen müssen,
aber er tat es dennoch, um keinen *Anstoß* zu erregen. Anlässlich des
Rangstreits der Jünger (Mt 18:1-5) klärt Jesus dann auf, was im
Himmelreich wahre Größe ist: die Herzensgröße des Demütigen, der um der
Liebe willen so niedrig wird, wie ein Kind. In den folgenden Abschnitten
geht es um Gottes Liebe zu den Verlorenen am Beispiel des verlorerenen
Schafes (Mt 18:10-14) und um Anweisungen zur Versöhnung von Sünde,
Sündenvergebung und Gemeindezucht (Mit 18:15-20). In diesen Zusammenhang
hinein spricht Jesus also seine Mahnungen über den Abfall.
Unser
Text findet sich, neben der Parallelstelle Markus 9:42ff auch in Mt
5:19f und hier ganz klar im Zusammenhang mit Ehebruch. In den
Parallelstellen geht es also um die Verführung zum Abfall von der
heiligen Reinheit unserer Herzen, zu der wir gerufen sind (Jak 4:8). Und
wie wir aus Mt 5:28 wissen, kann schon ein lüsterner Blick genügen, um
diesen Skandal herauf zu beschwören. In Textzusammenhang hier geht es
jedoch vor allem um Demut und Beziehung und somit eher um das Thema des
"allgemeinen Anstoßerregens"; nämlich im Gewissen meines Nächsten (vgl.
Rö 14:21, 1. Kor 10:29). Es geht also auch um den Vorbildcharakter, den
unser aller Leben als Beispiel für unsere Nächsten hat.
Um die
Härte der Worte Christi zu verstehen, sind zwei Dinge zu wissen
vonnöten. Zum Ersten: die Ungeheuerlichkeit der Sünde (σκανδαλον,
skandalon = Verführung), das ist, die Kluft zwischen Gottes vollkommener
Heiligkeit und dieser äußersten Verdorbenheit. So schrecklich ist Sünde
in Gottes Augen, dass er denen, die Seine Kinder dazu verführen, eine
so fürchterliche Strafe verordnet. Und zum Zweiten: die unfassbare Liebe
Gottes, die bereit war, in Christus vom Himmel herab zu steigen, Mensch
zu werden und an unserer Stelle den qualvollen Tod am Kreuz zu
erleiden, um unser Leben zu retten. Weil Christus uns so sehr liebt,
weil wir so wertgeachtet sind in Seinen Augen (Jes 43:4), will er uns
vor einem solchem Fall bewahren. Nur darum droht er so vehement mit
Strafe: Er will, dass wir leben.
Und auch, wenn Verführungen in
Gottes Heilsplan eingeschlossen sind (Mt 24:10), so spricht Gott
dennoch über diejenigen, die durch ihr absichtliches Tun Gottes Kinder
in Gefahr bringen, Sein "Wehe!" aus. Was aber ein "Wehe!" des lebendigen
Gottes bedeutet, ja, wie schrecklich es ist, ohne Gnade gesucht zu
haben, in Seine Hände zu fallen, zeigt uns die Offenbarung des Johannes
(vgl. Heb 10:31).
8-9 Nachdem Christus die Verführer auf's
Schärfste verwarnt hat, verwarnt er nun in gleicher Schärfe uns, die wir
Seinen Namen tragen, uns nicht verführen zu lassen. In der Warnung
Christi wird deutlich, dass im irdischen Leib eines Christen ein Kampf
tobt zwischen den leiblichen Organen und den geistlichen Organen (Rö
7:23). Nicht Fremde sind es, die uns verführen, sondern unser eigener
Leib. Unsere Füße tragen uns an Orte, an denen wir nicht sein sollten;
unsere Hände tun Dinge, die wir nicht tun sollten und unsere Augen sehen
Dinge, die wir nicht sehen sollten. Und doch ist etwas in uns, dass uns
tun lässt, was wir nicht wollen (Rö 7:22-24). Unser irdischer Leib hat
Begierden (Rö 6:12, Jak 1:14). Doch wir selbst entscheiden in Freiheit,
ob wir ihn in den Dienst diesen Begierden stellen oder dem Geist Gottes
folgen wollen (Rö 6:13.19). Christlicher Glaube ist also keine reine
Kopf- oder Gefühlssache: Es sind unsere Hände, Füße und Augen, die in
der Schusslinie stehen: zwischen Gottes Geboten und der Führung durch
Seinen Heiligen Geist auf der einen - und unseren Begierden, die von der
Sünde, die in unserem Fleisch wohnt (Rö 7:17), angestachelt werden (Jak
1:14), auf der anderen Seite. Dazwischen aber steht unser Wille der nun
entscheiden muss, wem er folgt: dem begierigen Ruf der Sünde im
Fleisch, oder dem liebenden Gebot Gottes, der uns gebietet: "Du sollst
Deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst" (Mt 22:39) oder "Du sollst
nicht ehebrechen" (Mt 5:27), etc.
Wie wir entscheiden ist dabei
nicht gleichgültig, sondern von ewiger Bedeutung, denn Glaube geht den
ganzen Menschen an: Was wir tun hat Einfluss darauf, wer wir sind und
wer wir sein werden und wohin wir uns entwickeln; ja, auf unser ewiges
Schicksal. Ein Glaube ohne Werke rettet niemanden; er ist tot (Jak
2:14.17) und nichts nütze. Das war damals so wahr wie heute. So schrieb
schon Luther: "Aber das [ihr Glaube] eine lautere Hülse sei, sieht man
daran, dass sie nicht denken, danach zu leben ..., dass man sehen
könnte, dass es ihnen Ernst wäre, haben nicht mehr davongebracht, denn
dass sie gehört haben, dass man allein durch den Glauben Vergebung der
Sünden kriege und selig werde und mit Werken solches nicht erlangen
könne. Daher werden sie faul und wollen nun keine Werke tun, gehen immer
dahin unter dem Namen des Glaubens und werden ärger denn zuvor und
leben also, dass auch die Welt sie strafen muss, geschweige, dass sie
vor Gott sollten bestehen können." Ja schon Johannes der Täufer
predigte, dass niemand Gottes Zorn entrinnt, der nicht rechtschaffene
Werke der Busse aufweist, sondern sich auf einen falschen Glauben
verlässt (Lk 3:7-9). Sondern, dass vielmehr das Ende des Weges, den
unsere Füße gemäß unseren Entscheidungen einschlagen, der Lohn für die
Werke unserer Hände sein wird. Und dass die Strafe für die Lust unserer
Augen, wenn wir nicht täglich umkehren, das ewige Feuer ist.
Und
nur, weil das so ist, weil die Heiligkeit Gottes keine Sünde in seinem
Himmel duldet, weil wir unbedingt (nicht nur 'de jure', sondern auch 'de
facto') heilig werden müssen, wenn wir Gott einmal sehen wollen (Heb
12:14), darum warnt uns Christus so eindringlich davor, uns nicht von
unseren eigenen Gliedern verführen zu lassen, sondern sie lieber zu
amputieren, als uns von ihnen zu dem verleiten zu lassen, was uns in
Verdammnis bringt und, durch unser schlechtes Beispiel, unsere
Geschwister im Glauben verführt. Besser, so lehrt uns Christus
eindringlich, verkrüppelt in Gottes Himmel eingehen, als alle Ewigkeiten
in der Hölle zu verbringen.
Fragen zur praktischen Anwendung
- Welche Versuchung ist gegenwärtig für Dich die schlimmste?
- Wo stehst Du in der Gefahr, anderen ein schlechtes Beispiel zu sein?
- Was kannst und willst Du tun, um der Sünde zu entfliehen?
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