Sonntag, 5. Januar 2014

Von der Versuchung

Das Konzept, welches in der Heiligen Schrift Versuchung nennt, wird oft nur verkürzt wahrgenommen, nämlich im negativen Sinne als ein "in Versuchung führen". Durch diese allein negative Betrachtungsweise geht jedoch einiges von dem verloren, was Gottes Wort über Versuchung lehrt - sowohl, was ihre Natur, als auch was ihren Zweck und damit den rechten Umgang mit ihr betrifft. Dieser Blog-Eintrag will helfen, den Begriff etwas weiter auszuleuchten, in der Hoffnung, der Sache auch etwas Positives abzugewinnen und damit der Schrift treu zu sein. 

Zu diesem Zweck untersucht dieser Blog-Eintrag folgende Aspekte:
  • Bedeutung (Welche Bedeutungen hat der Begriff?)
  • Rahmen (In welchem größeren Rahmen findet Versuchung statt?)
  • Akteure (Wer sind die Akteure in der Versuchung?)
  • Zweck (Was ist der Zweck von Versuchung?)
  • Quelle (Was sind die Quellen von Versuchung?)
  • Vermeidung (Wie vermeidet man Versuchung?)
  • Umgang (Wie geht man mit versuchten Geschwistern um?)
  • Begrenzung (Inwiefern hat Versuchung Grenzen?)

Bedeutung
Eine vollständige Wortanalyse anhand einer Durchsicht des Alten und des Neuen Testamentes findet sich hier. Dabei wurde für den Wortstamm πειρα... (peira...) das Alte Testament in der griechischen Fassung der Septuaginta (LXX) und das Neue Testament durchsucht und alle auf diesem Wortstamm basierenden Einträge katalogisiert. Die Wortbedeutungen im AT und NT umfassen dabei grob drei Bedeutungsräume: einen positiven, eine negativen und einen neutralen.

Positiv
Im positiven Sinne verstanden, bedeutet 'versuchen' soviel, wie 'prüfen', 'erproben', 'auf die Probe stellen', 'mustern', 'untersuchen' oder 'inspizieren'. Es geht also um einen guten Zweck. Nämlich um eine Tätigkeit, die nötig ist, um die Tauglichkeit, Güte oder allgemeine Beschaffenheit von etwas zu ermitteln.

Negativ
Im negativen Sinne verstanden bedeutet 'versuchen' soviel, wie 'herausfordern' oder 'verlocken'. Es geht also um eine Aktion, die geeignet ist, das jeweilige Gegenüber zu einer Aktion zu verleiten, die moralisch nicht in Ordnung ist.

Neutral
Im neutralen Sinne verstanden bedeutet 'versuchen' soviel, wie 'bemühen' oder 'probieren'. Hier geht es also darum, eine Erfahrung zu machen; etwas zu unternehmen, um zu sehen, was am Ende dabei heraus kommt.


Rahmen 
Um den Zweck von Versuchung richtig einordnen zu können, scheint es sinnvoll, zuerst den Rahmen zu ermitteln, in dem Versuchung stattfindet, also die größere Perspektive menschlichen Daseins. 

Aus 1Mo 1,27 wissen wir, dass Gott,  den Menschen zu seinem Bilde schuf und dass der Mensch im Anfang "sehr gut" war (1Mo 1,31). Aus Mk 10,18 wissen wir zudem, dass seit dem Sündenfall niemand gut ist, als Gott allein. Doch genau zu diesem Zwecke wurden wir geschaffen: Gottes [ethisches] Abbild zu sein; und zu diesem Zwecke wurden wir mit der Freiheit ausgestattet, in Liebe zu wählen und zu handeln. Aus Jes 43,7 wissen wir zudem, dass diese Gottähnlichkeit dem Zweck der Ehre Gottes dient. Das also ist das große Ziel der Schöpfung: dass die Ehre Gottes verherrlicht wird - auch durch den Menschen. Aus diesem Grunde ist das große Ziel des Heilsplanes Gottes an uns gefallenen Geschöpfen, diese Ähnlichkeit mit Gott wiederherzustellen. Darum heißt es 2Kor 3,18: "Nun aber schauen wir alle mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel, und wir werden verklärt in sein Bild." Und wenn dieser Prozess einmal abgeschlossen sein wird, "werden wir ihm [ethisch] gleich sein" (1Joh 3,2).


Akteure 
Wer ist nun involviert in die Versuchungen, die uns betreffen. Die Heilige Schrift nennt uns drei Akteure:

Gott
An erster Stelle prüft uns Gott, der HERR, unser Schöpfer (im positiven Sinn). Er stellt uns dabei auf die Probe, -nicht um herauszufinden, was Er als der Allwissende (
Ps 139,2ff) ohnehin schon weiß-, sondern um uns selbst die Untiefen unserer Herzen zu offenbaren: "Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen? Ich, der HERR, kann das Herz ergründen und die Nieren prüfen und gebe einem jeden nach seinem Tun, nach den Früchten seiner Werke" (Jer 17,9). Darum betet auch David: "Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich's meine" (Ps 139,23). Durch unser Geprüftwerden offenbart sich dabei unsere Treue oder aber unsere Sündhaftigkeit.


Menschen 
Eine der Quellen von Versuchung (im negativen Sinn) ist die in uns wohnende Sünde. So schreibt schon Paulus: "Wenn ich aber tue, was ich nicht will, so tue nicht ich es, sondern die Sünde, die in mir wohnt." (Röm 7,20). 

Da auch das ganze Weltsystem aus Menschen besteht die unter dem Einfluss Satans stehen (s.u.), ist es nicht weiter verwunderlich, dass auch 'die Welt' eine Quelle der Versuchung zur Lust (im negativen Sinne) darstellt: "Denn alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt" (1Joh 2,16).

Als Akteur sollte sich der Mensch im Übrigen nie versteigen, Gott auf die Probe stellen zu wollen, wie der Satan es mit Jesus in der Wüste probierte und zur Antwort bekam: "Da sprach Jesus zu ihm: Wiederum steht auch geschrieben (5.Mo 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«" (Mt 4,7). Denn ein solcher Versuch, Gott auf die Probe zu stellen, wäre nichts anderers als unverblümter Zweifel, offenbarer Hochmut und offene Rebellion.

Satan 

Als letzter der Akteure sei der Widersacher Gottes genannt. Er ist ein "Mörder von Anfang an" (Joh 8,44) und möchte uns Menschen (im negativen Sinne) versuchen, um uns zu verderben und "geht [dazu] umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge" (1Petr 5,8). Doch ohne es zu wollen, fungiert er dabei als Werkzeug: Ob im Falle Hiobs (Hi 1,6ff) oder im Falle Christi (Mt 4,1) - er will allein zerstören und zu Fall bringen - und doch ist er nichts weiter als ein Werkzeug in Gottes Hand.


Zweck 
Der Zweck der Versuchung ist also die Offenbarung unserer Herzen. Und zwar nicht theoretisch, sondern faktisch und praktisch und ganz real. Und nicht für Gott, der ohnehin schon alles weiß, sondern für uns, die wir mit David beten müssen "Wer kann merken, wie oft er fehlet? Verzeihe mir die verborgenen Sünden!" (Ps 19,13).


Quelle
Die Quelle unserer Versuchung (im negativen Sinne) liegt dabei nicht so sehr im Außen, sondern vielmehr im Inneren unseres Wesens. Es sind nicht die (neutralen) Dinge selbst, die uns versuchen, sondern unsere eigenen Lüste, die diese Dinge [auf unrechtmäßige Weise und auf unrechtmäßigem Wege] besitzen wollen. 

Auf gar keinen Fall aber liegt die Quelle unserer Versuchung (im negativen Sinne) in Gott. Denn Jakobus lehrt: "Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand [im negativen Sinne]. Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt" (Jak 1,13f).


Vermeidung
Die wesentlichste Regel oder Aktivität zur Vermeidung von Versuchung ist das Gebet, verbunden mit einem wachen Geist, der vor der Versuchung auf der Hut ist. Aus diesem Grunde hat Jesus eindrücklich gelehrt: "Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach." (Mk 14,38).

Mindestens genau so wichtig ist es jedoch, nicht nach Reichtum oder den Dingen der Welt zu streben, sondern der Heiligung nachzujagen (Hebr 12,14). Denn "die Sorgen der Welt und der betrügerische Reichtum und die Begierden nach allem andern dringen ein und ersticken das Wort, und es bleibt ohne Frucht." (Mk 4,19).



Umgang
Und sollten wir erfahren, dass unser Bruder oder unsere Schwester der Versuchung nicht widerstanden haben, sondern zu Fall gekommen sind, so sollten wir uns den Rat des Paulus zu Herzen nehmen und uns (um der Liebe und damit der Gottähnlichkeit und damit unseres Daseinszweckes willen) mit Sanftmut um unsere Geschwister kümmern - und nicht in belehrendem Hochmut, denn wir wissen nicht, wann wir selbst das nächste mal fallen: "Liebe Brüder, wenn ein Mensch etwa von einer Verfehlung ereilt wird, so helft ihm wieder zurecht mit sanftmütigem Geist, ihr, die ihr geistlich seid; und sieh auf dich selbst, dass du nicht auch versucht werdest" (Gal 6,1). 

Begrenzung
In aller Versuchung, wie schwer oder lange sie auch sein möge, dürfen wir jedoch dies eine wissen: "Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr's ertragen könnt" (1Kor 10,13). 

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