Sonntag, 21. Oktober 2012

Die Speisung der Fünftausend (Mt 14:13-21)

Text

13 Als das Jesus hörte, fuhr er von dort weg in einem Boot in eine einsame Gegend allein. Und als das Volk das hörte, folgte es ihm zu Fuß aus den Städten. 14 Und Jesus stieg aus und sah die große Menge; und sie jammerten ihn, und er heilte ihre Kranken. 15 Am Abend aber traten seine Jünger zu ihm und sprachen: Die Gegend ist öde, und die Nacht bricht herein; laß das Volk gehen, damit sie in die Dörfer gehen und sich zu essen kaufen. 16 Aber Jesus sprach zu ihnen: Es ist nicht nötig, daß sie fortgehen; gebt ihr ihnen zu essen. 17 Sie sprachen zu ihm: Wir haben hier nichts als fünf Brote und zwei Fische. 18 Und er sprach: Bringt sie mir her! 19 Und er ließ das Volk sich auf das Gras lagern und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel, dankte und brach's und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. 20 Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll. 21 Die aber gegessen hatten, waren etwa fünftausend Mann, ohne Frauen und Kinder.



Kommentar



Zusammenfassung


Bedrängt vom Blutdurst Herodes und betrübt über den Tod Seines geliebten Cousins sucht Jesus die einsame Stille zum Gebet. Aufgrund Seines Ruhmes folgen ihm Tausende aus den Städten samt ihren Frauen, Kindern und ihren Kranken in die Einöde und werden von Jesus gelehrt und geheilt. Am Ende nutzt Jesus die naive Sorge Seiner Jünger um das leibliche Wohl der Menge, um Seine Herrlichkeit zu offenbaren und uns gleichzeitig ein Bild für die Predigt von Seinem Opfer und Seiner Hingabe für die Welt zu geben, die er an uns als seine Stellvertretern delegiert und die Er allein durch Seine Macht so segnet, dass für uns alle mehr als genug bleibt.


Struktur

13-14 Der Kummer Jesu, die Not des Volkes und die Barmherzigkeit Jesu
15-17 Die Sorge der Jünger, der Befehl Christi und die Begrenzung der Jünger
18-21 Die Autorität Christi, Sein Gebet, Sein Opfer und Seine an uns delegierte Wundermacht


Inhalt

13a «Künftige Ereignisse werfen ihre Schatten voraus» mahnte der schottische Dichter Thomas Campbell in Seinem Werk „Lochiel’s Warning“. So wurde auch die Speisung der 5.000, sicher eines der zumindest quantitativ eindrücklichsten Wunder Jesu, von der Enthauptung seines geliebten Cousins, Johannes des Täufers, überschattet. Wie sehr diese Botschaft unseren geliebten Herrn Jesus geschmerzt haben muss, können wir vielleicht erahnen, wenn wir bedenken, dass Jesus und Johannes, durch Gottes Geist gewirkt, einander schon im Mutterleib voll Freude nahe waren (siehe Lk 1:44). Sicher war die Nachricht von Johannes' Tod für Jesus schmerzlich und vielleicht war sie gar eine Anfechtung des Vertrauens Seiner menschlichen Natur in die gütige Vorsehung Gottes. Doch nicht nur dies, sondern auch die Gedanken des blutrünstigen Herodes, der in Jesus den reinkarnierten Johannes sah (Mt 14:1-2) wurden Jesus bekannt. So von außen und auch innen bedrängt, will Jesus sich aus dem Herrschaftsbereich Herodes' ins Ödland zurückziehen. Und dies wohl nicht allein aufgrund der dort herrschenden Einsamkeit, sondern, Seiner guten Gewohnheit folgend, wohl auch, um in der stillen Zwiesprache des Gebetes mit Seinem VaterKraft, Hoffnung, Trost und Wegweisung zu finden. Auch seinen Jüngern will Jesus eine Ruhepause von deren aufreibendem Einsatz verschaffen (Mk 6:31) und so verlässt Er Seine bisherige Wirkungsstätte und setzt mit dem Boot in Richtung Betsaida über das galiläische Meer, den See Genezareth (Lk 9:10).

13b Doch Jesu' Popularität ist bereits so groß, dass Er kaum mehr etwas unternehmen kann, ohne dass es dem Volk sogleich bekannt wird. Und ungeachtet Jesu' Wunsch nach Stille folgt Ihm das Volk, in seiner eigenen Not begierig nach Seiner Lehre und Seinen Wundern (Mt 12:1ff): Zu Tausenden verlassen sie ihre Städte und machen sich auf den weiten Fußmarsch um den See, hin zu dem einsamen Ort zu dem sie Jesus und die Jünger haben aufbrechen sehen. Bei sich haben sie ihre Kranken und in ihren Herzen wohl den Wunsch nach Wegweisung, Heilung und Linderung ihrer Not.

14 So stark war ihr Verlangen, dass sie den längeren Weg entlang des Ufers schneller zurück legten, als das Boot auf direktem Wege über den See und schon vor dessen Ankunft eintrafen (Mk 6:33). Und so vereitelten sie den offenkundigen Wunsch Jesu, sich in die Einsamkeit zurück zu ziehen und Seinen Jüngern eine Pause zu gönnen. Doch Jesus, unseren großen Hirten (Heb 13:20), kümmert die Not Seiner Schafe (Mk 6:34) mehr als Seine eigene: auch hier stellt Er sich und Seine Bedürfnisse ganz zurück, dient dem Volk als Arzt (2Mo 15:26b, Lk 4:23) und heilt ihre Kranken. Wo wir in unserer Sündhaftigkeit und unserem Egoismus nur all zu bald von Ungeduld oder gar zum Zorn versucht sind, zeigt sich das herrliche Wesen unseres Herrn: in Seiner unvergleichlich selbstlosen Barmherzigkeit, Güte und Freundlichkeit.

15-17 Nach dem sich ein langer Tag zu seinem Ende neigt, an welchem Jesus nicht nur eine lange Predigt über Gottes Reich gehalten und viele Heilungen (Mk 6:34, Lk 9:11) gewirkt hatte, sorgen sich die Jünger um die Ernährung der Volksmenge; als hätte Er, der immer wusste, was im Menschen war (Joh 2:25), dies aus dem Blick verloren. Und so erteilen sie Christus, Ihrem Herrn, den wohlgemeinten Rat, das Volk doch in die umliegenden Gemeinden zu entlassen, damit sie sich versorgen könnten. Aber Jesus stellt Ihnen klar, dass diese sicher gut gedachte Maßnahme, aus Seiner göttlichen Sicht betrachtet, gar nicht notwendig ist. Im Gegenteil! In der aktuellen Not sieht Er eine wunderbare Möglichkeit, den Jüngern Seine Herrlichkeit zu zeigen und Ihnen so für spätere Herausforderungen den Glauben zu stärken. Und so erteilt Er Seinen Jüngern souverän Befehl, die riesige Volksmenge selbst zu versorgen und macht ihnen so auch ihre menschliche Begrenztheit bewusst. Die Jünger jedoch sind der irdischen Perspektive so verhaftet, dass sie mit ihrem Blick nur sehen, was vor Augen ist: einen Bruchteil dessen, was zur Verpflegung der 5.000 notwendig wäre; in ihren Augen ein Nichts.

18-21 Doch Jesus lässt nicht locker und befiehlt den Jüngern, dieses 'Nichts' zu IHM zu bringen; zu IHM, dessen Allmachtswort die Sterne schuf (Hi 9:9, Am 5:8, Eph 3:9, Kol 1:16). Und als Er dieses 'Nichts' in Händen hält, schaut Er zum Himmel auf und spricht die Beracha, den Segen und Lobspruch über das Brot: „Gelobt seist Du, Ewiger, unser Gott, der Du das Brot aus der Erde hervorgehen lässt!“ und bleibt auch hier, wie in allem, "unter dem Gesetz" (Gal 4:4) und gibt so Seinem Vater im Himmel, uns zum Vorbild, die Ehre. Und so, wie Er Seinen eigenen Leib für uns hat brechen lassen (Mt 26:26), so bricht Er auch hier das Brot. Und so wie Er uns aufgetragen hat, Sein Volk mit Seinem Wort zu speisen (Mt 28:20), so delegiert Er Sein Werk der Speisung an Seine Jünger, die diese dank Seiner Wundermacht gesegnete Nahrung nun an das Volk austeilen dürfen. Nur so, indem sie ihre Gaben Jesus auslieferten und Er sie segnete, war es möglich, dass am Ende nicht nur alle gesättigt wurden, sondern noch eine Fülle von Körben übrig blieb; auch dies ist ein Zeichen für die verschwenderische Güte Gottes im Evangelium, dem Wort Gottes (Joh 1:1), welches in Christus, dem Brot der Welt (Joh 6:51) zu uns gekommen ist.


Praktische Anwendung

1. In unserer inneren und äußeren Not dürfen wir in die Stille des Gebets zu Gott fliehen.
2. Wir sollen Christi Befehl folgen: Der Hunger Seines Volkes ist wichtiger als unsere eigene Unfähigkeit.
3. Unser Weniges ist in den Händen Christi, dem Schöpfer aus Nichts, mehr als genug.

[Predigt als MP3]

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