Bekenntnis und Bitte eines Unschuldigen (Psalm 26:1-12)
Text
1 Von David. HERR, schaffe mir Recht, denn ich bin unschuldig! Ich
hoffe auf den HERRN, darum werde ich nicht fallen. 2 Prüfe mich, HERR,
und erprobe mich, erforsche meine Nieren und mein Herz! 3 Denn deine
Güte ist mir vor Augen, und ich wandle in deiner Wahrheit. 4 Ich sitze
nicht bei heillosen Leuten und habe nicht Gemeinschaft mit den Falschen.
5 Ich hasse die Versammlung der Boshaften und sitze nicht bei den
Gottlosen. 6 Ich wasche meine Hände in Unschuld und halte mich, HERR, zu
deinem Altar, 7 dir zu danken mit lauter Stimme und zu verkündigen alle
deine Wunder. 8 HERR, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den
Ort, da deine Ehre wohnt. 9 Raffe meine Seele nicht hin mit den Sündern
noch mein Leben mit den Blutdürstigen, 10 an deren Händen Schandtat
klebt und die gern Geschenke nehmen. 11 Ich aber gehe meinen Weg in
Unschuld. Erlöse mich und sei mir gnädig! 12 Mein Fuß steht fest auf
rechtem Grund. Ich will den HERRN loben in den Versammlungen.
Kommentar
1 In diesem Lied bittet David Gott um Hilfe in einem für ihn
lebensbedrohlichen Konflikt und beruft sich dabei auf seine Redlichkeit
und Frömmigkeit: Er bittet Gott, ihm zu seinem Recht zu verhelfen und
somit sein Leben zu bewahren.
Doch David's Berufung auf seine
Redlichkeit und Frömmigkeit sind nicht falsch zu verstehen: wie
Jahrhunderte nach ihm der Prophet Jesaja, so weiß auch David, dass vor
Gott, dem absolut Heiligen und Reinen, "all unsre Gerechtigkeit ist, wie
ein beflecktes Kleid." (Jes 64:5). So dichtet er auch später selbst die
Verse: "Siehe, ich bin als Sünder geboren, und meine Mutter hat mich in
Sünden empfangen." (Ps 51:7).
David weiß also: seine
Redlichkeit und Frömmigkeit sind nicht zu verwechseln mit Sündlosigkeit
und stellen keine Verpflichtung für Gottes Hilfe dar. Vielmehr weiß
David "daß Gott die Sünder nicht erhört; sondern den, der gottesfürchtig
ist und seinen Willen tut, den erhört er." (Joh 9:31)
Das ist
der wahre Grund aus dem David Gott auf Seine Frömmigkeit hinweist.
Gottes Hilfe erwartet er sich jedoch vielmehr von seiner Hoffnung auf
Gott und gründet sie auf Dessen Wesen und Charakter, auf Seine
Barmherzigkeit, Güte und Treue (vgl. Ps 40:12). David glaubt also: weil
er auf Gott hofft, darum wird er nicht fallen.
2 In dieser
Haltung, das ist: in dem Vertrauen auf Gottes guten Charakter und in dem
Wissen, dass Er das Gebet der Gottesfürchtigen erhört, bittet David
Gott darum, seine Frömmigkeit auf Herz und Nieren zu prüfen.
3
Dabei weist er Gott auf seine aktive und passive Frömmigkeit hin, auf
das, was er tut und lässt. Dabei beginnt er mit Seiner Gottesschau,
welche der Grund und die Quelle Seines moralischen Verhaltens ist:
Gottes Güte ist sein Lebensfundament und Gottes Wahrheit seine
Richtschnur, nach der er lebt und handelt.
4-5 David weiß, dass
Gott unser Richter ist und eines Tages alle Gottlosen die Ernte ihrer
Gottlosigkeit einfahren, das ist, ihr gerechtes Urteil empfangen werden
(vgl. Spr 5:22, Spr 10:6, Spr 11:5, Spr 13:6, Spr 14:14, Spr 21:7, Pred 3:17).
Von der Gottlosigkeit und der daraus resultierenden
Bosheit, Heuchelei und Falschheit jener Leute will er sich nicht durch
eine konfliktvermeidende oder gar verbrüdernde Gemeinschaft anstecken
lassen; er verabscheut den Geist solcher Treffen, in denen es, hinter
der Maske von Weltgewandtheit, Stil und Freundlichkeit und um böse
Absichten, Lüge und Betrug geht.
6-8 David dagegen will mit
solchen Machenschaften nichts zu tun haben. Ihn zieht es vielmehr in die
Gemeinschaft mit Gott, hin zu Seinem Altar auf dem die verschiedenen
Opfer zum Dank, zur Sühne und zur Vergebung von Schuld und Sünde
dargebracht werden (vgl. Lev 1:1ff). Hier, im Gottesdienst, fühlt David
sich wohl. Hier, wo er Gott aus tiefstem Herzen und aus vollem Halse
loben und danken kann, wo er das allmächtige und wunderbare Handeln
Gottes predigen kann, dem wir überall in der Schöpfung und ganz
besonders im Erlösungswerk begegnen. Solange David noch im Diesseits von
Raum und Zeit lebt, fern vom Hochzeitsmahl in der Ewigkeit, ist ihm der
Tempel, ist ihm das Haus Gottes, der liebste Ort auf Erden. Denn hier
ist Gott zu Hause. Hier kann er Ihm begegnen. Ihm, von dem wir singen:
Würdig das Lamm, das geopfert ist,
würdig das Lamm, zu nehmen:
Macht und Reichtum,
Weisheit und Stärke,
Ehre und Ruhm und Lobpreis!
9-10 Zu diesem wunderbaren Gott betet David um Rettung. Darum, dass
Gott doch angesichts seiner Frömmigkeit einen Unterschied machen möge
und sein Leben trotz seiner Sündhaftigkeit verschont und nicht zusammen
mit dem der mordlüsternen und bestechlichen Übeltäter wegnehme.
11-12 Noch einmal betont David sein frommes Handeln auf seinem
Lebensweg. Und noch einmal bittet er Gott um Seine Gnade und Erlösung,
von der alles für ihn abhängt und schließt sein Gebet mit der
Gewissheit, dass er auf festem Boden steht: auf dem Boden der Gnade
Gottes, auf dem unumstößlichen Fels der Gerechtigkeit Christi. Ihn
will er in der Gemeinde loben:
"Ich aber traue darauf, daß du
so gnädig bist; mein Herz freut sich, daß du so gerne hilfst. Ich will
dem HERRN singen, daß er so wohl an mir tut." (Psalm 13:6)
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