Mittwoch, 1. Mai 2013

Was tun, wenn uns der Zweifel überfällt...

Grundproblematik
 
Wenn auch nicht täglich, so haben wir doch alle immer wieder einmal mit Zweifeln zu kämpfen, der "Krankheit des Glaubens". Dabei hat der Zweifel in der Regel immer den gleichen Grundinhalt

Bezweifelt wird zumeist:
    Die Existenz Gottes (Atheismus, Nihilismus)
      • "Gott ist tot!" (Nietzsche)
      • "Wo ist nun Dein Gott?" (Ps 42:4) 
    Dieser Zweifel fragt sich angesichts des Leidens in der Welt und des eigenen Leidens, ob es überhaupt einen Gott gibt. Dass also das Leiden der Welt und das eigene Leid offensichtlich fortbestehen, gibt Anlass zur Frage, wo denn nun bitteschön Gott in all diesem Leid sei und ob aus dem Nichterkennbarkeit Seines Eingreifens nicht auch das Nichtvorhandensein seiner Existenz gefolgert werden müsse.
    Dieser Zweifel fragt also nach der Existenz und der Möglichkeit der Erkenntnis Gottes.
    Der gute Charakter Gottes (Theodizeefrage)
      • und Seiner Gebote: "Ja, sollte Gott [wirklich] gesagt haben?" (1Mo 3:1) und zwar
      • angesichts persönlichen Leidens und Not: "Als es mir wehe tat im Herzen..." (Ps 73:21f
    Dieser Zweifel setzt die Existenz Gottes zwar prinzipiell voraus, fragt sich jedoch angesichts des entweder einschränkenden oder fordernden Charakters von Gottes Geboten, ob Gott dem Menschen etwas vorenthalten wolle, oder ob er wirklich gute Absichten mit diesen Geboten verfolge. Auch die Frage nach dem Leiden der Welt und nach dem eigenen Leid wird hier nicht mit der Frage nach der Existenz Gottes beantwortet, sondern mit der Frage nach Seiner Gutheit.
    Diesem Zweifel geht es um die Frage nach der Ethik und charakterlichen Integrität Gottes.
    Die Glaubwürdigkeit Seines Wortes (Bibelkritik)
    Dieser Zweifel zielt auf die Verlässlichkeit der Schrift und des darin vermittelten biblischen Gottesbildes, in dem er danach fragt, ob die Schrift wirklich von Gott eingegeben sei, ob sie korrekt überliefert oder von Menschen verfälscht oder sonstwie in ihrer Glaubwürdigkeit beschädigt worden sei.
    Es geht diesem Zweifel also um die Frage der Authentizität und der Qualität der Schrift.

    Antwortmöglichkeiten

    Auf jede dieser Formen des Zweifels können eine Vielzahl theoretischer Antworten gegeben werden, die dann nach Belieben analysiert, angegriffen, verteidigt und sonstwie diskutiert werden können, wie z.B. ...
    Existenz Gottes
    ...die Beantwortung der Frage nach der Existenz und der Möglichkeit der Erkenntnis Gottes mittels eines sogenannten 'Gottesbeweises' (z.B. dem ontologischen Beweis nach Anselm von Canterbury, dem kosmologischen Beweis nach Thomas von Aquin oder als moralische Notwendigkeit nach Immanuel Kant; letzterer übrigens ohne Möglichkeit der Erkenntnis des Transzendenten aus dem Immanenten heraus).
    Charakter Gottes
    ...die Beantwortung der Frage nach der Ethik und charakterlichen Integrität Gottes mittels des Argumentes nach Gottes Funktion im Gericht (Rö 3:6), bzw. in direkter Ableitung aus expliziten Aussagen der Schrift (Ps 33:5, 1Jo 1:5, u.v.a.m).
    Glaubwürdigkeit der Schrift
    ...die Beantwortung der Frage nach der Authentizität und der Qualität der Schrift aus literaturhistorischer Sicht, aus Sicht der Prophetie oder aus Sicht der Archäologie.

    Diese Vielzahl theoretischer Antworten mag zwar zu interessanten und abendfüllenden Gesprächen führen, doch dem Zweifelnden sind diese kein Trost. Dem persönlich Betroffenen stellt sich ja vielmehr die Frage: "Wie gehe ich mit dem Zweifel um?" Oder besser: "Wie werde ich den Zweifel los?" Die Antwort auf diese Fragen sind also mehr auf der Handlungsebene angesiedelt, als auf der intellektuellen Ebene, ohne jedoch die intellektuelle Ebene auszugrenzen. Daher möchte ich im folgenden von meinem ganz persönlichen Umgang mit dem Zweifel berichten - in der Hoffnung, dass es dem einen, oder anderen eine Hilfe sein mag.


    Theorie für die Praxis

    Zu Beginn ist mir dabei wichtig festzustellen, dass die oben genannten Antwortmöglichkeiten eine innere 'Reihenfolge' oder 'Ordnung' haben, denn: Sind die Authentizität und Qualität der Heiligen Schrift erst einmal geklärt, dann klären sich mit ihnen auch die Fragen nach der Existenz, sowie nach der ethischen Integrität des Charakters Gottes, denn zu diesen Fragen bezieht die Heilige Schrift klar Stellung.

    Mir waren dabei in der Praxis folgende Überlegungen eine Hilfe:
    Argumente für die Glaubwürdigkeit der Schrift
    Neben den in früheren Artikeln gegebenen Argumenten für die Glaubwürdigkeit der Schrift aus literaturhistorischer Sicht, aus Sicht der Prophetie oder aus Sicht der Archäologie war es mir immer ein Trost, zu wissen, dass fast alle Apostel und einige Kirchenväter als Märtyrer ihr Leben für ihren Glauben an die Wahrheit des Evangeliums ließen.
    Ich fragte mich: "Wer würde angesichts des Todes an einer Lüge festhalten?" Die regelmäßig danach auftauchende Frage nach der moralischen Integrität der Apostel ist aus der Schrift sehr einfach zu beantworten: Jeder, der die biblischen Zeugnisse aufmerksam liest, kann nicht umhin, die Aufrichtigkeit, ja teilweise Einfalt der Berichte zu bemerken. Wenn also der Apostel Johannes schreibt:
    "Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens - und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist -,was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus. Und das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei." (1Jo 1:1-4)
    dann kann ich ihm gerade aufgrund seiner Einfalt glauben schenken, dass was er da berichtet tatsächlich sein ganz persönlicher Augenzeugenbericht ist. Darauf folgende, etwaig noch rührige Zweifel an der korrekten Überlieferung der Schrift wurden mit den Jahren und mit fortschreitendem Studium der Schrift (Joh 5:39, Apg 17:11) und der Literaturhistorie ebenfalls immer seltener. Vielmehr kann ich nach über 25 Jahren Prüfung bestätigen: "Alle Schrift [ist] von Gott eingegeben" (2Tim 3:16).
    Existenz und Erkenntnis Gottes
    In der Praxis bewährt hat sich für mich der kosmologischen Beweis des Thomas von Aquin, genauer: der Kausalitätsbeweis in folgender Abwandlung: "Das Universum existiert seit dem Urknall. Mit dem Urknall entstanden Zeit und Raum. Als Auslöser für die unvorstellbaren Energien des Urknalls kommt nur eine Ursache in Frage, die 'allmächtig', 'überzeitlich' und 'überräumlich' ist: Gott."
    Damit ist für mich nicht nur die Frage nach der Existenz Gottes beantwortet, sondern mit Römer 1:20 auch die Frage nach Erkenntnis Gottes: "Denn Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird seit der Schöpfung der Welt ersehen aus seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt..."
    Charakter Gottes
    An dieser Stelle, das sei hier eingestanden, kämpfe ich am stärksten, härtesten und schon am längsten. Allein aus diesem Grunde habe ich vor etlicher Zeit eine systematische Theologie basierend auf der Analyse der Psalmen und des Matthäus-Evangeliums begonnen, deren exegetische 'Nebenprodukte' regelmäßig in diesem Blog erscheinen.
    Doch trotz allem Studium kämpfe ich noch immer mit der Spannung die sich aus dem Leid in meinem Leben und dem Leben meiner Nächsten, dem scheinbaren und teilweise realen Schweigen Gottes und Seinem in der Schrift offenbarten Charakter ergibt.
    Die Gedanken, die mich in solchen Spannungen bis zu einem gewissen Punkt getragen haben, sind diesen Versen entnommen: "Denn meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der HERR,sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken." (Jes 55:8f). Und: "Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der HERR: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet." (Jer 29:11).
    Kurz: Ich armes, begrenztes und fehlerhaftes Menschlein kann in keinster Weise auch nur im Ansatz ermessen, was Er, der unendlich Weise und Allwissende plant. Mein Verstand ist zu klein um zu verstehen, was Gott mit all dem 'Durcheinander' in meinem Leben vorhat. Oder mit den Worten des Predigers Salomo: "Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur dass der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende." (Pred 3:11)
    So bleibt mir oft nur, die Spannung des Leidens, des Glaubens und noch nicht Schauens, auszuhalten. Doch das gelingt im Hinblick auf die Frage nach dem guten Charakter Gottes oftmals nur noch durch das Studium der Psalmen und wenn es ganz hart auf hart kommt:
    Im Anblick meines Heilandes am Kreuz.
    Nur dort wird sichtbar, dass Gott gut sein muss: Er richtet die Sünde (Er ist also gerecht) und Er trägt meine Sünde (und beweist damit de facto, dass Er barmherzig ist). Manchmal früher, manchmal später kann ich -so aufs Kreuz blickend- dann mit Paulus ausrufen: "was ich jetzt lebe im Fleisch, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat und [hat] sich selbst für mich dahingegeben." (Gal 2:20)
    In dieser Spannung, innerlich leidend und um Gottes Existenz und Seine Gutheit wissend, bleibt mir nichts anderes, als zu warten, dass Gott seine Verheißungen wahr macht, wie Er es im Propheten Habakuk bezeugt: "Die Weissagung wird ja noch erfüllt werden zu ihrer Zeit und wird endlich frei an den Tag kommen und nicht trügen. Wenn sie sich auch hinzieht, so harre ihrer; sie wird gewiss kommen und nicht ausbleiben" (Hab 2:3).
    Beim diesem Warten helfen dann auch Paulus' Aussagen aus dem Römerbrief: "Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld. Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt. Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht. Was wollen wir nun hierzu sagen? Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? Wie geschrieben steht (Psalm 44,23): »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. " (Rö 8:24ff).

    Weiterführende Gedanken

    Mir ist bewußt, dass ich das Problem des Zweifels und des Leidens und die Antworten darauf nur im Groben anreißen konnte. Daher möchte ich an dieser Stelle noch drei Bücher empfehlen, von denen zwei mir bereits sehr gute Dienste geleistet haben und deren Drittes ich leider noch nicht kenne (jedoch den empfehlenswerten Autor):
    Ich möchte dieses Posting abschließen mit den Versen aus zwei Liedern, die mein Vater auf seiner Beerdigung singen ließ; eines davon war schon seit Jahren zuvor eines meiner liebsten Kirchenlieder: 
    So nimm denn meine Hände
    1. So nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich. Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt: wo du wirst gehn und stehen, da nimm mich mit.

    2. In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz. Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind: es will die Augen schließen und glauben blind.

    3. Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht: so nimm denn meine Hände und führe mich bis an mein selig Ende und ewiglich!
    Befiehl Du Deine Wege
    1. Befiehl du deine Wege und was dein Herze kränkt der allertreusten Pflege des, der den Himmel lenkt. Der Wolken Luft und Winden gibt Wege, Lauf und Bahn der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann.
    2. Dem Herren musst du trauen, wenn dir's soll wohlergehn; auf sein Werk musst du schauen, wenn dein Werk soll bestehn. Mit Sorgen und mit Grämen und mit selbsteigner Pein lässt Gott sich gar nichts nehmen: es muss erbeten sein.
    3. Dein ewge Treu und Gnade, o Vater, weiß und sieht, was gut sei oder schade dem sterblichen Geblüt; und was du dann erlesen, das treibst du, starker Held, und bringst zum Stand und Wesen, was deinem Rat gefällt.

    4. Weg hast du allerwegen, an Mitteln fehlt dir's nicht; dein Tun ist lauter Segen, dein Gang ist lauter Licht. Dein Werk kann niemand hindern, dein Arbeit darf nicht ruhn, wenn du, was deinen Kindern ersprießlich ist, willst tun.

    [Predigt als MP3]



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