Sonntag, 1. Februar 2015

Warnung vor Verführung zum Abfall (Mt 18:6-9)


Text

6 Wer aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, zum Abfall verführt, für den wäre es besser, dass ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er ersäuft würde im Meer, wo es am tiefsten ist. 7 Weh der Welt der Verführungen wegen! Es müssen ja Verführungen kommen; doch weh dem Menschen, der zum Abfall verführt! 8 Wenn aber deine Hand oder dein Fuß dich zum Abfall verführt, so hau sie ab und wirf sie von dir. Es ist besser für dich, dass du lahm oder verkrüppelt zum Leben eingehst, als dass du zwei Hände oder zwei Füße hast und wirst in das ewige Feuer geworfen. 9 Und wenn dich dein Auge zum Abfall verführt, reiß es aus und wirf's von dir. Es ist besser für dich, dass du einäugig zum Leben eingehst, als dass du zwei Augen hast und wirst in das höllische Feuer geworfen.


Kommentar

Zusammenfassung

Im Gesamtzusammenhang von Größe und Demut, sowie von Beziehung, Vergebung und Gemeindezucht spricht Jesus dieses doppelte Mahnwort von der Verführung zum Abfall. Eine Mahnung an Verführer, welche die Kinder Gottes zu Fall bringen. Und eine Mahnung an die von Sünde Versuchten, welche diesen die unendlichen Konsequenzen der Sünde vor Augen stellt.


Struktur

6-7 Mahnung an die Verführer: die Strafe für Verführung ist unvorstellbar hoch
8-9 Mahnung an die Verführbaren: kein Opfer ist zu hoch für das ewige Leben


Inhalt

6-7 'Betonschuhe'. Eine der übelsten Mafia-Praktiken überhaupt. An Grausamkeit kaum zu überbieten. Lebendig versenkt zu werden. Die Füße des Opfers kommen in Zement. Ist der Beton erhärtet, wird er zusammen mit dem Menschen versenkt. Ein solches Bild zeichnet Jesus: Mit einem Mühlstein am Hals, kopfüber, unaufhaltsam in die Tiefe der immer dunkler und kälter werdenden Fluten des Meeres gerissen zu werden und dabei jämmerlich und völlig hilflos zu ertrinken. Und Er fügt hinzu: diese Strafe wäre eine geradezu attraktive Alternative gegen die tatsächliche Strafe, die denjenigen erwartet, der Seine Kinder verführt, von der ihnen verordneten Heiligkeit (3Mo 20:7) abzufallen. 

Das hier verwendete Wort (σκανδαλιση, skandalisä = Abfall) hat als weitere mit schwingende Bedeutungen die Vorstellungen von Anstoß, Falle, Verführung und Irreführung. Liest man unsere Stelle im Kontext, so wird deutlich, dass es bereits anlässlich der Zahlung der Tempelsteuer um einen Anstoß geht (Mt 17:27). Jesus hätte sie als Sohn Gottes nicht zahlen müssen, aber er tat es dennoch, um keinen *Anstoß* zu erregen. Anlässlich des Rangstreits der Jünger (Mt 18:1-5) klärt Jesus dann auf, was im Himmelreich wahre Größe ist: die Herzensgröße des Demütigen, der um der Liebe willen so niedrig wird, wie ein Kind. In den folgenden Abschnitten geht es um Gottes Liebe zu den Verlorenen am Beispiel des verlorerenen Schafes (Mt 18:10-14) und um Anweisungen zur Versöhnung von Sünde, Sündenvergebung und Gemeindezucht (Mit 18:15-20). In diesen Zusammenhang hinein spricht Jesus also seine Mahnungen über den Abfall.

Unser Text findet sich, neben der Parallelstelle Markus 9:42ff auch in Mt 5:19f und hier ganz klar im Zusammenhang mit Ehebruch. In den Parallelstellen geht es also um die Verführung zum Abfall von der heiligen Reinheit unserer Herzen, zu der wir gerufen sind (Jak 4:8). Und wie wir aus Mt 5:28 wissen, kann schon ein lüsterner Blick genügen, um diesen Skandal herauf zu beschwören. In Textzusammenhang hier geht es jedoch vor allem um Demut und Beziehung und somit eher um das Thema des "allgemeinen Anstoßerregens"; nämlich im Gewissen meines Nächsten (vgl. Rö 14:21, 1. Kor 10:29). Es geht also auch um den Vorbildcharakter, den unser aller Leben als Beispiel für unsere Nächsten hat.

Um die Härte der Worte Christi zu verstehen, sind zwei Dinge zu wissen vonnöten. Zum Ersten: die Ungeheuerlichkeit der Sünde (σκανδαλον, skandalon = Verführung), das ist, die Kluft zwischen Gottes vollkommener Heiligkeit und dieser äußersten Verdorbenheit. So schrecklich ist Sünde in Gottes Augen, dass er denen, die Seine Kinder dazu verführen, eine so fürchterliche Strafe verordnet. Und zum Zweiten: die unfassbare Liebe Gottes, die bereit war, in Christus vom Himmel herab zu steigen, Mensch zu werden und an unserer Stelle den qualvollen Tod am Kreuz zu erleiden, um unser Leben zu retten. Weil Christus uns so sehr liebt, weil wir so wertgeachtet sind in Seinen Augen (Jes 43:4), will er uns vor einem solchem Fall bewahren. Nur darum droht er so vehement mit Strafe: Er will, dass wir leben.

Und auch, wenn Verführungen in Gottes Heilsplan eingeschlossen sind (Mt 24:10), so spricht Gott dennoch über diejenigen, die durch ihr absichtliches Tun Gottes Kinder in Gefahr bringen, Sein "Wehe!" aus. Was aber ein "Wehe!" des lebendigen Gottes bedeutet, ja, wie schrecklich es ist, ohne Gnade gesucht zu haben, in Seine Hände zu fallen, zeigt uns die Offenbarung des Johannes (vgl. Heb 10:31).


8-9 Nachdem Christus die Verführer auf's Schärfste verwarnt hat, verwarnt er nun in gleicher Schärfe uns, die wir Seinen Namen tragen, uns nicht verführen zu lassen. In der Warnung Christi wird deutlich, dass im irdischen Leib eines Christen ein Kampf tobt zwischen den leiblichen Organen und den geistlichen Organen (Rö 7:23). Nicht Fremde sind es, die uns verführen, sondern unser eigener Leib. Unsere Füße tragen uns an Orte, an denen wir nicht sein sollten; unsere Hände tun Dinge, die wir nicht tun sollten und unsere Augen sehen Dinge, die wir nicht sehen sollten. Und doch ist etwas in uns, dass uns tun lässt, was wir nicht wollen (Rö 7:22-24). Unser irdischer Leib hat Begierden (Rö 6:12, Jak 1:14). Doch wir selbst entscheiden in Freiheit, ob wir ihn in den Dienst diesen Begierden stellen oder dem Geist Gottes folgen wollen (Rö 6:13.19). Christlicher Glaube ist also keine reine Kopf- oder Gefühlssache: Es sind unsere Hände, Füße und Augen, die in der Schusslinie stehen: zwischen Gottes Geboten und der Führung durch Seinen Heiligen Geist auf der einen - und unseren Begierden, die von der Sünde, die in unserem Fleisch wohnt (Rö 7:17), angestachelt werden (Jak 1:14), auf der anderen Seite. Dazwischen aber steht unser Wille der nun entscheiden muss, wem er folgt: dem begierigen Ruf der Sünde im Fleisch, oder dem liebenden Gebot Gottes, der uns gebietet: "Du sollst Deinen Nächsten lieben, wie Dich selbst" (Mt 22:39) oder "Du sollst nicht ehebrechen" (Mt 5:27), etc.

Wie wir entscheiden ist dabei nicht gleichgültig, sondern von ewiger Bedeutung, denn Glaube geht den ganzen Menschen an: Was wir tun hat Einfluss darauf, wer wir sind und wer wir sein werden und wohin wir uns entwickeln; ja, auf unser ewiges Schicksal. Ein Glaube ohne Werke rettet niemanden; er ist tot (Jak 2:14.17) und nichts nütze. Das war damals so wahr wie heute. So schrieb schon Luther: "Aber das [ihr Glaube] eine lautere Hülse sei, sieht man daran, dass sie nicht denken, danach zu leben ..., dass man sehen könnte, dass es ihnen Ernst wäre, haben nicht mehr davongebracht, denn dass sie gehört haben, dass man allein durch den Glauben Vergebung der Sünden kriege und selig werde und mit Werken solches nicht erlangen könne. Daher werden sie faul und wollen nun keine Werke tun, gehen immer dahin unter dem Namen des Glaubens und werden ärger denn zuvor und leben also, dass auch die Welt sie strafen muss, geschweige, dass sie vor Gott sollten bestehen können." Ja schon Johannes der Täufer predigte, dass niemand Gottes Zorn entrinnt, der nicht rechtschaffene Werke der Busse aufweist, sondern sich auf einen falschen Glauben verlässt (Lk 3:7-9). Sondern, dass vielmehr das Ende des Weges, den unsere Füße gemäß unseren Entscheidungen einschlagen, der Lohn für die Werke unserer Hände sein wird. Und dass die Strafe für die Lust unserer Augen, wenn wir nicht täglich umkehren, das ewige Feuer ist.

Und nur, weil das so ist, weil die Heiligkeit Gottes keine Sünde in seinem Himmel duldet, weil wir unbedingt (nicht nur 'de jure', sondern auch 'de facto') heilig werden müssen, wenn wir Gott einmal sehen wollen (Heb 12:14), darum warnt uns Christus so eindringlich davor, uns nicht von unseren eigenen Gliedern verführen zu lassen, sondern sie lieber zu amputieren, als uns von ihnen zu dem verleiten zu lassen, was uns in Verdammnis bringt und, durch unser schlechtes Beispiel, unsere Geschwister im Glauben verführt. Besser, so lehrt uns Christus eindringlich, verkrüppelt in Gottes Himmel eingehen, als alle Ewigkeiten in der Hölle zu verbringen. 


Fragen zur praktischen Anwendung

  • Welche Versuchung ist gegenwärtig für Dich die schlimmste?
  • Wo stehst Du in der Gefahr, anderen ein schlechtes Beispiel zu sein?
  • Was kannst und willst Du tun, um der Sünde zu entfliehen?

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