Samstag, 26. September 2015

Wie sollen wir mit Flüchtlingen und Asylanten umgehen?

WARUM UND WOZU DIESER ARTIKEL

Warum

Die aktuelle Flüchtlingsdebatte ist in aller Munde. Fragen über Fragen türmen sich auf. Wer soll aufgenommen werden? Wer sollte abgewiesen werden? Gibt es einen Unterschied zwischen Wirtschaftsflüchtlingen und Asylbewerbern aus Krisengebieten? Wie sollen wir mit den sozialen und finanziellen Herausforderungen umgehen?

Wozu

Ziel dieses Artikels ist es, einen Lösungsraum aufzuspannen, der Leitlinien für unsere Entscheidungen bereitstellt und damit Hilfestellungen für unsere ganz persönliche Einstellung und unsere daraus resultierenden, praktischen Entscheidungen zu geben vermag. Im Sinne von Freiheit und persönlicher Verantwortung kann und darf die Entscheidungsfindung keinem einzelnen von uns abgenommen werden. Dieser Artikel will anhand der Heiligen Schrift vielmehr ein Bild von dem zeichnen, wie Gott sich unseren Umgang mit bedrängten Minderheiten vorstellt. 

Allein der Wille Gottes und Sein sich darin für uns offenbarendes Wesen, sollten die Richtschnur für unsere persönlichen Sichten und Aktivitäten sein. Nicht mehr – aber auch nicht weniger. Diesen Willen zu erkennen, um im Alltag ganz praktische Entscheidungen daraus abzuleiten, dazu will dieser Artikel einen Beitrag leisten.


GOTTES WILLE

Gebot

Der Wille Gottes für unseren Umgang mit Flüchtlingen, Asylanten, Ausländern und anderen herausgeforderten Minderheiten, wie Witwen oder Waisen wird schon im Alten Testament mehr als deutlich. Über allem steht das große Gebot der Liebe. Konkret sind wir aufgefordert, diesen von Krieg, Verfolgung und Armut bedrohten Menschen mit der gleichen Liebe zu begegnen, die uns – uns selbst gegenüber – so selbstverständlich scheint (3.Mose 19,34b).

Begründung

Als Begründung für diese Aufforderung – und somit quasi als Motivatoren – halten das Alte und auch das Neue Testament zwei wesentliche Gründe bereit: Zum einen sollen wir unsere uns fremden Mitmenschen lieben, weil Gott selbst sie liebt (5Mose 10:17-19). Zum anderen sollten wir uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir, vor allem als Christen, selbst Ausländer auf unserem Planeten sind (3.Mose 19,34b;  1.Chronik 29,14-16; Psalm 39,13; 1.Petrus 2,11-12).


AUSGESTALTUNG

Doch wie kann diese Liebe praktisch werden? Wie soll sie Gestalt annehmen? Die Antwort auf diese Frage beantwortet die Heilige Schrift mit von Gott verbrieften Rechten und mit den sich für uns aus diesen ergebenden Pflichten.

Rechte

Zum Ersten gilt vor Gott der Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz. Niemand soll aufgrund seiner Herkunft oder seines gesellschaftlichen Status vor Gericht benachteiligt werden (2.Mose 12,49; 3.Mose 24,22; 4.Mose 15,15-16; 4.Mose 15,29).

Diese Gleichstellung betrifft dabei nicht nur das Wohnrecht (3.Mose 19,33-34a) sondern – und hierin besteht für uns die wohl größte Herausforderung im Umdenken und Neudenken – auch in einem Anteil am Erbe des Volkes (Hesekiel 47,22). David hatte diesen Gedanken verstanden und konkret umgesetzt: Er gab den Fremden in Seinem Lande sogar die Möglichkeit, am Bau des Heiligtums ganz praktisch mit zu wirken und so die gemeinsame Heimat auch kulturell mit zu gestalten (1.Chronik 22,1-2).

Pflichten

Aus den genannten Pflichten ergeben sich für uns als Bürger auch ganz konkrete Pflichten. Zum einen bedingt der Grundsatz der Gleichheit aller vor dem Gesetz (Legislative) auch eine praktische Gleichstellung in der Rechtsprechung (Judikative). So macht Gott unmissverständlich klar, dass Rechtsbeugung und Unterdrückung vollkommen indiskutabel sind und Seinen ungeminderten Zorn, ja Seinen Fluch nach sich ziehen (5.Mose 24,17; 5.Mose 27,19; Jer 22,3).

Vielmehr sollen wir den uns fremden Menschen unser ganzes Mitgefühl schenken, Ihnen unsere Güte und Barmherzigkeit schenken und uns in ihre Lage versetzen, indem wir daran denken, wie es ist, Ausländer und Fremder zu sein in einem fremden Land (2.Mose 23,6-9; 3.Mose 19,33-34; Sacharja 7,9-10).

Auch sind wir aufgefordert, uns in jedem Falle so zu verhalten, dass auch das bürgerliche Leben und das wirtschaftliche Überleben unserer fremden Mitmenschen gesichert ist. Im Alten Testament geschah dies durch das Verbot der Nachlese (3.Mose 19,10; 3.Mose 23,22; 5.Mose 24,19; 5.Mose 24,20+21), die Aufforderung zur pünktlichen Lohnzahlung (5.Mose 24,14-15) und – man staune! – in der Anteilhabe am Zehnten, dem damaligen Äquivalent staatlicher Einnahmen (5Mose 14:28-29)!


Zielbild

Alle bisher beschriebenen Rechte und Pflichten bleiben jedoch noch weit hinter dem zurück, was Gott mit ihnen, ihrem Wesen nach, beabsichtigt. Schließlich geht es bei allen Rechten und Pflichten nicht um rein juristische Vorschriften. Es geht um echte Liebe. Um Zuneigung und Mitgefühl. Um Güte und Barmherzigkeit.

An zwei Stellen im Alten Testament wird das, was Gott mit Seinen Geboten beabsichtigt, besonders deutlich: in der Beschreibung des Wochenfestes und des Laubhüttenfestes (5.Mose 16:9-15) und der Darbringung der Erstlingsfrüchte und des Zehnten (5.Mose 26,5-11). In beiden Fällen ist die Rede von einer frohen und freudigen Festgemeinschaft, an der sowohl das Volk Gottes, als auch die Fremden teil haben sollten:
„Und sollst fröhlich sein vor dem HERRN, deinem Gott, du und ... der Fremdling, ... die in deiner Mitte sind ... Denke daran, dass du Knecht in Ägypten gewesen bist, und beachte und halte diese Gebote ... und du sollst fröhlich sein an deinem Fest, du und ... der Fremdling, ... die in deiner Stadt leben. ... Denn der HERR, dein Gott, wird dich segnen in deiner ganzen Ernte und in allen Werken deiner Hände; darum sollst du fröhlich sein.“ (5.Mose 16:9-15)
und weiter:
„Dann sollst du anheben und sagen vor dem HERRN, deinem Gott: Mein Vater war ein Aramäer, dem Umkommen nahe, und zog hinab nach Ägypten und war dort ein Fremdling ... Aber die Ägypter ... bedrückten uns ... Da schrien wir zu dem HERRN, ... Und der HERR erhörte unser Schreien und sah unser Elend, unsere Angst und Not und führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand ... und gab uns dies Land, darin Milch und Honig fließt. Nun bringe ich die Erstlinge der Früchte des Landes, das du, HERR, mir gegeben hast. - Und du sollst sie niederlegen vor dem HERRN, deinem Gott, und anbeten vor dem HERRN, deinem Gott, und sollst fröhlich sein über alles Gut, das der HERR, dein Gott, dir und deinem Hause gegeben hat, du und ... der Fremdling, der bei dir lebt.“ (5.Mose 26,5-11)

Das Ziel aller Gebote und Ordnungen Gottes ist also unmissverständlich: herzliche Gemeinschaft zwischen Bürgern und Fremden, die sich nicht nur in der Jurisdiktion und Rechtsprechung auswirkt, sondern von Herzen kommt. Eine Gemeinschaft, die dafür sorgt, dass ausnahmslos jedem nicht nur die gleichen Rechte eingeräumt und diese auch eingehalten werden, sondern dass herzliche Freundlichkeit, Güte und Barmherzigkeit unseren Esprit prägen. Eine Liebe, die letztendlich darin ihren Ausdruck findet, dass selbst die höchsten Jahresfeste gemeinsam und mit Freude gefeiert werden können.


AUSBLICK

Angesichts der aktuellen Situation bleiben viele Fragen offen. Fragen, die in diesem kurzen Artikel nicht nur nicht beantwortet werden, sondern die an vielen Stellen sogar nicht einmal aufgeworfen werden konnten. Dennoch möchte das hier aufgezeigte Leitbild einen Lösungsraum aufspannen, in welchem ganz konkrete Entscheidungen getroffen und Maßnahmen umgesetzt werden können. 

Wo sich unser Wille und unser Tun an der Liebe Gottes orientiert, werden wir auch Antworten auf die noch offenen Fragen finden. Letztlich ist es Gott selbst, der uns versprochen hat, uns angesichts der wirtschaftlichen und auch sozialen Herausforderungen nicht allein zu lassen: Wenn wir uns nach Seinem Willen richten, hat Er uns Seinen Segen versprochen – in allem, was wir tun (5Mose 14,29; 5Mose 24,19).

Möge Gott uns die Gnade und Weisheit geben, Seinen Willen – gerade heute! – zu tun.

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