Sonntag, 3. Januar 2016

Der rechte Gottesdienst (Ps 50:1-23)

Text

1 Ein Psalm Asafs. Gott, der HERR, der Mächtige, redet und ruft der Welt zu vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Niedergang. 2 Aus Zion bricht an der schöne Glanz Gottes. 3 Unser Gott kommt und schweiget nicht. Fressendes Feuer geht vor ihm her und um ihn her ein mächtiges Wetter. 4 Er ruft Himmel und Erde zu, daß er sein Volk richten wolle: 5 »Versammelt mir meine Heiligen, die den Bund mit mir schlossen beim Opfer.« 6 Und die Himmel werden seine Gerechtigkeit verkünden; denn Gott selbst ist Richter. SELA. 7 »Höre, mein Volk, laß mich reden; Israel, ich will wider dich zeugen: Ich, Gott, bin dein Gott. 8 Nicht deiner Opfer wegen klage ich dich an - sind doch deine Brandopfer täglich vor mir. 9 Ich will von deinem Hause Stiere nicht nehmen noch Böcke aus deinen Ställen. 10 Denn alles Wild im Walde ist mein und die Tiere auf den Bergen zu Tausenden. 11 Ich kenne alle Vögel auf den Bergen; und was sich regt auf dem Felde, ist mein. 12 Wenn mich hungerte, wollte ich dir nicht davon sagen; denn der Erdkreis ist mein und alles, was darauf ist. 13 Meinst du, daß ich Fleisch von Stieren essen wolle oder Blut von Böcken trinken? 14 Opfere Gott Dank und erfülle dem Höchsten deine Gelübde 15 und rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.« 16 Aber zum Gottlosen spricht Gott: »Was hast du von meinen Geboten zu reden und nimmst meinen Bund in deinen Mund, 17 da du doch Zucht hassest und wirfst meine Worte hinter dich? 18 Wenn du einen Dieb siehst, so läufst du mit ihm und hast Gemeinschaft mit den Ehebrechern. 19 Deinen Mund lässest du Böses reden, und deine Zunge treibt Falschheit. 20 Du sitzest und redest wider deinen Bruder; deiner Mutter Sohn verleumdest du. 21 Das tust du, und ich schweige; da meinst du, ich sei so wie du. Aber ich will dich zurechtweisen und es dir vor Augen stellen. 22 Begreift es doch, die ihr Gott vergesset, damit ich nicht hinraffe, und kein Retter ist da! 23 Wer Dank opfert, der preiset mich, und da ist der Weg, daß ich ihm zeige das Heil Gottes.«


Kommentar

Zusammenfassung

Mit dem Szenario eines gewaltigen Gerichtssaales, in welchem Gott der Allmächtige Selbst auf dem Richterstuhl sitzt und die ganze Welt in den Zeugenstand beruft, malt uns dieser Psalm ein Bild davon, wie der Ewige und Herrliche mit Seinem Volk, das Ihm am Sinai die Treue schwor, ins Gericht geht. Der Kern Seiner Anklage richtet sich gegen die herzlose und oberflächliche Heuchelei eines zum gesetzlichen Ritus verkommenen Gottesdienstes auf der einen und gegen die ignorante und gottesferne Frevelei auf der anderen Seite. Und doch ist Er, der gnädige und barmherzige Gott, noch immer bereit zur Versöhnung und ruft Sein Volk zur Umkehr; zurück in die dankbare Erkenntnis Seiner Selbst, Seines Wesens und Seines Heils.


Struktur

1-6 Der Ewige Herrliche ruft sein Bundesvolk zum Gericht und alle Welt in den Zeugenstand.

7-15 Er klagt den nur noch formalen und herzlosen Gottesdienst seines Volkes an.

16-22 Und er warnt die gottvergessenden Sünder vor Seinem schrecklichen Gericht.

23 Und doch bietet Er allen, die in herzlichem Dank zu Ihm umkehren, Sein Heil an.


Inhalt

1-6 Dieser Psalm Asafs spricht zu uns von der Ankündigung des Gerichtes Gottes über Sein Volk. Er, der von Ewigkeit her besteht (Ps 90:2, Dan 6:27, Joh 8:58, Heb 1:8, Offb 1:18), Er, dem kein Ding unmöglich ist (1Mo 35:11, Hi 42:2, Lk 1:37, Offb 1:8), Er, der Gott des Volkes Israel (2Mo 32:8, Ps 50:7), bricht im Glanz Seiner Herrlichkeit (Hes 10:4) aus Jerusalem, der Schönen, hervor und ruft die ganze Welt vom fernsten Osten bis zum weitesten Westen, in den Zeugenstand. Er kommt, um die Wahrheit zu sagen, nicht, um zu schweigen. Seine gewaltige Präsenz und Sein Wille zur Gerechtigkeit fressen vor Ihm her, wie eine gewaltige Feuersbrunst und ein schweres Unwetter (vgl. Hi 38:1, 40:6). Er kommt, um mit Seinem Volk ins Gericht zu gehen. Er erteilt den Befehl, alle vor Ihm zusammenzubringen, die zu Seinem Volk gehören, weil sie mit Ihm am Sinai einen Bund schlossen, als sie angesichts des Blutes der Opfertiere versprachen, Seine Gebote zu halten (2Mo 24,3-8). Er, der Ewige ist so sehr gerecht, dass sogar die Himmel davon Zeugnis geben werden. Niemand anderes wird der Richter Seines Volkes Gottes sein, als Er selbst, der vollkommen Gerechte. 

So ist nun der Gerichtssaal gefüllt: Gott selbst, der Ewige, Allmächtige und Gerechte - Er, der sich Israel in Liebe und Treue verbunden hatte, Er Selbst ist Richter. Die Nationen der Welt sind Zeugen. Das Volk Israel jedoch, welches einst mit Gott am Berg Sinai den Bund schloss, sitzt auf der Anklagebank. 


7-15 Der Prozess beginnt. Die Anlage erhebt Gott. Er ruft zur Achtsamkeit auf das, was Er zu sagen hat. Angeklagt ist Sein Volk. Eben dies Volk, das Er aus Liebe aus der Knechtschaft befreit hat. Das Volk, dem Er sich persönlich als Gott erzeigt hat; das Volk, mit dem Er einen Bund geschlossen hat. Doch nicht wegen des Opferdienstes klagt Gott Sein Volk an, verläuft dieser doch noch immer täglich nach dem von Ihm vorgeschriebenen Muster. 

Die Anklage reicht tiefer; sie reicht ins Herz: Denn das Wesentliche fehlt. So wie der Ehering nicht die Liebe ersetzt, so ersetzen auch die äußerlichen Opfer nicht den Dank, die Treue, das Gebet und den herzlichen Lobpreis aus der tiefsten Quelle der Seele. Delhalb macht Gott sein Volk also darauf aufmerksam, dass es ihm nicht um ein Opfern um des Opfers willen geht. Er will, wie jeder wahre Liebende, keine Geschenke um des Geschenkes willen. Er Selbst will gemeint sein. 

Wozu auch sollte er die Opfergaben des Volkes als solche wollen? Ihm, dem allmächtigen Schöpfer des Universums, gehört der ganze Erdkreis samt allen Tieren, die darauf leben; vom Hirsch im Walde bis zur Gemse auf den Felsklippen, von den Vögeln im Gebirge bis zu den Hasen auf dem Felde: alles ist Sein Eigentum. Was wir Menschen Ihm opfern, das opfern wir immer als das, was uns geschenkweise oder als Leihgabe anvertraut wurde. Wie ein Kind, das seinem Vater ein Geschenk kauft; von eben dem Taschengeld, das es zuvor von seinem Vater erhalten hat. Auch ist es nicht so, dass Er, der Sich Selbst Allgenügsame, Hunger litte oder es nötig hätte, dass ihm jemand zu essen oder zu trinken gäbe. Gott braucht das Fleisch und das Blut der Opfertiere weder in dem einen noch im anderen Sinne. 

Worum es ihm geht ist die herzliche Liebesbeziehung zu Ihm; dass das äußerliche Opfer sich mit der Liebe verbindet und Ausdruck einer Herzenzhaltung der Dankbarkeit wird, der Treue und des Gebets. Auf diese Haltung des Herzens hat Gott Seine Verheißung gelegt: "Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten!" Und angesichts dieser Errettung sollen wir Ihn von Herzen lobpreisen.


16-22 Nachdem Gott sich gegenüber den Gesetzlichen in Seinem Volk geäußert hat, wendet Er Sich nun mit ganzem Ernst an die Gottlosen. Angeklagt ist noch immer Sein Volk. Eben das Volk, das Er aus Liebe aus der Sklaverei Ägyptens befreit hatte. 

Doch etliche aus diesem Volk sind abgefallen von Gott und hatten Ihn nie in ihren Herzen. Sie sind stur, bockig und halsstarrig. Sie wollen sich nicht erziehen lassen. Und wie später der Sohn Gottes die Pharisäer aufs Schärfste rügt, so schilt auch der Vater die Heuchler in Seinem Volk: Was erdreisten sie sich, von Seinen Geboten zu reden? Gebote, die sie doch selbst nicht halten wollen? Was fällt ihnen ein, Gottes Liebesbund in ihren Mund zu nehmen, wo sie doch schon Seine Worte so sehr verachten, dass sie sie völlig gleichgültig - über die Schulter - hinter sich werfen?

Statt Gott zu lieben, Seine Gebote zu halten und Ihm zu dienen, ist ihr Leben voller Sünde und Gesetzesbrecherei: mit Leichtigkeit begeistert sich ihr Herz für Diebstahl. Völlig kritiklos und nicht im Geringsten angerührt vom herzzerreißenden, Leben und Familien zerstörendem Ehebruch, verbinden sie ihr Leben mit denen, die ihn begehen. Und wenn sie den Mund aufmachen, kommen Lügen, Bosheiten und üble Nachreden heraus, die nicht einmal vor der eigenen Familie haltmachen. Zu allem Überfluss aber haben sie auch noch eine verzerrte, ja völlig verkehrte Vorstellung von Gott: dass Seine abgrundtiefe Liebe, Sein weltumhüllendes Erbarmen und Seine äonische Geduld Ihn davon abhalten, schon jetzt zu verdammen, dass Seine Gnade ihn bewegt, zu schweigen, um ihnen als verstockten Sündern die Zeit zu geben zur Umkehr zu finden, zur Rettung vor Seinem ewigen Gericht - das deuten sie vollkommen irrig als Akt der Verbrüderung.

Doch Gott will ihnen, trotz all ihrer Bosheit - allein zu ihrem Heil - die Augen öffnen und sie korrigieren: »So wahr ich lebe, spricht Gott der HERR: Ich habe kein Gefallen am Tode des Gottlosen, sondern dass der Gottlose umkehre von seinem Wege und lebe. So kehrt nun um von euren bösen Wegen. Warum wollt ihr sterben, ihr vom Hause Israel?« (Hes 33,11). Nicht im Zorn spricht er zu ihnen, sondern in händeringender Sorge verlangt Ihn inständig danach, dass sie aus ihrer Gottvergessenheit erwachen und erfassen, in welcher tödlichen Gefahr sie sich befinden. Denn "Schrecklich ist's, in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen." (Hebr 10,31) Schrecklich, denn: Er ist's "...dessen Gewalt ewig ist und dessen Reich für und für währt, gegen den alle, die auf Erden wohnen, für nichts zu rechnen sind. Er macht's, wie er will, mit den Mächten im Himmel und mit denen, die auf Erden wohnen. Und niemand kann seiner Hand wehren noch zu ihm sagen: Was machst du?" (Dan 4:31b-32, vgl. Hi 9:12, 11:10, 23:13) Wo also Gottes Gericht verdirbt, da ist wahrhaftig nichts mehr zu retten und kein Retter mehr da.


23 Der Psalm schließt mit einer tiefen Weisheit: wer das Heil Gottes sehen will, der kehre um, ordne seine Wege und opfere Gott den Dank der Ihm gebührt. Denn Gottes Zorn richtet sich gegen eben dies: gegen die Gottvergessenheit und den Undank der Welt (Röm 1:18-21). Im Dankgebet jedoch findet der Mensch zurück an seinen gottgewollten Platz: in die Erkenntnis der Existenz Gottes, Seines heiligen, reinen, gerechten und unfassbar guten Wesens, Seiner Liebe, Gnade und Seines Erbarmens, Seines noch immer fortbestehenden Willens, selbst Heuchlern und Gottlosen gegenüber gnädig zu sein und letztlich in die schöpfungsgemäße Vereinigung von Schöpfer und Geschöpf in dankbarer, gottseliger und gegenseitiger Liebe.


Fragen und Anregungen zur praktischen Anwendung
  • Was prägt Deinen Gottesdienst? Oberflächliche Pflichterfüllung? Oder herzliche Liebe?
  • Was prägt Dein Leben? Gottvergessende Sünde? Oder dankbare Gotteserkenntnis?
  • Willst Du heute, jetzt, Gottes liebende Hand fassen, die Er dir aus Gnade entgegen streckt?

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